Montag, 15. Mai 2023

Papst Franziskus, die Medien und die unerzählten Geschichten

In seiner heutigen Kolumne in Monday at the Vatican kommentiert A. Gagliarducci anhand der jüngsten Entscheidungen von Papst Franziskus die mediale Wahrnehmung und Begleitung des aktuellen Pontifikates. Hier geht´s zum Original: klicken

"PAPST FRANZISKUS UND DIE UNERZÄHLTEN GESCHICHTEN"

Daß es ein Medien-Papsttum und ein wirkliches Papsttum gibt, trifft auf jedes Pontifikat zu. Die Medien kennen die tieferen Gründe für die Entscheidungen eines Papstes nicht, oder warum er manche Mitarbeiter auswählt und andere nicht. Sie beobachten einfach nut und berichten dann, was sie beobachten. Manchmal ist das richtig und manchmal werden sie bei ihren Beobachtungen durch ideologische Überlegungen oder persönliche Sympathie in die Irre geführt. Auf jeden Fall lohnt es sich immer, alle Gesichtspunkte zu bedenken, sogar die kritischsten. 

Das Pontifikat von Papst Franziskus ist keine Ausnahme bei diesem Problem. Es gibt ein Medien-Pontifikat und ein wirkliches Pontifikat. Und das Medien-Pontifikat hat verschiedene Gesichter: die Gesichter derer, die mit Mißtrauen auf den Papst schauen und die Gesichter derjenigen, die jedeEntscheidung, die er trifft akzeptieren ud sklavisch unterstützen.  Der Unterschied bei diesem Potifikat ist vielleicht, daß es keine Zwischenposition gibt. Kritisiert man den Papst, iat man automatisch gegen das Papsttum und den Papst selbst. Das ist ein Klima, das sich nichz von den der Vergangenheit unterscheidet, nur hitziger, polarisierter.

Letzte Woche jedoch haben zwei Ereignisse es uns ermöglicht, die andere Seite der Medaille des Pontifikates von Papst Franziskus zu sehen. Ereignisse, die zeigen, wie mehrere nicht berichtete Geschichten verstanden werden müssen, um über das Pontifikat nachzudenken. 

Das erste Ereignis ist die Generalversammlung von Caritas Internationalis, Papst Franziskus hatte Caritas Internationalis brutal übernommen, nachdem eine Inspektion, die von einer Person angeordnet worden war, die der Papst entließ und ersetzte; nur was vage als angespannte Atmosphäre definiert wird, hatte den Papst zu dieser Entscheidung veranlaßt

Von dieser Entscheidung kennen wir nur das offizielle Narrativ. Die Biographie des Kommissars Pier Francesco Pinelli wurde beleuchtet, um seine Aktivitäten in der Katholischen Sphäre und seine Treue zur Lehre zu zeigen. In seiner Biographie sehen wir, da0 er bei Bain Capital gearbeitet hat, der selben Gesellschaft, die -zu einem günstigen Preis die Londoner Immobilie übernahm, die im Zentrum eines komplizierten Prozesses im Vatican steht, weil der Hl. Stuhl sie um jeden Preis verkaufen wollte/mußte. Aber das ist nicht der Punkt. 


Zwei offene Briefe ermöglichen es uns, die andere Seite der Geschichte zu sehen, Sie stammen von den letzten beiden Generalsekretären, Aloysius John, der plötzlich mit allen Führungspersonen von Caritas Internationalis am vergangenen 22. November entlassen wurde und Michel Roy, der berufen wurde, die Vereinigung in Richtung der neuen Statuten zu lenken und von 2011 bis 2019 als Generalsekretär arbeitete. 

Der weitgestreute Inhalt der beiden Briefe betont die Zentralisierung, die durch das Dicasterium zur Förderung der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung auferlegt wurde, mit den Worten von Aloysius John ein "Griff nach der Macht" , der vielleicht durch die Regeln erlaubt wurde, aber weit über den Geist der Regeln hinausgeht. 

Der interessanteste Teil von Aloysius Johns Brief liegt in dem, was von den Medien weniger beachtet wurde und dem, was dagegen fundamental für das Verstehen der Zukunft von Caritas Internationalis ist. 

John streicht drei Probleme heraus: daß es dem Kommissar nicht gelang den Repräsentnnten eine Stimme zu geben-in einer Art kolonialer Haltung einiger Mitglieder mit finanzieller Macht, die ihr Entwicklungsmodell durchsetzen wollen und dem Willen des Dicasgeriums Caritas Internationalis zu kontrollieren. Dieser letzte Punkt könnte zu den  Vorrechten des Dicasteriums gehören, aber gleichzeitig würde es der Vereinigung die nötige Unabhängigkeit, in der Welt zu handeln, wegnehmen. 

Das beherrschende Ziel sollte jedoch die Katholische Identität von Caritas Internationalis sein, die als eine Art Wohlfahrtsdienst betrachtet zu werden scheint und nicht als Teil der Mission der Kirche. Dieses Risiko bestand 2012 als Benedikt XVI neue Statuten erließ, um vorbestehende Probleme zu vermeiden, die aufgetreten waren, als die vorige Sekretärin Lesley Ann Knight die Einbeziehung mindestens einer Abtreibungs-befürwortenden Gruppe in die Caritas-Vereinigung zugelassen uns massiv verteidigt hatte. 

Kurz gesagt, die Situation bei Caritas Internationalis würde die Welt-Lage dadurch repräsentieren, daß die Reichen die Armen kontrollieren wollten, durch einige auferlegte Modelle und eine Leitung die mehr an konkreten Themen als an ihrer Identität arbeitete. Mehr Pragmatismue -weniger Idealismus scheint der Slogan zu sein. 

Wie paßt das, wenn der Papst - und das zu Recht- von pastoraler Umkehr spricht, zur Situation von Caritas Internationalis - wo Reformen, die besonders eine Umkehr und eine neue Selbstwahrnehmeung  begünstigen, durch Entscheidungen widerrufen werden, die schnell und ohne Vorwarnung von der Zentralmacht getroffen werden?

Das  zweite Ereignis ist die Veröffentlichung des Jahresberichts der Vatican Supervisory and Information Authority, des sogenannten Vatican-Finanz-Wachthundes. Bis 2019 wurde der Bericht bei einer Pressekonferenz präsentiert und von einer Q&A gemanagt. Jetzt wird der Bericht zusammen mit einem institutionellen Interview präsentiert, das nur den Gesichtspunkt der Autorität zuläßt, ohne Möglichkeit von Zwischenfragen. 

Auf diese Weise wird ein one-way-Narrativ geschaffen, das u.a. nur den Effekt hat, einen parteiischen Geischtspunkt zu verbreiten. Z.B. behauptet Präsident Carmelo Barbagallo behauptet, daß der Rat des europäischen Moneyval-Komitees volles Vertrauen zur Leitung hat. Dennoch weist der letzte Fortschrittsbericht in Wirklichkeit diverse Plus- und Minuspunkte auf und keine völlige positive Beurteilung, 

Auf diese Weise entsteht ein Narrativ, das im Sinne einer Hermeneutik des Bruchs darauf abzielt, eine Diskontinuität mit dem, was zuvor geschehen ist, aufzuzeigen, was der Meinung der Welt über das Pontifikat sicherlich nicht hilft.

Es besteht auch die umgekehrte Gefahr, daß über das Geschehene übermäßig kritisch berichtet wird, sodass es sogar voreingenommen erscheint. Aber auch in diesem Fall handelt es sich um ein Medienpapsttum, das das wahre Pontifikat nicht wiedergibt, weil es zu einer Seite tendiert.

Aber was ist dann wirklich das Papsttum von Papst Franziskus? Man kann es in seinen Entscheidungen und in seiner Art, Dinge zu tun, nachvollziehen, was zumindest eine Vorstellung von der Regierungsmethode vermittelt. Papst Franziskus befürwortet offiziell die Dezentralisierung, scheut sich aber gleichzeitig nicht davor, brutale Entscheidungen zu treffen, sie sogar zu befehlen oder plötzliche Wachwechsel vorzunehmen.

Etwa das, was der APSA am nächsten Montag passieren könnte, wenn es heißt, daß ihr Präsident Nunzio Galantino und ihr Sekretär Fabio Gasperini entlassen werden und Monsignore Giordano Piccinotti, Salesianer und Untersekretär, ihr Präsident wird.

Es wäre eine Entscheidung, die mit verschiedenen anderen Präferenzen des Pontifikats von Papst Franziskus übereinstimmt, der an plötzliche Umbesetzungen gewöhnt ist. Außerdem wäre es eine Möglichkeit, der plötzlichen Veröffentlichung des neuen Grundgesetzes des Vatikanstaates am 13. März nachzukommen, das die sogenannte "Verfassung“ des Staates Vatikanstadt und scheinbar die Art und Weise veränderte, wie der Staat Vatikan über sich selbst denkt .

Es ist die Art und Weise des Papstes, das zu zerstören, was er als Machtnetzwerke ansieht. Um das Papsttum zu verstehen, muss man versuchen, auch diese Mechanismen zu verstehen. Und vielleicht zu erkennen, dass diese Mechanismen zu sehr starken Brüchen führen können, sowohl in der Geschichte als auch in den Beziehungen. Die starke Polarisierung wird schließlich zur logischen Konsequenz."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican

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