Donnerstag, 22. September 2022

Liturgische Bewegung, II. Vaticanum, Liturgie-Reform - und jetzt?

P. Kwasniewski veröffentlicht bei OnePeterFive einen Text über die Entwicklung der Liturgie vor , während und nach dem II.Vaticanum und den EInfluss der Liturgischen Bewegung. 
Hier geht´s zum Original:   klicken

"EINE REALISTISCHERE EINSCHÄTZUNG DER LITURGISCHEN BEWEGUNG UND IHRES DESTRUKTIVEN ABSTIEGS"  

Am 19. September 2022 hat das Church Life Journal einen Artikel der Autoren J. Cavadini, Mary Healy und Thomas Weinandy veröffentlicht, der zuerst in einer fünfteiligen Serie "Die Erneuerung der Liturgie: Erfolge und Mißerfolge und zeitgenössische Sorgen" erschienen ist. Um der Öffentlichkeit einen realistischeren Bericht über die Themen, um die es geht, zu geben, freut OnePeterFive sich, mit den Lesern einen leicht veränderten Ausschnitt aus dem 2. Kapitel aus Dr. Kwasniewskis Buch "Zurückfordern unseres Katholischen Geburtsrechts" anbieten zu können. Dieser Teil des Buches ist bisher noch nicht online veröffentlicht worden. 

Jahrhundert um Jahrhundert hat die heilige Mutter Kirche ihre ganze Sorge auf die Verehrung des Herrn angewandt- von verborgenen Treffen der verfolggen Christen bis zu den großen Basiliken Konstantins, in den großen Kathedralen des Mittelalters und den geschmückten Gebäuden der Gegenreformation, durch das Chaos der modernen Revolutionen bis zum Abend des Zweiten Vaticnischen Konzils, Immer und überall wurden die Heiligen Mysterien gefeiert, verehrt und in spiritueller Frömmigkeit empfangen, die in gut eingeführten Ritualen in Inhalt und Zweck perfekt zusammenpaßten. 

Die Väter des Zweiten Vaticanischen Konzils haben bei allen Sitzungen die Tridentinische Messe zelebriert. Sie haben nicht dafür gestimmt, diese Form der Messe anzuschaffen oder auch nur ihre hervorstechendsten Merkmale zu ändern: Latein als Hauptsprache, Gregorianische Gesänge als Hauptmusik, einfache Stille, den Osten als Hauptausrichtung aller Gottesdienstbesucher, überlappende hierarchische Aktivitäten, die männlichen Geistlichen anvertraut waren, den Zeitzyklus des Kalenders, die Kommunion, die kniend und auf die Zunge empfangen wurde usw. 

Edle Patriarchen, eigensinnige Enkel

Wie konnten wir dann in den späten 1960-ern bei einer neuen Messe landen, die so verschieden von der Messe, die von der Kirche so viele Jahrhunderte lang gebetet wurde, enden? Die Antwort auf diese Frage ist eng an die "Liturgische Bewegung" des 19. und 20. Jahrhunderts gebunden. Diese Bewegung zur Wiederentdeckung des zentralen Platzes ded öffentlichen kirchlichen Gottesdienstes im christlichen Leben kann in drei unterschiedlichen Phasen beschrieben werden- obwohl die Grenzen von einer zu anderen etwas fließend sind. 

Die erste Phase - verkörpert durch die herausragende Gestalt von Dom Prosper Guéranger (1805-1875) -und sein großes Werk "Das liturgische Jahr" zielte auf ein besseres Verständnis und Feiern der ererbten Römischen Liturgie durch populäre Erklärungen und eine klerikal-religiöse Erziehung. Der Leitgedanke war, die Schätze, die wir bereits hatten zu ergreifen, sie kennen zu lernen und sie innig zu lieben. Guéranger zitierte oft alte Qulellen, um seinen Kommentaren "Fleisch" zu verleihen, aber ohne zu implementieren, daß die Kirche sich bei der mittelalterlichen und nachmittelalterlichen Entwicklung ihrer Litgurgie geirrt habe, oder daß sie zu diesen primitiven Beispielen zurückkehren sollte. Diese Phase fiel mit einer Blüte erneuerten monastischen Lebens zusammen. 

Die zweite Phase- für die Dom Lambert Beauduin (1873.1960), Ildefonso Kardinal Schuster (1880-1954) , Fr. Pius Parsch (1884- 1954) und Fr. Romano Guardini (1885- 1954) als Repräsentanten angesehen werden können wurde durch einen außerordentlichen Fortschritt in historischer, archäologischer, linguistischer und theologischer Forschung charakterisiert, Sie hatte einen tiefen Respekt für den Reichtum der Tradition, sprach aber manchmal von mittelalterlichen und barocken "Abweichungen" und zeigten eine entschiedene Vorliebe für das, was die  älteste (oder die manchmal von den Gelehrten nur  dafür gehalten wurde)   und deshalb wahrscheinlich "authentischste" Praxis. Das führe bei Einzelnen dazu, mit Experimenten herumzuhantieren, die mit den kirchlichen Vorschrifen kollidierten,d.h. die Messe versus populum zu feiern, aus der Überzeugung, daß die Eucharistie so ursprünglich von den Christen zelebriert wurde, Die gefährlichen Tendenzen dieser Phase wurden von Papst Pius XII 1947 in seiner Enzyklika Mediator Dei  angesprochen.


Trotz der Enzyklika, die dazu gedacht war, zu bremsen, trat die Liturgische Bewegung in den 50-ern in eine radikalere dritte Phase ein, als mehrer ihrer Mitglieder sich in pastoralen Experimenten ergingen und Nebenliturgien entwarfen, dazu gedacht, die "Leute da zu erreichen, wo sie waren" und "sie zu betieligen". Schwerwiegende liturgische Reformen der allgemeinen Kalenders, der Rubriken, der Riten der Osterwoche vor dem II.Vaticanischen Konzil kündigten bereits an, daß die Haltung von Respekt für lange bestehende Praktiken ihre selbstbeweisende  Kraft verloren hatte. Diese dritte Phase verband einen selektiven "Antiqusarianismus" mir einem Utilitarismus, der zudem den ganzen Vorteil für die Menschen - als aktivistischer Ausdruck verstanden-. anstrebte. 

Alle drei Phasen der Liturgischen Bewegung -das ist zu bemerken- haben die Beteiligung der Laien betont. Die erste Phase sah sie zuerst darin. Wissen zu  erwerben: in die große Tradition eingeführt zu werden, die man ein Leben lang studieren konnte und die unerschöpflich war und an der Liturgie durch betende Engagement bei den Riten teilzunehmen. Die zweite Phase förderte stark den Gebrauch von Hand-Missales, Frömmigkeitshilfen beim Leben im Kirchenjahr und gemeinsames Singen von Chorälen. 

Die dritte Phase nahm eine ideologische Wende -als prominente Liturgiker die Überzeugung gewannen, daß die Liturgie klar, verständlich, zugänglich, beredt, linear, und gruppenorientiert sein sollte: modernisiert für den modernen Menschen. 

Paul VI hat den Idealen und Plänen dieser radikalen Phase seine volle päpstliche Unterstützung gewährt. Als die Tinzte und dem ersten vom Konzil approbierten Dokument  der Konstitution zur Heiligen Liturgie "Sacrosanctum Concilium" noch kaum getrocknet war, gründete der Papst eine Körperschaft namens Consilium. Der Papst und das Consilium nahmen den Ruf des II. Vaticanums nach einer moderaten Reform als Carte blanche für eine präzedenzlose vollständige Rekonstruktion des Römischen Ritus auf jeder Ebene- Messe, Lektionar. Kalender, Göttliches Offizium, Sakramente, Sakramentalien, Pontifikale und päpstliche Zeremonien usw.  Der umstrittene Vincentiner-Priester und spätere Erzbischof Annibale Bugnini (1912-1982), der im Vatican von 1948 bis 1975  an einer Fortsetzung der Schemata einer liturgischen Reform arbeitete, könnte als der General-Unternehmer dieses massiven Projektes von Abriß und Neuaufbau beschrieben werden. 

Während wir zugeben können, daß die Reformer auf gewisse Probleme ihrer Zeit antworteten, sehen wir- wenn wir von unserem gegenwärtigen Standpunkt zurückblicken- daß sie sich in ihren Theorien oft irrten, naiv in ihren Annahmen und herzlos in ihrer pastoralen Herangehensweise. Die Qualität eines leichten rationalen Herangehens, sofortigen Wortverständnisses und gemeinsamer Zentriertheit sind in manchen sozialen Situationen sicher wünschenswert, aber es gibt reichliche Gründe, sich zu fragen, ob sie den religiösen Zeremonien gut anstehen, in denen der Mensch vor Gott hintritt, der sich am Berg Sinai selbst in Stimmen, Flammen, dem Ton der Trompete und einer dunklen Wolke  verbarg, in einer dunklen Wolke, stürmischem Wind, zerrissenen Felsen, erschütterten Steinen und geflüsterten Worten, der sich selbsr "ICH BIN " nennt und "im unerreichbaren Licht wohnt"  in der Anbetujng, die zur Gemeinschaft mit dem Gottmenschen Christus führt, der seine eigene Mutter und seinen Pflegevater verwirrte, der die Hand eines Mannes löste und einen Feigenbaum verdorren ließ, der kleine Kinder segnete, Tote auferweckte, Kaufleute mit der Peitsche vertrieb und Blut schwitzte; das Wirken des Geistes, der über dem Wasser schwebte, wie eine Taube aus dem geöffneten Himmel herabgestiegen und als heftiger Sturmwind hereingekommen, um wie Feuerzungen auf den Aposteln zu ruhen.

In der Tat- prominente Stimmen zugunsten der Liturgiereform, so wie Fr. Louis Bouyer (1913 - 2004), die dann ihr Bedauern und ihre Bestürzung über vielen, was dann an und mit der Liturgie gemacht wurde, ausdrückzem. Ein enger Mitarbeiter und Schüler von Pius Parsch, Fr. Petrus Tschinkel von Klosterneuburg gab in einem Interview zu:

- Nun ich kann Ihnen berichten, daß Pius Parsch den Änderungen der postkonziliaren Ära überhaupt nicht zugestimmt hätte. Das ist nicht, was er wollte, Ja (die Liturgie) in der Muttersprache, das ist jedoch alles, Aber auch die Messe als Mysterium , als eine hic-et-nunc-Realität ...Nach dem Zweiten Vaticanischen Konzil sind diese liturgischen Formen nichts als Leerlauf: nur Text nach Text. Keine Spur einer inneren Bereitschaft noch eines Mysteriums.

Fr, Tschinkel berichtet, daß Guardini -als er die Texte der neuen Liurgie bekam, sie lange anschaute und dann sagte: "Klempner-Arbeit".Joseph Ratzinger liefert ein ähnliches Urteil, wenn auch in einer elegischeren Sprache:

Die Liturgie-Bewegung hat wirklich versucht uns die Liturgie als lebendes Netzwerk von Tradition verstehen zu lassen, das konkrete Form angenommen hat, das nicht in kleine Stücke zerrissen werden kann. sondern als ein lebendiges Ganzes angesehen und erlebt werden muß. Jeder, der wie ich, zu Zeiten der liturgischen Bewegung von dieser Wahrnehmung am Vorabend des Zweiten Vaticnaischen Konzils bewegt war, kann nur- tief trauernd- vor den Ruinen der wahren Sache stehen, um die sie sich gesorgt hatten.

Auf jeden Fall können wir sagen, daß die Geschichte sich weiterbewegt hat und die Kirche jetzt an einem ganz anderen Platz steht, als vor 50 Jahren, Wenn überhaupt, hat der Lauf der Jahrzehnte gezeigt, wie dringend unsere traditionelle römische Liturgie auf grundlegende und universelle menschliche Bedürfnisse sowie auf die Bedürfnisse der postmodernen Ära reagiert. Obwohl sich eine hartnäckige alte Garde von Bugninianern in vielen Universitätslehrstühlen und Kanzleibüros niedergelassen hat,[12] liegt die Energie bei den Ratzingerianern, deren Banner Summorum Pontificum ist und deren Motto lautet: „Was frühere Generationen für heilig hielten, bleibt heilig und großartig wir auch." Wie Dom Alcuin Reid bemerkt:

Die Realität im Leben der Kirche zu Beginn der 21.Jahrhunderts ist, daß der Usus Antiquior ein lebendiger liturgischer Ritus ist, in dem die Menschen- in der Tat signifikante und wachsende Zahlen junger Menschen- ganz, wirklich, bewußt und fruchtbringend teilnehmen, auf eine Weise, die den Vätern des Zweiten Vaticanischen Konzils und den Pionieren der Liturgischen Bewegung des 20. Jahrhunderts, die ihm voranging, große Befriedigung verschafft hätte.

Als Joseph Ratzinger nach einer "neuen Liturgischen Bewegung" rief, scheint er an einen Neubeginn gedacht zu haben, eine Bewegung, die durch die Züge der ersten und gesündesten Phase gekennzeichnet würde, in der kindliche Frömmigkeit, dankbare Empfänglichkeit, herzliche Hingabe sich auf ein reiches Erbe richten, das sich über zwanzig Jahrhunderte ununterbrochener Anbetung entwickelt hat – eine Tradition, die niemals hätte zurückgewiesen werden dürfen und glücklicherweise nie ganz vergessen oder verloren gegangen ist."

Quelle: P. Kwasniewski, OnePeterFive

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Posten eines Kommentars erteilen Sie die nach der DSGVO nötige Zustimmung, dass dieser, im Falle seiner Freischaltung, auf Dauer gespeichert und lesbar bleibt. Von der »Blogger« Software vorgegeben ist, dass Ihre E-Mail-Adresse, sofern Sie diese angeben, ebenfalls gespeichert wird. Daher stimmen Sie, sofern Sie Ihre email Adresse angeben, einer Speicherung zu. Gleiches gilt für eine Anmeldung als »Follower«. Sollten Sie nachträglich die Löschung eines Kommentars wünschen, können Sie dies, unter Angabe des Artikels und Inhalt des Kommentars, über die Kommentarfunktion erbitten. Ihr Kommentar wird dann so bald wie möglich gelöscht.