A. Gagliarducci berichtet bei aciStampa über den Verlauf und derzeitigen Stand im Vaticanprozess um die Londone Immobilie.
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"DER PROZESS UM DIE LONDONER IMMOBILIE, DIE BITTERKEIT DER VERTEIDIGUNG BECCIUS"
Der Antrag, die Gesprächs-Protokolle zur Verfügung zu stellen und einige der Gespräche der Verteidigung Beccius freizugeben, wurde abgelehnt. Nachdem es keine Ausnahmen gibt, kann der Prozess weitergehen.
Die Bitterkeit von Kardinal Angelo Becciu kommt in einer spontanen Erklärung zum Ausdruck, in der hervorgehoben wird, daß es einerseits für seine Verteidigung schwierig ist, Beweise zu erhalten, weil das Gericht dem Antrag auf "Entsperrung“ der ausgeschlossenen Unterhaltung zwischen Genevieve Ciferri und Staatsanwalt Alessandro Diddi nicht stattgegeben hat, es aber andererseits eine Verschwörung gibt, die, wie der Kardinal es ausdrückte, "zur Instrumentalisierung des Papstes“ geführt hätte.
Das sind harte Worte, die einer komplexen Anordnung von Giuseppe Pignatone, dem Präsidenten des Vatikanischen Gerichtshofs, folgen, der auf verschiedene Ausnahmen reagiert, vor allem aber auf die Bitte der Becciu-Verteidigung, den gesamten Chat von Staatsanwalt Alessandro Diddi mit Genevieve Ciferri freizugeben, aber auch die Verhöre von Monsignore Perlasca durch den Staatsanwalt Förderer der Gerechtigkeit, auch solche, die ausgeschlossen wurde.
Der Prozess
Aber um alles zu verstehen, muß man einen Schritt zurück gehen. Um richtig mit dem Thema des Prozesses zu beginnen, der im Grunde allgemein die Handhabung der Guthaben des Staatssekretariates betrifft. Ein Teil betrifft die Investition seitens des Staatssekretariates in eine Luxusimmobilie in London, die zuerst dem Broker Raffaele Mincione übergeben und dann Luigi Torzi, dann wieder vom Staatssekretariat übernommen, als man bemerkte, daß man nicht die Kontrolle über die Immobilie hatte, blieb sie bei Torzi , der sich ein Stimmrecht vorbehalten hatte. Der zweite Teil betrifft das Geschehen auf Sardinien, mit der Beschuldigung der Unterschlagung gegen Kardinal Angelo Becciu, während der Zeit als er Substitut im Staatssekretariat war und eine Geldsumme an die Caritas von Ozieri für ein Projekt der Cooperative SPES bewilligte- Geld, das unter anderem im Besitz der Caritas verbleibt, weil es mit der Realisierung des Projekts verbunden ist. Und der dritte Teil betrifft Cecilia Marogna, die selbsternannte Geheimdienstexpertin, die unter bestimmten Umständen mit dem Staatssekretariat zusammenarbeitete und später die vom Heiligen Stuhl den Missionen zugewiesenen Beträge für ihre persönlichen Ausgaben verwendete.
Der (nicht mehr?) Superzeuge
Bis Ende Januar gab es einen Super-Zeugen, das war Msgr. Alberto Perlasca, 12 Jahre lang an der Spitze der Verwaltung des Staatssekretariates. Zunächst angeklagt, dann gewillt zu kollaborieren, hatte Perlasca spontan beschlossen, sich von den Vaticanischen Richtern befragen zu lassen, bei drei weiteren Befragungen ohne seinen Anwalt, wodurch er dann zum Schlüsselzeugen der Anklage wurde.
Tatsache ist aber, dass seit Januar letzten Jahres nicht mehr über Perlasca gesprochen wird. Teilweise, weil sich der Prozess auf andere Zeugen konzentrierte und versucht wurde, ein straffes Tempo einzuhalten, damit das Versprechen, bis Weihnachten alles zu beenden erfüllt wird. Und zum Teil, weil Perlascas Aussage durch die Verhöre von Genevieve Ciferri, einer Freundin der Familie, entkräftet wurde, die Perlasca die Strategie vorgeschlagen hatte; und an Francesca Immacolata Chaouqui, einem ehemaligen Mitglied der Vatikanischen Kommission für das Studium der Verwaltungs- und Wirtschaftsorganisation des Heiligen Stuhls (COSEA), die im Vatikan im Rahmen des sogenannten Vatileaks-Prozesses 3 vor Gericht gestellt und verurteilt wurde. In der Praxis stellte sich heraus, daß Chaoqui Ciferri vorschlug, was die wiederum Monsignore Perlasca vorschlagen sollte. Es war Ciferri selbst, die den Staatsanwalt Alessandro Diddi, über whats app-Nachrichten mit langen Erklärungen kontaktierte, die in den Akten enthalten sind.
Sie sind jedoch mit verschiedenen Auslassungen in der Akte enthalten, die es uns manchmal nicht ermöglichen, den Sinn des Gesprächs zu verstehen. Ebenso sind die Verhöre von Perlasca, dem großen Ankläger, mit diversen Auslassungen aktenkundig.
Besonders Diddi hat120 von 126 Botschaften ausgelassen, die per whats app von Genevieve Cifferi geschickt wurden. Nach Angaben der Anwälte (alle Verteidigungen haben sich der Petition angeschlossen) ist nun genügend Zeit vergangen, um die vorläufige Geheimhaltung aufzuheben, und diese Mitteilungen könnten sogar die "widersprüchlichen Punkte“ zwischen der schriftlichen Aussage von Monsignore Perlasca vom 31. August 2020 und die Aussage des Monsignore selbst vom 26. April 2020 erklären.
Die Becciu-Verteidigung verlangte, dass das Ausgelassene entsperrt wird, um eine bessere Verteidigung zu ermöglichen. Der Staatsanwalt sagt, daß noch weitere Ermittlungen zu diesen Unterredungen laufen und daß daher die Vertraulichkeit der Ermittlungen nicht aufgehoben werden könne. Und in der Anordnung machte Präsident Pignatone deutlich, daß diese "unbestreitbare“ Erklärung des Staatsanwaltes nicht angefochten werden kann und alles ex post geklärt werden muss.
Der Kommentar von Kardinal Becciu und seinen Anwälten
Hier kommt der bittere Kommentar von Kardinal Becciu ins Spiel, der daran erinnert, daß "seine Verteidigung weiterhin behindert wird und ihr Verteidigungsrecht nicht vollständig ausüben kann, wenn sie nicht über das gesamte Material verfügt“. Und er fügt unter anderem hinzu: "Wir haben um Klarheit über diese Geschichte, die Geschichte dieser drei Herren, gebeten, die selbst sagten, sie hätten eine Verschwörung gegen mich geplant.“ Es ist eine Verschwörung, die sie gemacht haben. Diese Verschwörung hat zur Instrumentalisierung des Papstes geführt. Sie haben den Papst benutzt, um einen Racheplan gegen mich auszuführen. Ich verstehe nicht, warum es zu diesem Aspekt keine Klarheit gibt“.
Und der Kardinal fügte hinzu, daß die drei (nämlich Perlasca, Chaouqui, Ciferri) "ruhig und frei sind, und ich leide seit drei Jahren unter dem Albtraum dieser Anschuldigungen, die sich als falsch erweisen.“ Ich drücke meine Bitterkeit aus, weil es in dieser Angelegenheit keine Klarheit gibt, weil sie eine Beleidigung des Heiligen Vaters selbst darstellt.“Der Kardinal schloß: "Man kann dem Heiligen Vater nicht dienen, wenn man einen so bösartigen Plan wie Rache ausführt, was in mir gegenüber getan wurde. Deshalb vertraue ich weiterhin dem Tribunal und hoffe, daß die Wahrheit bis zum Ende ans Licht kommt. Wenn dieser Angelegenheit jedoch nicht nachzugehen, macht mich ziemlich ratlos.“
Die Anwälte Fabio Viglione und Maria Concetta Marzo, die den Kardinal verteidigen, haben dagegen wissen lassen, daß mit "Anordnung von heute das Gericht die Einschätzung der Anklage zur Kenntnis genommen hat, den Richtern und der Verteidigung aus Gründen des Ermittlungsgeheimnisses nicht den gesamten Gesprächsverlauf zur Verfügung zu stellen, der an den Staatsanwalt weitergeleitet wurde und sich auf die Entstehung und den Verlauf der Aussagen von Monsignore Perlasca bezieht. Auch aufgrund der Nichteinreichung der ausgelassenen Teile der Verhöre des Monsignore, die vor drei Jahren stattfanden, hat das Gericht den Beschluss des Staatsanwaltes bekannt gegeben und für unbestreitbar erklärt hast.“
Die Anwälte betonen, daß sie die Entscheidung zur Kenntnis nehmen, "sowie die Tatsache, daß die Entscheidung des Anklägers uns verstümmelte Beweise liefert, die wenn sie in ihrer Gesamtheit vorgelegt worden wären, es uns im Gegenteil ermöglicht hätten, die Machenschaft "gegen den Kardinal detaillierter zu rekonstruieren.“ dessen Unschuld der Prozess bewiesen hat“
Die Frage der Auslassungen
Die Frage nach dem Unterlassenen ist nicht neu, ebenso wenig wie es eine neue Tatsache ist, daß die Verteidigung auf eine Schwierigkeit bei der Ausübung des Verteidigungsrechts hinweist, die sich aus dem Vorliegen des Unterlassenen ergibt, aber auch – wie dargelegt wurde zu Beginn des Prozesses – von der wesentlichen Änderung der Prozessregeln, die mit vier Reskripten von Papst Franziskus während der laufenden Ermittlungen vorgenommen wurde.
Das Tribunal seinerseits hat immer versucht, die völlige Übereinstimmung des vatikanischen Prozesses mit allen Prozessen moderner Staaten zu unterstreichen, indem es jeden Vorwurf zurückgewiesen hat, gleichzeitig aber eine große Bereitschaft gezeigt hat, allen Parteien die Möglichkeit zu geben, sich zu verteidigen.
Sicherlich scheint das vatikanische Justizsystem in diesen sechzig Anhörungen angesichts einer Reihe von Situationen, die seine Fragilität gezeigt haben, zusammengebrochen zu sein. Aber selbst die Reform des vatikanischen Justizsystems, die nur drei Jahre nach der Reform erfolgte, mit der auch einige Forderungen des Moneyval-Komitees des Europarats umgesetzt wurden, birgt die Gefahr, das vatikanische Justizsystem noch fragiler zu machen. Dieser Prozess hat einen internationalen Aspekt, der vielleicht unterschätzt wird und dazu führen könnte, dass der Heilige Stuhl wegen der Geschehnisse in seinem eigenen Staat unter Beschuss gerät. Keine ideale Situation.
Sicherlich scheint das vatikanische Justizsystem in diesen sechzig Anhörungen angesichts einer Reihe von Situationen, die seine Fragilität gezeigt haben, zusammengebrochen zu sein. Aber selbst die Reform des vatikanischen Justizsystems, die nur drei Jahre nach der Reform erfolgte, mit der auch einige Forderungen des Moneyval-Komitees des Europarats umgesetzt wurden, birgt die Gefahr, das vatikanische Justizsystem noch fragiler zu machen. Dieser Prozess hat einen internationalen Aspekt, der vielleicht unterschätzt wird und dazu führen könnte, dass der Heilige Stuhl wegen der Geschehnisse in seinem eigenen Staat unter Beschuss gerät. Keine ideale Situation.
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