Der polnische Jura-Professor Maciei Dybowski kommentiert bei firstthings Papst Franziskus´ Äußerungen über das "große imperiale Rußland.
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"FRANZISKUS UND DAS GROSSE RUSSLAND"
Es erscheint seltsam, daß ein Papst des 21. Jahrhunderts sich über das "große imperiale Rußland" begeistern würde, besonders in einer Zeit, in der Moskau eifrig darauf bedacht zu sein scheint, sein altes Imperium wieder aufzubauen. Aber am 25. August, in einer Video-Rede an junge Russen, die zum All-Russischen Treffen der Katholischen Jugend in St.Petersburg versammelt waren, tat Papst Franziskus genau das. Wie erwartet sprach er von Frieden, von "Gottes transformierender Kraft"und vom Dialog zwischen jung und alt. Er endete jedoch mit einem Juwel aus seiner Sammlung verblüffender Stegreif-Bemerkungen: "Vergeßt nie euer Erbe. Ihr sein Erben des großen Rußlands. Das große Rußland der Heiligen, der Könige, das große Rußland Peters des Großen und Katharina II. , dass große imperiale Rußland, kultiviert mit soviel Kultur und Humanität."
Dieser Kommentar klang wie die langweilige Wiederholung der von Putins Medien verbreiteten Propaganda, den einzigen Medien, zu denen die meisten Russen Zugang haben. Warum sollte Franziskus so etwas sagen? Offensichtlich glaubt der Papst, daß Putin ein kultivierter Mann ist. Er sagte das wiederholt- so auch im März in einem Interview mit La Nacion. Dennoch hat Putin, ein früherer KGB-Agent, sein Land in der Praxis für 24 Jahre als Diktator regiert, wenn auch nicht dem Namen nach. Er hat Kriege angezettelt - von Teschtschenien bis Georgien, Syriens Bashar al-Assad unterstützt und ist in die Ukraine eingedrungen. In diesem Sinne ist er so "kultiviert" wie die beiden anderen imperialen russischen Herrscher, deren Namen Franziskus in seiner Litanei fallen ließ. Einer war Peter I dessen Appetit auf europäische Zivilisation, in die der modernisierende Despot Rußland mit Gewalt zerrte. Die andere war Katharina II, die nur durch die besonderen Bemühungen Voltaires in eine aufgeklärte Herrscherin verwandelt wurde. Ist es weise, wenn der Papst die russischen Jugendlichen auffordert, dieses "große, imperiale Rußland" zu lieben?
Es ist nützlich, sich andere, hilfreichere Dinge vorzustellen, die Papst Franziskus über die Russische Geschichte zu den Jugendlichen in Putins Land hätte sagen können.
Zuerst hätte der Papst die cirka 60 Millionen Bürger des Sowjet-Imperiums erwähnen können, die in den Gulag des 20. Jahrhunderts kamen, von denen die meisten, diese Kette von Gefängnissen nicht überlebten. Er hätte den Namen Alexander Solschenytzins fallen lassen können. Seine außerordentliche Erinnerung an die Sowjetsísche Unterdrückung im "großen, imperialen Rußland". Der Archipel Gulag ist eine wichtige Lektüre.
Zweitens hätte Franziskus über die Journalistin Anna Politkowskaja (1958-2006) sprechen können, deren Schriften viele Russen den Horror der Tschetschenien-Kriege in den 1990-ern und die Situation im neuen Jahrtausend verstehen ließen. Sie wurde 2006 an Putins Geburtstag ermordet, Der Mut dieser mutigen Russin gegenüber der Staatsmaschinerie des "großen imperialen Rußlands" ist etwas, das man erinnern sollte.
Drittens hätte er an Boris Nemtsov erinnern können, der die massiven Straßendemonstrationen leitete, um gegen die umstrittenen Parlamentswahlen von 2011 zu protestieren und Bericht über die offizielle Korruption schrieb. Er wurde 2015 erschossen, nur Stunden nachdem er öffentlich dazu aufgreufen hatte, sich dem Marsch gegen die russische Aggression in der Ukraine anzuschließen. Die Ehrlichkeit und Stärke dieser Russen, die zufällig die dunkle Seite des "großen,imperialen Rußlands" nicht mochten, wären vielleicht ein Kopfnicken wert.
Viertens hätte das Oberhaupt der Katholischen Kirche das Thema der östlich-katholischen Opfer mörderischer zaristischer und sowjetischer Verfolgung aufbringen können, einschließlich der Bischöfe, Priester und Laien, die ihren Glauben gegen die Aufzwingung der Russischen Orthodoxie oder des Atheismus verteidigt haben. Das Erbe der Östlichen Märtyrer, die nicht in das "große, imperiale Rußland paßten, könnte anerkannt und geehrt werden.
Am 29. August sagte der Vatican-Sprecher Matteo Bruni in einem Statement, daß Papst Franziskus nicht beabsichtigt habe, in seinen kürzlich gemachten Bemerkungen gegenüber jungen russischen Katholiken den Imperialismus zu verherrlichen. Und natürlich haben die Unterstützer des Papstes verschiedene Entschuldigungen für seine Patzer angeboten. Der Pontifex kann tatsächlich das Opfer schlechter Berater geworden sein, von böswilligen Kommentatoren gar nicht zu reden. Auf jeden Fall ist die ganze Verantwortung für die ungeschickten Bemerkungen von Franziskus auf andere geschoben worden, gemäß dem Prinzip "guter Zar, böse Bojaren."
Aber halt, ist ein solches Verhalten nicht nur eine eigene Version des "großen imperialen Rußlands"....mit römischem Glanz? "
Quelle: M. Dybowski, firstthings
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