Donnerstag, 12. Januar 2023

Nachruf auf Kardinal George Pell

Phil Lawler hat bei catholicculture einen persönlichen Nachruf auf den so unerwartet verstorbenen Kardinal George Pell veröffentlicht.  
Hier geht´s zum Original:  klicken

                 KARDINAL PELLS LANGER SCHATTEN

Persönliche Begegnungen

Vor ungefähr 20 Jahren haben der verstorbene Fr. Paul Makoswski und ich in einer Reihe von e-mail-Botschaften Argumente gegen die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen ausgetauscht. Das war eine private Unterhaltung - zuerst und weil wir alte Freunde waren, gewohnt frei zu sprechen, war die Sprache dieses Austausches recht farbenfroh. Nachdem wir überzeugt waren, daß unsere Ideen vielleicht ein breiteres Publikum verdienten, reinigten wir diese Sprache und entfernten einige def saftigeres Ausdrücke und veröffentlichten das Resultat im Catholic World Report.

Bevor das veröffentlicht wurde, erzählte Fr. Makowski mir, daß er die Unterhaltung mit dem damaligen Erzbischof Goerge Pell geteilt hatte. Ich war befremdet.  Hatte er ihm die unzensierte Originalversion geschickt? Ja sagte Fr. Mankowski ungerührt. Er kannte den australischen Prälaten gut und wußte, daß die starke Sprache ihn nicht nervös machen würde.

De facto teilte Erzbischof Pell diesen Meinungsaustausch mit Priestern seiner Erzdiözese Sydney. Ich weiß nicht, ob er die Sprache abgemildert hat, bevor er ihn verteilte. Aber das bezweifle ich. George Pell neigte nicht dazu, die Dinge abzumildern. 

Eine weitere (fast) persönliche Begegnung: als meine Frau Leila ihr Buch "Gott hat keine Enkel" schrieb, einen Studienführer für die große Enzyklika zur Ehe Casti Connubi, bat sie Kardinal Pell ein Vorwort zu schreiben und er stimmte gern zu. Dann einige Jahre später - nach der Veröffentlichung von Amoris Laetitia- schrieb sie eine Neuausgabe  einschließlich einiger schonungsloser Kritiken an dieser Enzyklika von Papst Franziskus. Wieder kontaktierte Leila Kardinal Pell und bot ihm an, sein Vorwort aus der Neuausgabe zu entfernen, so daß er nicht mit der Kritik am Pontifex in Verbindung gebracht würde. Die Antwort des Kardinals kam schnell: das Vorwort blieb auch in der Neuausgabe.



Ein ideologisches Ziel

Jeder, der persönlich mit Kardinal Pell zu tun hatte, könnte wahrscheinlich ähnliche Geschichten erzählen.  Er war ein großer, forscher, direkter Mann, mit einer klaren Sprache und ohne Angst vor Konflikten. Man wußte woran man bei ihm war, man wußte, wo er stand.

Seine uneingeschränkte Verteidigung der Katholischen Orthodoxie machte ihn in Australien zu einem bequemen Ziel für Liberale,  wo Katholiken eine Minderheit sind und die meisten Prälaten es vorziehen, nicht gegen den Strom zu schwimmen. Als er nach Rom gerufen wurde, um dem neuen Wirtschaftssekretariat vorzustehen, machte er sich durch seine verbissene Verfolgung finanziellen Fehlverhaltens  Feinde im Vatican. Sogar heute, nach seinem plötzlichen Tod, zeigen Nachrichtenberichte, daß er weiterhin eine Art Lackmus-Test für die Haltung gegenüber der Kirche ist. 
Die Schlagzeilen sprechen von ihm als einem "umstrittenen" Kirchenführer und zeigen, daß seine Kämpfe weitergehen. 

Kardinal Pells schmerzlichste Schlacht - die Schlacht darum, seinen Namen reinzuwaschen, nachdem er des sexuellen Mißbrauchs beschuldigt wurde- hätte nie passieren dürfen. Die Beschuldigungen gegen ihn, waren falsch, seine Verurteilung ein grotesker Justizfehler und die Tatsache, daß viele Nachrufe die Aufmerksamkeit auf seine Verurteilung lenkten (und erst später auf die Aufhebung der Anklage) demonstriert, wie weit einige seiner ideologischen Widersacher in ihrem Eifer ihn zu zerstören,  zu gehen bereit sind

Nachdem er mehr als ein Jahr im Gefängnis verbrachte, wurde Kardinal Pell endlich freigelassen, als der Oberste Gerichtshof Australiens entschied, daß seine Verurteilung in klarer Mißachtung der Tatsachen des Falles erging. Das war keine Aufhebung aus technischen Gründen; der Oberste Gerichtshof befand, daß jeder, der die Beweise sah, nur schließen konnte, daß der Kardinalauf keinen Fall das hatte tun können, dessen er beschuldigt wurde;  es war physisch unmöglich.

Wie wurde dann also Kardinal Pell verurteilt? Sein Verfahren war ein Scheinprozess: ein Känguruh-Gericht, geleitet eher von einer Feindseligkeit gegen den Katholizismus als von der Sorge um das Gesetz. Seltsamerweise waren seine australischen Bischöfe in ihren Protesten gedämpft, und der Vatikan gab weiterhin Vertrauensbekundungen in das australische Justizsystem ab, lange nachdem dieses Vertrauen hätte verflogen sein sollen.

Bei alledem bewahrte Kardinal Pell seine Würde: er beharrte immer auf seiner Unschuld, griff aber nie seine Ankläger an. Tatsächlich hat sich der Kardinal mit einigen Anklägern in Rom zusammengesetzt und ihnen respektvoll zugehört, obwohl er bereits wusste, daß ihre Behauptungen unbegründet waren. Er reiste von Rom zurück nach Australien, um sich der Anklage zu stellen, anstatt sich hinter diplomatischer Immunität in Rom zu verstecken (wie es mindestens ein anderer Kardinal getan hat), und zeigte seine eigene Zuversicht, daß die Wahrheit schließlich den Sieg davontragen würde. Dann, nach Jahren öffentlicher Demütigung, die ihren Tiefpunkt erreichten, als er Monate in Einzelhaft verbrachte, ohne die Möglichkeit, die Messe zu feiern, nutzte er seine Gefangenschaft als "verlängerten Rückzug“, opferte sein Leiden auf und schrieb die Gefängnistagebücher, die eine andere Seite dieses Mannes zeigen. Er war nicht immer nur kühn und forsch; er war auch demütig, fromm und bereit, seinen Anklägern zu vergeben.

Ein würdiges Erbe

Dennoch werden sich die meisten, die ihn kannten, Freunde wie Feinde, an Kardinal Pell nicht als das geduldige Opfer hinter Gittern erinnern, sondern als an den kontaktfreudigen und unverblümten Prälaten, der mit einfachen Worten aussprach, was viele andere dachten. Er war derjenige, der bei einem Treffen der Bischofssynode aufstand, ein Buch auf seinen Tisch knallte und brüllte: "Sie müssen aufhören, diese Synode zu manipulieren!“ Während eine weitere Synode in Vorbereitung war, gab er kurz vor seinem Tod einen weiteren Fanfarenruf ab, in dem er das Vorbereitungsdokument als "toxisch" und "inkohärent" anprangerte.

Er war nicht immer subtil. Er war nicht immer diplomatisch. Aber in einer von Romanitas dominierten Welt, in der die Gewohnheit von Subtilität und Diplomatie oft Schüchternheit und Korruption tarnen, war er eine willkommene Abwechslung – und eine ständige Herausforderung. Möge er in Frieden ruhen."

Quelle: P. Lawler, catholicculture

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