Nico Spuntoni stellt bei La Nuova Bussola Quotidiana das neue Buch "Die römische Messe" des Oratianers Pater Uwe Lang vor.
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"PATER LANG: DIE MESSE IST KEINE NACHAHMUNG DES LETZTEN ABENDMAHLS"
Der Oratorianer war ein Mitarbeiter und treuer Interpret der liturgischen Vision Benedikts XVI., die er in seinem jüngsten Werk "Die römische Messe" erneut vorschlägt.
Pater Uwe Michael Lang, ein Oratorianer aus Nürnberg, der im Oratorium St. Philip Neri in London residierte, war in den Jahren des Pontifikats von Benedikt XVI. Konsultor des Amtes für liturgische Feiern des Papstes.
Lang war einer der treuesten Interpreten der Konzeption der Liturgie, die Joseph Ratzinger am Herzen lag, und hat nicht zufällig die Vorrede seiner "Umkehr zum Herrn unterzeichnet. Orientierung im liturgischen Gebet", das 2006 in Italien bei Cantagalli erschienen ist. In einer Zeit, in der der Mythos der Rückkehr zu einer frühen Kirche oft beschworen wird, hat der deutschstämmige Priester die Geschichte des römischen Ritus von den ersten Jahrhunderten bis zur tridentinischen Reform rekonstruiert.
Während von vielen Seiten argumentiert wird, dass die Lektüre und Betrachtung des Wortes Gottes im Leben der Kirche eine zentralere Bedeutung hat als die sakramentale Kommunion, konzentriert sich Lang in seinem Buch "The Roman Mass - From early Christian origins to Tridentine reform" (erschienen bei Cambridge University Press und nur auf Englisch erhältlich) auf die Eucharistie in der frühen Kirche und hebt ihren sakralen Charakter hervor, der sich im persönlichen Verhalten der Teilnehmer an ihrer Feier bereits in den ersten beiden Jahrhunderten zeigt.
Ein wichtiges Kapitel, mit dem sich der Oratorianer befasst, ist der historischen Verbindung und Kontinuität mit dem Letzten Abendmahl gewidmet ist und in ihm findet die Neuinterpretation der beiden Hypothesen von Joseph Ratzinger Raum: Das Letzte Abendmahl ist zwar das Fundament jeder christlichen Liturgie, aber es ist noch keine christliche Liturgie. Man kann also sagen, daß es das Fundament des dogmatischen Inhalts der christlichen Eucharistie ist, nicht aber ihrer liturgischen Form. Letztere gab es für die Christen damals noch nicht. Das Gebot Jesu »Tut dies zu meinem Gedächtnis« an die Jünger bezog sich zudem nicht auf die Wiederholung des Letzten Abendmahls als solches, sondern konkret auf einzelne eucharistische Handlungen. Die Nichtwiederholung des Letzten Abendmahls bedeutete eine Veränderung der gesamten Form und damit die Geburt einer wahrhaft christlichen Form. Langs akribische Studie zeigt, wie der aufopfernde Charakter der Worte der Institution den frühen Christen den hermeneutischen Schlüssel zum Verständnis des kultischen Essens bot, das zum Herzstück ihres Gottesdienstes wurde.
Von großem Interesse und Nutzen ist auch der historische Exkurs über die Bejahung des Lateinischen als liturgische Sprache der westlichen Kirche. Dieser Aspekt ist nicht zweitrangig, denn Sprache ist kein einfaches Instrument der Kommunikation, sondern ein Ausdrucksmittel religiöser Erfahrung. Der vorherrschende Gebrauch des griechischen koiné in der Mittelmeerwelt begünstigte die Verkündigung des Evangeliums unter den Völkern des Römischen Reiches. Griechisch war die Sprache der ersten christlichen Gemeinden in Rom, so wie Griechisch die gemeinsame Sprache der römischen Liturgie war. Wenn es wahr ist, daß das vierte Jahrhundert der Moment ist, in dem es zu einer Diversifizierung der Sprachen der Liturgie kommt, wobei Latein im Westen die Oberhand gewinnt, so ist es auch wahr, daß dieser Übergangsprozess in früheren Jahrhunderten begonnen hat.
Lang weist darauf hin, daß "die entscheidende Hinwendung zum Lateinischen im prokonsularischen Afrika begonnen zu haben scheint", so daß "ab der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts lateinische Übersetzungen griechischer Werke in Rom auftauchten". Der Wechsel vom Griechischen zum Lateinischen war nicht mit dem Wunsch verbunden, die gemeinsame Sprache des Reiches zugunsten der Evangelisierung anzunehmen. In der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts, wurde Rom, obwohl es auf politischer Ebene nicht mehr caput mundi war, weiterhin von einflussreichen Aristokratien bewohnt, bei denen die intellektuelle Dominanz der heidnischen Kultur fortbestand. Große Persönlichkeiten des Christentums der Zeit wie Ambrosius und Damasus verfolgten ein Projekt der Christianisierung der römischen Zivilisation, in dem die lateinische Sprache eine grundlegende Rolle spielte. Es ist kein Zufall, dass unter dem Pontifikat von Damasus der entscheidende Impuls für den Gebrauch des Lateinischen in der Liturgie und die Übersetzung der Heiligen Schrift ins Lateinische durch Hieronymus geschah. So wie es kein Zufall ist, daß, wie Lang schreibt, eine "frühe Version des eucharistischen Hochgebets, die als Canon Missae bekannt wurde, von Ambrosius von Mailand am Ende des vierten Jahrhunderts bezeugt ist". Jener Kanon, der am Ende des sechsten Jahrhunderts von Papst Gregor dem Großen seine endgültige Form fand. Das Studium des Oratorianers erlaubt es daher, festzustellen, daß der Übergang des Lateinischen als liturgische Sprache der westlichen Kirche das Ergebnis des Versuchs war, die Eliten des Reiches für das Christentum zu gewinnen.
Dem Autor ist es ein Anliegen, deutlich zu machen, daß die Entwicklung des römischen Ritus nicht das Ergebnis des Zufalls ist und nicht – wie Monsignore Stefan Heid schrieb – dem "romantischen Stereotyp zu folgen, nach dem die Liturgie des Mittelalters und des Barock ein ständiger Abfall von einer idealen Liturgie war". Wer glaubt, daß der Niedergang der Liturgie eine neue und beispiellose Neuheit ist, kann das Kapitel über das Spätmittelalter nachlesen. Für diese Zeit bestreitet der Autor jedoch mit Verweisen die vorherrschende Interpretation, wonach die frühchristliche Eucharistie, die als geisterfüllter Ausdruck des gemeinschaftlichen Gottesdienstes geboren wurde, zu einer fast ausschließlich klerikalen Ausübung eines hypertrophierten Ritualsystems geworden ist. Deshalb spricht er von Niedergang, aber auch von Vitalität. Schließlich richtet sich der Blick des Oratorianers auf das Konzil von Trient und analysiert alle seine Aspekte, in der Überzeugung, daß die Liturgie nicht auf Bücher reduziert werden kann, sondern daß sie eine Mischung aus anderen Elementen wie geistlicher Musik und Architektur ist, die Teil der nonverbalen Sprache des Heiligen sind und zur Schönheit der Liturgie beitragen. Die tridentinische Reform führt zu einer liturgischen Vereinheitlichung mit der Übernahme römischer Bücher auch dort, wo es eine ältere Tradition gab, mit wichtigen Ausnahmen wie dem ambrosianischen Ritus in Mailand. Wie Lang rekonstruiert, handelte es sich bei diesem Ergebnis jedoch nicht um eine Erzwingung durch das Papsttum, sondern um einen vernünftigen Schritt im Interesse der katholischen Kirche."
Quelle: N.Spuntoni, LNBQ
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