Rorate Caeli veröffentlicht einen Bericht über die letzten Stunden im Leben des polnischen Komponisten, der am 17. Oktober 1849 starb. Hier geht´s zum Original: klicken
"FRYDERYK CHOPIN:"SEIN ERBAULICHER TOD" VON DON PIETRO LEONE
Chopins Konversion13. Oktober 1849
Portrait von Fryderyk Chopin
Eugène Delacroix.
In einer kürzlich erschienenen Biographie von Fryderyk Chopin, die wegen ihres Reichtums an Details über sein Leben bemerkenswert ist, charmant, humorvoll, and gleichzeitig tragisch; bemerkenswert auch wegen ihrer gelehrten Musikologie, die viele seiner Werke in den Kontext des Lebens des Künstlers setzt, beleuchtet der Autor den Versuch eines Priesters aus seiner Kindheit, in Chopins Herz den Glauben, den er in der mißtrauischen Pariser Gesellschaft, die er besuchte, fast verloren hatte, wieder zu erwecken. Jeder der die Bedeutung des Ewigen Lebens, ewigen Todes und den Wert der unsterblichen Seele versteht, und der außerdem die Werke von Fryderyk Chopin liebt und also auch den Menschen selbst, wird traurig sein, über die Haltung des Autors und vielleicht sogar Zweifel an der Rettung des großen Mannes.
Father Aleksander Jelowicki
J.M.J.
Gelobt sei Jesus Christus!
Liebe Dame,
Noch unter dem Eindruck des Todes von Chopin, schreibe ich Ihnen einige Worte darüber. Er ist am Morgen des 17.Oktobers 1849 gestorben.
Viele Jahre hatte Chopins Leben am seidenen Faden gehangen.
Sein Körper, der immer kränklich und schwach gewesen war, wurde jetzt immer mehr durch das Feuer seines Genies verzehrt. Jeder war erstaunt, daß die Seele in einem so zerstörten Körper lebte und daß der Mann weder seine Geistesschärfe noch seine Herzenswärme verloren hatte. Sein Gesicht war kalt wie Alabaster, weiß und durchsichtig; Seine Augen -meistens verschleiert- blitzten von Zeit zu Zeit auf mit dem Strahlen seines Geistes. Immer lieb und freundlich, warm, mit Esprit, über die Maßen sanft, schien er schon nicht mehr zu dieser Erde zugehören.
Aber unglücklicherweise waren seine Gedanken weit entfernt vom Himmel. Er hatte nur wenige gute Freunde und viele schlechte, d.h. ohne Glauben: besonders die zählten zu seinen Verehrern. Darüber hinaus hatten die Triumphe, die er durch die Ausübung seiner einsichtsreichen Kunst errungen hatte, in seinem Herzen das unaussprechliche Seufzen des Heiligen Geistes übertönt. Was von der Frömmigkeit, die er aus dem Schoß seiner polnischen Mutter mitbekommen hatte, übrig geblieben war, war mittlerweile kaum mehr als eine Familienerinnerung; während die Gottlosigkeit der Gefährten seiner letzten Jahre immer mehr in seinen begierigen Geist eingedrungen war und der Zweifel sich schließlich wie eine bleierne Wolke auf seine Seele gelegt hatte. Tatsächlich war es nur seinem feinen Anstand zu verdanken, daß er über heilige Dinge nicht laut lachte und sich noch nicht traute, sie zu verspotten.
In einem derart beklagenswerten Zustand ereilte ihn eine fatale Lungenkrankheit. Die Nachricht darüber erreichte mich- schon blaß bei dem Gedanken an seinen sich nähernden Tod- als ich aus Rom nach Paris zurückkehrte. Ich lief sofort zu diesem Freund meiner Kindheit, dessen Seele mir deshalb umso lieber war. Er war sichtbar schwach und sterbend; und er weinte- allerdings noch nicht um sich selbst, sondern eher meinetwegen- wegen des mörderischen Todes meines Bruders Edward, den auch er liebte.
Ich nutzte die Weichheit seines Herzens aus, um ihn an seine Mutter zu erinnern und mit ihr den Glauben wieder zu erwecken, den sie ihn gelehrt hatte. "Ah, ich verstehe Dich, sagte er zu mir, daß ich nicht gern ohne die Sakramente sterben sollte, um meiner geliebten Mutter keine Schmerzen zu bereite; aber ich kann sie nicht empfangen, ich verstehe sie nicht mehr auf Deine Weise. Ich würde immer noch das Süße der Beichte verstehen, die aus dem sich einem-Freund-anvertrauen kommt. Aber Beichte als Sakrament verstehe ich überhaupt nicht. Wenn Du willst. werde ich Dir um unserer Freundschaft willen beichten, aber nicht anders." Bei diesen und ähnlichen Worten von Chopin, zog sich mein Herz zusammen und ich weinte.
Ich fühlte Mitleid mit dieser freundlichen Seele. Ich versuchte ihn zu besänftigen, so gut ich konnte; mal mit dem Gedanken an die Selige Jungfrau, dann mit dem Herrn Jesus, jetzt mit den sanftesten Bildern von Gottes Barmherzigkeit- aber nichts nutzte. Ich bot ihm an, ihm irgendeinen Beichtvater, den er wünschte. Aber schließlich sagte er mir: "Wenn ich jemals beichten will, wird es bei Dir sein," Das hatte ich am meisten gefürchtet, nach allem, was er mir erzählt hatte.
Lange Monate vergingen, während denen ich ihn oft besuchte, aber ohne anderes Ergebnis; aber ich betete mit Zutrauen daß seine Seele nicht untergehen würde. Alle Resurrektionisten haben dafür gebetet, besonders während der
Dann endlich am 12. des Monats rief mich Dr, Cruveiller zu sich und sagte mir, ich sollte so schnell wie möglich kommen, daß er aber für nichts garantieren könne. Zitternd , voller Emotionen stand ich vor Chopins Tür, die zum ersten mal für mich verschlossen war. Aber nach einer Weile bat er mich, hereinzukommen, aber nur um mir die Hand zu drücken und zu sagen "Ich liebe dich sehr, aber sag´ kein Wort. Geh jetzt schlafen."
Stellen Sie sich vor, welche Nacht ich verbracht habe! Der nächste Tag war das Fest das Hl. Edwards, dem Schutzheiligen meines geliebten Bruders. Ich brachte eine Heilige Messe für seine Seele dar und sprach so zu Gott: O Gott sei gnädig! Wenn die Seele meines Bruders Edward Dir lieb ist, bitte gib mir heute die Fryderyks Seele!
Und so ging ich mit doppelter Sorge zu Chopin. Ich fand ihm beim Frühstück und als er mich einlud, mich ihm anzuschließen, sagte ich zu ihm "Mein lieber Freund heute ist der Namenstag meines Bruders Edward." Chopin seufzte und ich fuhr fort:"Am Tag meines Bruders- gib mir ein Band." "Ich geben Dir alles, was Du willst" antwortete Chopin und ich erwiderte " Gib mir deine Seele!" "Ich verstehe dich, nimm sie!" antwortete Chopin und setzte sich auf´s Bett.
Dann ergriff mich eine unaussprechliche Freude aber auch Angst. Wie kann ich seine liebe Seele nehmen und sie Gott geben? Ich fiel auf die Knie und schrie in meinem Herzen zum Herrn: "Nimm Du sie selbst!" Und ich gab Chopin den gekreuzigten Herrn Jesus, legte ihn leise in seine beiden Hände. Und die Tränen quollen ihm aus den Augen.
"Glaubst du?" fragte ich. Er antwortete "Ich glaube". "Wie deine Mutter es dich gelehrt hat?" Er antwortete; "Wie meine Mutter es mich gelehrt hat!" Und während er auf den gekreuzigten Herrn Jesus starrte, machte er in einem Strom von Tränen eine Heilige Beichte. Er empfing sofort die das Viaticum und die Letzte Ölung, um die er selbst gebeten hatte. Nach einer Weile beauftragte er mich, dem Sakristan zwanzig mal mehr zu geben, als üblich und ich sagte: "Das ist zu viel"."Nicht zu viel" antwortete er,"weil was ich empfangen habe, alle Kosten überschreitet." Und von diesem Augenblick an wurde er -durch Gottes Gnade verwandelt- wirklich durch Gott selbst- ein anderer Mensch. Ich würde sagen, schon ein Heiliger.
Am selben Tag begann Chopins Todeskampf, der vier Tage und Nächte dauerte. Geduld, Vertrauen in Gott und oft auch Freude begleiteten ihn bis zu seinem letzten Atemzug. Mitten in den größten Schmerzen, drückte er sein Glück aus und dankte Gott, schrie seine Liebe zu Ihm hinaus und seinen Wunsch, sich ihm so bald wie möglich anzuschließen. Er verkündetet sein Glück seinen Freunden, die gekommen waren, um sich zu verabschieden und in den Nebenräumen wachten. Er atmete nicht mehr und es schien, daß er starb; sogar das Seufzen hatte aufgehört und das Bewußtsein war geschwunden. Jeder war alarmiert und drängte ins Zimmer und wartete auf den letzten Herzschlag. Dann fragte Chopin, der seine Augen öffnete und die vielen Leute sab: "Was machen sie hier? Warum beten sie?" Alle fielen mit mir zusammen auf die Knie und ich sprach die Heiligen-Litanei, auf die sogar die Protestanten antworten.
Tag und Nachr hielt er mich fast dauern an beiden Händen und wollte mich nicht loslassen und sagte: "Du verläßt mich nicht in diesem entscheidenden Augenblick." Er klammerte sich an mich wie ein Kind , das sich bei Gefahr an die Mutter klammert. Jeden Augenblick rief er aus "Jesus, Maria!" und küsste das Kreuz mit der Freude des Glaubens, Hoffnung und großer Liebe. Manchmal sprach er zu den Anwesenden und sagte mit größter Sanftheit:"Ich liebe Gott und die Menschen"...Es ist gut für mich, so zu sterben... geliebte Schwester, weine nicht. Weint nicht, meine Freunde.Ich bin glücklick! Ich fühle, daß ich sterbe. Betet für mich! Wir treffen uns im Himmel wieder."
Wieder und wieder sollte er den Ärzten sagen, die versuchten, ihn am Leben zu erhalten: "Laßt mich gehen, laßt mich sterben. Gott hat mir schon vergeben. Er ruft mich zu sich! Laßt mich gehen; ich will sterben!" Und wieder:"Oh, welche wunderbare Fähigkeit hast du, Leiden zu verlängern! - Wenn es nur etwas Gutes wäre, ein Opfer! - aber es geht nur darum, mich und diejenigen, die mich lieben, zu quälen - was für eine schöne Fähigkeit das ist! Aber du hast mir umsonst schweres Leid zugefügt: Du hast vielleicht einen Fehler gemacht, aber Gott hatte nicht Unrecht. Er reinigt mich. O wie gut ist Gott, mich in dieser Welt zu bestrafen! Oh, wie gut ist Gott!“
Und am Ende, als er mir seine ganze Dankbarkeit ausdrücken wollte und auch das Unglück jener, die ohne die Sakramente sterben, zögerte er nicht, obwohl er in seiner Sprache immer exquisit war, zu sagen: Ohne dich, mein Lieber, wäre ich gestorben wie ein Schwein!"
In seiner Agonie wiederholte er die Süßesten Namen: Jesus, Maria, Joseph, drückte das Kreuz an seine Lippen und an sein Herz und formte mit seinem letzten Atemzug diese Worte:"Ich bin schon an der Quelle des Glücks!" Und so starb er.
So isf Chopin gestorben! Beten Sie für ihn, daß er ewig leben möge.
Ihr demütiger Diener in Christus
Z.A.Jelowicki
p.s. vor dem polnischen Original bieten wir den Lesern ein Stück von Chopin an, das von Vladimir Horowitz gespielt wird- nicht die Mazurka, sein wohl letztes Werk, sondern ein walzerartiges Nocturne. Sehr gut erinnern wir uns an die Matinee von Horowitz ( den wir als größten Chopin-Interpreten betrachten) in der Mailänder Scala, bei einem seiner letzten Konzerte.
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