Donnerstag, 18. Mai 2023

Liturgische Sitten, die im Laufe der Zeit Gesetzeskraft erlangten ...Fortsetzung

Fortsetzung von hier und hier

"Sakramentale Gültigkeit ist die niedrige Meßlatte, die von der Unfehlbarkeit der Kirche gefordert wird, und diese Unfehlbarkeit erfordert streng genommen nicht mehr als das. (Hier nehme ich Newmans Prinzip ernst, daß man kirchliche Ansprüche oder Forderungen auf minimale nicht maximale Weise interpretieren sollte.) Wenn Traditionalisten darauf bestehen, daß die Produkte der Montini-Tyrannei des letzten Jahrhunderts gültig sind, zeigen wir mehr Barmherzigkeit als unsere Kritiker uns gegenüber zeigen- und zufälligerweise zeigen wir mehr Glauben an die Kirche- weil sie die meisten traditionellen Praktiken der Kirche als normativ ablehnen, während wir beides akzeptieren - und die Gültigkeit - aber nicht die Legitimität des angestrebten Ersatzes. Die höchste legislative Autorität des Papstes sit dazu da, um Dogma und Liturgie der Kirche zu verteidigen, nicht um sie zu verdunkeln, verwässern oder zu  erschüttern. 

Erkennbarerweise kann  das Allgemeinwohl der Kirche durch rücksichtslose Unvorsichtigkeit oder spezifische Ausnutzung päpstlicher Vorrechte verwundet werden. Während das Paulinische Missale nicht von sich aus böse ist, d.h. darin nichts wirklich falsch, oder blasphemisch behauptet oder verlangt wird, ist es dennoch abscheulich darin, wie es die Kirche am Rand und zufällig verletzt. Deshalb können Traditionalisten seine Legitimität nicht akzeptieren und seine Zulässigkeit zumindest fraglich finden.

Was sollen wir, während wir den Primat der organischen Entwicklung anerkennen, aus institutionellen Initiativen machen, die aussehen können wie "seismische Verschiebungen" und wie sollten diese Initiativen gewertet werden? Immerhin gab es einen Punkt, als das Christliche Latein ausreichend kultiviert war, so daß die Päpste des 4. Jahrhunderts erfolgreich einen Übergang vom Griechischen zum Latein durchführen konnten, dabei nicht die Alltagssprache im Sinn des 20. Jahrhunderts annehmen sondern den neuen Glauben in der aristokratischen und literarischen Welt des sich entwickelnden Römischen Imperiums festigen (wie ich hier diskutiert habe). 

Liturgische Erneuerer werden auf solche Präzedenzfälle hinweisen als Beweis dafür, daß "seismische Verschiebungen" während der Geschichte des Christentums stattfinden können und sollten, aber diese Ansicht verläßt sich auf eine Newtonsche Wahrnehmung von Raum und Zeit, in der alle zeitlichen Perioden der Kirche als gleichartig zu bewerten sind: da ist kein essentieller Unterschied zwischen dem 1. dem 5. , dem 13. oder dem 30. Jahrhundert im Hinblick auf das richtige Verhältnis zwischen Tradition und Entwicklung, Erbe und Erneuerung. Deshalb können sie die Jahrhunderte zwischen Trient und dem II. Vaticanum des "Immobilismus" bezichtigen: es hätte Veränderungen geben müssen, behaupten sie, wie sie in früheren Zeiten vorkamen und das Fehlen solcher Veränderungen zeigt, daß etwas falsch war. 


Weil ich diese Ansicht in meinem Buch "The Once and Future Roman Rite“ ausführlich widerlegt habe, werde ich hier nur einige Bemerkungen machen. In den verschwommenen apostolischen Ursprüngen der Kirche stieg die Kirche auf wundersame Weise wie eine Rakete zu den Gipfeln des Römischen Reiches auf und pfropfte dieses Reich in den mystischen Leib Christi ein. Die frühe Kirche war mit einem besonderen Charisma der Wirksamkeit im Predigen und Wirken von Wundern gesegnet, gerade um die Nachteile ihrer geringen Größe und ihrer noch unentwickelten Kultur zu überwinden. Eines der Charismen der jungen Kirche war die Fähigkeit, christliche liturgische Riten zu entwickeln, die schon früh ein enormes Wachstum erlebten und im Laufe des ersten Jahrtausends abnahmen, als sie ihre volle Form erreichten. Dies lag in der Tat in der Vorsehung Gottes: dass spätere Generationen in ihrer Bewunderung für die früheren, mit Heiligen bevölkerten Generationen demütig annahmen, was sie von ihnen erhielten. Formfestigkeit ist ein natürliches Ergebnis der göttlichen Führung der Kirche.

Viel später war es für die Kirche unmöglich, diese festen Formen radikal zu ändern; Auf diese Weise sind spätere Jahrhunderte nicht gleichbedeutend mit früheren, und nur unter dem Einfluss der modernen Philosophie könnte man glauben, daß sie denselben Status haben oder sogar, daß die modernen Zeiten gegenüber der Antike oder dem Mittelalter in einer überlegenen Position sein werden, um liturgische Riten zu entwerfen. Die niedrigere Stellung der Moderne zusammen mit dem folgenschweren Niedergang, unter dem die Kirche leidet – eine Umkehrung des Aufstiegs der Antike – ist ein doppelter Grund dafür, daß moderne Katholiken kein Recht dazu haben, neue Riten zu erfinden, um sie willkürlich in unser liturgisches Erbe einzufügen.

Wenn wir dieses Privileg nicht bereits durch die vorsehungsgemäße Unterscheidung von Zeiten und Perioden verloren hätten, hätten wir dieses Privileg durch den Verrat der Christenheit durch ihre eigenen Vertreter verloren. Die Dekadenz der Christenheit, die sich in zwei Weltkriegen auf schreckliche Weise manifestierte, gibt Kirchenmännern nicht das Recht, "ihren eigenen Beitrag“ zum liturgischen Schatz zu leisten, sondern beraubt sie vielmehr jeder moralischen Autorität, dies zu tun – insbesondere, wenn ihr Beitrag darin besteht, einen Teil davon zu begraben, den Schatz außer Sichtweite zu bringen, den Rest zu verpfänden und Modeschmuck hinzufügen. Die Vorsehung sagt ihnen sozusagen: "Schmeichelt euch nicht. Ihr habt es nicht verdient, das zu reformieren, was ihr nicht verehren wollen und dessen Feiern ihr nicht wert seid.“ Die Frage nach authentischen institutionellen Initiativen ist für uns heute unerheblich. Wie können wir die Liturgie entwickeln – geschweige denn initiieren! –, wenn wir gleichzeitig allzu sehr damit beschäftigt sind, das Erbe abzulehnen, das ihr Bedeutung gegeben hat?

Die liturgische Bewegung versuchte ursprünglich, bei den Liturgieteilnehmern wieder einen katholischen Geist zu wecken, in der Hoffnung, dass eine neue Wertschätzung unseres traditionellen Gottesdienstes die zweifellos weit verbreitete Situation beheben würde, dass die Messe der Zeitalter aufgrund unserer unzähligen Sünden und Vergehen auftrat und Nachlässigkeiten als leere Hülle, als Routine, als Kästchen zum Abhaken. Es war nicht die Liturgie, die einer Korrektur bedurfte, sondern die Seelen.

Vor diesem Hintergrund erscheint der Positivismus Pauls VI. umso unheilvoller. Gerade zu einer Zeit, in der eine entschiedene Konfrontation mit weithin begrüßten modernen Irrtümern nötig gewesen wäre, beschritt die Liturgiereform den Weg der Anpassung an die Normen eines liberalisierten, dekadenten Christentums, das bereits in der Salzlake falscher moderner Philosophien eingelegt war. Ist die Kirche und ihre Liturgie unzerstörbar? Ja. Aber wurde bei dem neuen Ritus vieles weggelassen, das als Stärkungsmittel, Heilmittel und Gegenmittel dienen sollte? Werden Heeren von Gläubigen Rüstungen und Waffen verweigert, mit denen sie den Bösen bekämpfen könnten? Sehr bedauerlicherweise. Wenn dies ein Preis ist, den man zu zahlen bereit wäre, damit der Papst ein absoluter Monarch sein kann, dessen Wille Gesetz ist und der die liturgische Tradition nach Belieben identifizieren, gestalten und brechen kann, dann wäre das ein zu hoher Preis – zu hoch ist für jeden, der noch im Besitz der Zwillingskräfte Glaube und Vernunft ist. Um auf unsere früheren Bemerkungen zum Brauchtum zurückzukommen: Eine solche Papolatrie kann, da sie irrational und destruktiv ist, nicht von Gott stammen.

Wir dürfen niemals verzweifeln. Das Christentum birgt in seiner kreuzförmigen Schönheit immer das Versprechen eines Triumphs über den Tod. Dennoch können Leiden und Sterben, wie siegreich ihr Ausgang auch sein mag, nur schmerzhaft sein. Gott lässt in seiner Vorsehung zu, daß seine Kirche gekreuzigt wird. Solche Folterungen hat die Kirche viele Male erdulden müssen, und aus der Konzentration des Glaubens, die in diesen chaotischen Zeiten entstand, erwuchs ihr größter Ruhm. Die Heilige Tradition behauptet sich vor allem in Momenten, in denen der mystische Körper angegriffen wird, sei es von außen oder von innen. Wie befriedigend, am anderen Ende mit der unbesiegbaren Tradition der Kirche frisch in der Hand herauszukommen, wie mit einem Schwert, das nur darauf wartet, geschärft und erneut geführt zu werden! Es steht uns nicht zu, die Zeiten oder Jahreszeiten zu kennen, die der Vater in seine eigene Macht gelegt hat (Apostelgeschichte 1,7). Es ist unser Privileg, dem Schatz des Glaubens und dem Schatz der Tradition, den wir von der Kirche aller Zeiten, von den Heiligen, von den Päpsten in ihrer Gesamtheit geerbt haben, treu zu bleiben und ihn gegen jeden zu verteidigen, der vorgibt, sein Herr zu sein und Meister."

Quelle: P. Kwasniewski, OnePeterFive

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