Montag, 15. Mai 2023

Der fünfte Sonntag nach Ostern

Fr. J. Zuhlsdorf veröffentlicht bei OnePeterFive einen Text zum 5. Sonntag nach Ostern. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

        "FÜNFTER SONNTAG NACH OSTERN: LÜGEN"

Wir fahren mit der diesjährigen Aufgabe fort, uns in die Epistel, die erste Lesung in der Hl. Sonntagsmesse im Vetus Ordo des Römischen Ritus, zu vertiefen. Wir haben in dieser Osterzeit mit dem Lesen des 1. Petrusbriefes begonnen. Während wir uns Himmelfahrt nähern hören wir aus dem Brief von Jacobus dem Jüngeren. Mehr vom Hl. Jacobus im Offertorium der letzten Woche.Jede Lesung hat einen Kontext. 
So ist es z.B. hilfreich, zu wissen, daß der Apostel Jacobus seinen Brief eher für ein breiteres Publikum als für eine bestimmte Gemeinde plante. Zumindest für mich macht das Jacobus´ Worte unmittelbarer.
Ein anderer Aspekt des Kontextes ist unser Platz in der Timeline des Hl. sakralen Jahres. Wir sind in der Osterzeit- sicher- aber die beginnende Woche ist eine Rogation-Woche.
"Rogation" kommt vom Lateinischen Verb rogare- bitten. Es gibt zwei Phasen von Bitt-Tagen, den größeren am 25. April und den kleineren von Montag bis Mittwoch vor Himmelfahrt. Himmelfahrt ist am Donnerstag- nicht an irgendeinem anderen (Novus Ordo) Tag. An Bitt-Tagen mit Fasten, Prozessionen und dem Singen der Allerheiligen-Litanei bitten wir Gott, uns vor Gefahren zu beschützen. Eine Gefahr in der alten Welt waren Mißernten. Tatsächlich stammen unsere christlichen Bitt-Tage-Traditionen von der heidnischen römischen Praxis der Rogalia-Prozession am 25. April, u.a. mit anderen seltsamen Dingen, dem Opfern eines Hundes für den Gott (eigentlich Dämon) Robigus gegen Weizen-Rost, eine Krankheit, die die wertvolle Ernte befiel.  Rund um das 5. Jahrhundert haben hier und da in Frankreich Christen das ganze heidnische Zeug durch gute Bräuche ersetzt. Der Brauch verbreitete sich auf verträgliche Weise durch, wie es gesunde Praktiken taten. Papst Leo III (+ 816) führte die BItt-Tage in den Römischen Ritus ein. So haben wir sie schon länger als tausend Jahre- ein Jahrhundert mehr oder weniger. 
An manchen Orten waren diese Bitt-Prozessionen ein wichtiger Weg in einer Zeit ohne Karten das Wissen um die Grenzen aufrecht zu erhalten. Die jährlichen Prozessionen gingen an den Grenzen einer Stadt oder einer Gemeinde entlang. In England wurde das als "beating the bounds" bekannt. Der tiefere Sinn jedoch blieb, Gott um eine gute Ernte und die Abwehr von Unglück zu bitten. 

Offensichtlich wurde es nach dem sonnigen und optimistischen Ereignis des II.Vaticanischen Konzils nicht für nötig erachtet, Gott um irgendwas wie Lebensmittel oder Schutz vor Unheil zu bitten. Deshalb wurden bei der "Reform" des Liturgiekalender der Kirche sowohl die Bitt-als auch die Quatember- Tage- kümmert euch nicht um den tausendjährigen Gebrauch- dem Urteil der örtlichen Bischofskonferenzen zu überlassen, die mit ihrer kollektiven Weisheit diese Praxis empfehlen konnten oder auch nicht.  Die Bitt-und Ember-Tage sind immer noch eine "Sache" die in kurzen Erwähnungen im offiziellen Novus Ordo Liturgie-Kalender verpackt werden, die den auch den Weg anderer Dinge gingen, die nicht länger als zentral für das Leben der Katholiken betrachtet wurden, wie die Freitags-Buße, oder zur Beichte zu gehen, oder die Kommunion im Stand der Gnade zu empfangen. Und- meine Güte- sind wir jetzt nicht viel besser dran als unsere Vorfahren! 
Deshalb hören wir an der Schwelle zu einer Bitt-Woche, während wir uns Donnerstag Himmelfahrt nähern, vom Hl. Jacobus. 
Geliebte, werdet Vollbringer des Wortes, und nicht bloß Hörer, sonst betrügt ihr euch selbst. Denn wenn einer bloß Hörer des Wortes ist, aber kein Vollbringer, so gleicht er einem Mann, der das Gesicht, das die Natur ihm gab, im Spiegel betrachtet: weil er sich selbst betrachtet und weg geht und sofort vergißt, wie er aussah. Wer sich aber in das vollkommene Gesetz der Freiheit versenkt und dabei verharrt, der kein vergeßlicher Hörer ist, sondern ein tatkräftiger Vollstrecker, der wird durch sein Tun selig sein. Wer meint, er sei fromm und seine Zunge nicht im Zaum hält sondern Herz betrügt, dessen Frömmigkeit ist wertlos. Reine und makellose Frömmigkeit vor Gott, dem Vater, besteht darin: sich um Waisen und Witwen kümmern, wenn sie in Not sind, und sich selbst unbefleckt von der Welt zu bewahren. 
Der Apostel bietet und Hilfe zur Selbst-Betrachtung und zu Authentizität an. 
Seid Vollbringer des Wortes und nicht nur Hörer, sonst betrügt ihr euch selbst. 
Der engagierte, selbstreflektierte Christ lässt das Wort (auch bekannt als Christus) nicht durch das eine Ohr hinein und durch das andere wieder hinaus. Der Christ strebt danach, das Wort fest in den Griff zu bekommen und es sich zu eigen zu machen. Wir essen das Brot aus den guten Ernten, die Gott beschützt, und verwandeln es in unsere Knochen und unser Fleisch. Auf einer tieferen Ebene ist das Wort (auch bekannt als Christus) nicht das, was wir als Akteure der Transformation in uns selbst verwandeln. Das Wort ist der Vermittler der Veränderung, der uns mehr und mehr in das verwandelt, was Er ist, in immer deutlichere Abbilder Gottes, in dessen Ebenbild wir geschaffen sind. Das gilt für das Wort Christi in der Heiligen Schrift ebenso wie für das Wort in der Eucharistie.
Wenn wir bekennende Christen sind und nicht aktiv danach streben, durch das Wort verwandelt zu werden, sind wir weder uns selbst noch dem Wort treu.
Wenn wir diese Socke umstülpen, wissen wir auch, daß jemand, der dazu neigt zu reden, danach aber nicht "läuft“, auch nicht authentisch ist. Es ist einfach, darüber zu reden, etwas zu tun. Es ist eine andere Sache, es zu versuchen. Auch wenn wir das Ziel verfehlt haben, liegt im Streben die Wahrheit. In beiden Fällen muss es Harmonie geben, wenn wir das Wort hören und es uns zu eigen machen und Worte hervorbringen, vielleicht sogar das Wort widerspiegeln und es dann konkretisieren. Ansonsten betrügen wir sowohl uns selbst als auch andere.
Jacobus verwendet ein Bild im Bild. Bedenken Sie, daß antike Spiegel bei weitem nicht so klar und gut verarbeitet waren wie moderne Spiegel. Zu Jacobus‘ Zeiten kam es zu Bildverzerrungen auf der unebenen, polierten Oberfläche. In unserer Zeit zeigen Spiegel die Verzerrungen, die wirklich vorhanden sind. Sich selbst einen Spiegel vorzuhalten ist nach wie vor ein wirksames Mittel, um den Prozess der Selbstprüfung zu vermitteln, mit dem wir uns jeden Tag befassen sollten. Wir sehen unsere Fehler, Fehler, die auch andere sehen. Wir werden dadurch veranlasst, die Mängel als weniger leicht erkennbar zu betrachten.
Um zu sein, wer wir jetzt durch unseren Taufcharakter sind, um zu sein, wer wir als sich ständig verändernde Hörer und Handelnde des Wortes Gottes sind, müssen wir uns regelmäßig einer Gewissensprüfung und einer Überprüfung unserer Taten, Missetaten und Unterlassungen unterziehen. Wenn Sokrates über das weltliche Leben behaupten sollte, daß "das ungeprüfte Leben nicht lebenswert ist“ (Platon, Apologie 38a5–6), müssen wir bestätigen, daß das ungeprüfte Leben wahrscheinlich nicht die Segnungen des ewigen Lebens erlangen wird. Und wenn das der Fall ist, dann könnten wir wie jemand sein, über den Christus selbst sagte: "Es wäre besser für diesen Mann gewesen, wenn er nicht geboren worden wäre“ (Matthäus 26:24).
Kontakt mit der Welt ist ein Ruf zum Handeln. Handeln steht natürlich nicht im Gegensatz zur Kontemplation. In diesem irdischen Tal wird es immer eine Spannung zwischen den Gütern eines aktiven Lebens und eines kontemplativen Lebens geben. Diese Spannungen werden nur im Himmel vollkommen gelöst werden. Lassen Sie uns daher in diesem Aufsatz diese Spannungen anerkennen und uns auf das Aktive konzentrieren, wie es Jacobus getan hat.

Jakobus war nicht der Typ, der seinen Zuhörern einfach nur ein paar Worte hinschleudert – in der Antike wurden diese Briefe bei Versammlungen laut vorgelesen. Der Apostel stellt in diesem Schriftausschnitt für den liturgischen Gebrauch, dieser Perikope (griechisch περικοπή, "ein Ausschnitt“), drei praktische Punkte vor. Sie sind nicht geheimnisvoll, aber wichtig: 1) die Zunge im Zaum halten, 2) Werke der Barmherzigkeit vollbringen, 3) von der Welt unbefleckt bleiben. Vielleicht ist Nummer 3 etwas mysteriös."
Fortsetzung folgt...  

Quelle: Fr. J. Zuhlsdorf, OnePeterFive

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Posten eines Kommentars erteilen Sie die nach der DSGVO nötige Zustimmung, dass dieser, im Falle seiner Freischaltung, auf Dauer gespeichert und lesbar bleibt. Von der »Blogger« Software vorgegeben ist, dass Ihre E-Mail-Adresse, sofern Sie diese angeben, ebenfalls gespeichert wird. Daher stimmen Sie, sofern Sie Ihre email Adresse angeben, einer Speicherung zu. Gleiches gilt für eine Anmeldung als »Follower«. Sollten Sie nachträglich die Löschung eines Kommentars wünschen, können Sie dies, unter Angabe des Artikels und Inhalt des Kommentars, über die Kommentarfunktion erbitten. Ihr Kommentar wird dann so bald wie möglich gelöscht.