Samstag, 18. November 2023

Fides et Ratio versus Ad Theologiam Promovendi

Msgr.T. Guarino, emeritierter Professor für Systematische Theologie an der Seton Hall Universität veröffentlicht bei firstthings einen Kommentar, in dem er Ad Theologiam Promovendi von Papst Franziskus der Enzyklika Fides et Ratio von Johannes Paul II gegenüberstellt
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"WAS PAPST FRANZISKUS VON FIDES ET RATIO LERNEN KÖNNTE"

Wir dürfen nicht zulassen, daß das Jahr 2023 vorübergeht, ohne an den 25. Jahrestag der Enzyklika Fides et Ratio von Papst Johannes Paul II. Dieses große Dokument, sicher das wichtigste kirchliche  Statement zu Glauben und Vernunft seit dem I. Vaticanischen Konzil, ist eine starke Bekräftigung des Katholischen Glaubens sowohl an das übernatürliche Geschenk des Glaubens und der natürlichen Gabe der Vernunft. Eine Erinnerung an Fides et Ratio (FR) ist o, Licht von Franziskus´ vor kurzem erschienenen Apostolischer Brief  Ad Theologiam Promovendum  nur umso notwendiger. Franziskus Brief ruft zu einem neuen Zugang zur Theologie auf und betont, daß die Theologie fähig sein muß, "das Evangelium unter den Bedingungen zu lesen und zu interpretieren, unter denen Männer und Frauen täglich in unterschiedlichen geographischen, sozialen und kulturellen Bedingungen leben" Diese Betonung auf den unterschiedlichen kulturellen Kontext ist sicher wichtig, aber es ist wichtig, um den Brief mit Fides et Ratio zu ergänzen. der die Universalität des Glaubens und die objektive FEststellung füe alle kulturellen Kontexte und Völker betont.

FR neu zu lese, erinnert daran, daß Johnnes Pauls II Enzyklika eine Tour de Force ist, Der Päpstlicge Brief ist eine lange und detaillierte und erschöpfende Untersuchung der Beziehung zwischen  Theologie und Philosdophie. Ich habe die Errungenschaften von FR an anderer Stelle besprochen, aber eine verkürzte Liste umfasst: die Verteidigung von Glaube und Vernunft als komplementäre Formen des Verständnisses der Menschheit; die Widerlegung der Nietzscheschen Position, daß der bloße Begriff der Wahrheit chimärisch sei; die Aufrechterhaltung der überragenden Bedeutung von Philosophie, Wissenschaft und natürlicher Vernunft; das Beharren darauf, daß die Offenbarung eine universelle und ultimative Gewissheit in die Geschichte einführt; die Behauptung, daß es eine Logos-Struktur im Kosmos selbst gibt, die die Wahrheit vermittelt; und so weiter. Fides et Ratio ist eine umfassende und enzyklopädische Untersuchung der Errungenschaften der Theologie. 

Im Vergleich zu den langen und detaillierten Überlegungen in FR ist der kurze Brief von Franziskus lediglich ein Stummel. In dieser Hinsicht sind die beiden Dokumente kaum vergleichbar. Dennoch können einige Elemente im Apostolischen Brief von Franziskus durch die Hauptthemen in der Enzyklika von Johannes Paul erläutert und andere kritisiert werden.

Die Ähnlichkeiten sind vielfältig. Während Franziskus beispielsweise auf einer Kultur des Dialogs mit allen Traditionen besteht, betont Johannes Paul auch, dass Theologen sich mit der gesamten philosophischen Tradition auseinandersetzen müssen, "ob sie mit dem Wort Gottes im Einklang steht oder nicht“. Und die Enzyklika preist Thomas von Aquin als den paradigmatischen Theologen, der nicht nur mit den Alten, sondern auch mit arabischen und jüdischen Denkern Dialoge führte.

Während Franziskus die Bedeutung der "Volkstheologie“ hervorhebt, nahm Johannes Paul II. diese Idee vorweg, indem er erklärte, daß die jungen Kirchen "eine Reihe von Ausdrucksformen der Volksweisheit“ beigesteuert hätten, die "einen echten kulturellen Reichtum an Traditionen“ darstellten. Johannes Paul fügt jedoch hinzu, daß das Studium der Volksweisheit mit philosophischer Forschung einhergehen muss. Und er warnt vor der undifferenzierten Ansicht, daß die Theologie "mehr auf die in den Traditionen der Menschen enthaltene Weisheit als auf eine Philosophie griechischen und eurozentrischen Ursprungs achten sollte“. 

Franziskus bringt den Wunsch zum Ausdruck, daß die Theologie auf unterschiedliche soziale und kulturelle Kontexte Rücksicht nimmt und die Menschwerdung als Archetyp betrachtet. Johannes Paul II. möchte auch, daß die Kirche sich der globalen Zusammenhänge bewusst ist und die nichtchristlichen Kulturen Indiens und Chinas zur Diskussion stellt. Diese Zivilisationen können die Kirche sicherlich bereichern; Allerdings heißt es in der Enzyklika auch, daß "Christen jeder Kultur die unveränderliche Wahrheit Gottes bringen“.

Schließlich besteht Franziskus darauf, daß es in der Theologie nicht nur um wissenschaftliches Denken, sondern auch um Weisheit geht. Auch Fides et Ratio geht auf dieses Anliegen ein und stellt fest, daß "die Philosophie zuallererst ihre Weisheitsdimension bei der Suche nach dem ultimativen und allumfassenden Sinn des Lebens wiedererlangen muss.“

Dies sind einige Bereiche, in denen sich die beiden Dokumente überschneiden. Aber welche heilsame Kritik kann FR gegen das Motu Proprio von Franziskus vorbringen?

Erstens betont Johannes Paul in einer Weise, wie es der apostolische Brief nicht tut, die Universalität der Wahrheit. Kontextwissen allein reicht nicht aus. Im Gegenteil: "Jede Wahrheit – wenn sie wirklich Wahrheit ist – präsentiert sich als universell.“ . . . Wenn etwas wahr ist, dann muss es für alle Menschen und zu jeder Zeit wahr sein.“ Tatsächlich warnt Johannes Paul vor "einem weit verbreiteten Misstrauen gegenüber universellen und absoluten Aussagen“"

Zweitens: Während Franziskus zu Recht die konkrete, existenzielle Situation der Menschheit hervorhebt, erklärt Johannes Paul, daß die Theologie über das Konkrete hinausgehen muss: "Was ich betonen möchte, ist die Pflicht, über das Besondere und Konkrete hinauszugehen, damit die Hauptaufgabe, das aufzuzeigen, nicht verloren geht.“ Die Universalität des Glaubensinhalts muss aufgegeben werden."Wenn man verschiedene Kulturen und Weltanschauungen studiert, stößt man auf ein interessantes Meinungswirrwarr; Johannes Paul bekräftigt jedoch, daß man auch in der Lage sein muss, die Wahrheit in ihrer ganzen Objektivität zu entdecken.

Drittens besteht die Enzyklika in der vielleicht schärfsten Kritik, die FR am Motu proprio äußert, darauf, daß die Philosophie eine "wirklich metaphysische Reichweite“ haben muss. FR erhebt sogar die kühne Behauptung, daß "eine Philosophie, die die Metaphysik meidet, für die Aufgabe der Vermittlung im Verständnis der Offenbarung völlig ungeeignet wäre.“ Warum dieses scharfe Beharren auf der Metaphysik? Weil die Wahrheit der Offenbarung universell gültig ist – und die Theologie nur unter Berufung auf eine metaphysische Dimension eine kohärente Darstellung des transzendenten, ewigen und universellen Charakters der Offenbarungsansprüche liefern kann.

Fides et Ratio möchte zeigen, daß die historische und soziokulturelle Konditionierung, die jedes Denken begleitet, die Objektivität und Universalität der Wahrheit nicht verhindern kann und auch nicht verhindert. Aber man muss sich anstrengen, um im neuen Dokument von Papst Franziskus einen Sinn dafür zu erkennen. Der Apostolische Brief, in dem betont wird, daß die Theologie einen pastoralen Charakter haben sollte und daß die Theologie sich mit der existenziellen Situation des Gläubigen befassen muss, ist sicherlich legitim. Aber die Betonung von Papst Franziskus muss durch eine ähnlich starke Betonung der universellen Wahrheit ergänzt werden, die die Offenbarung Männern und Frauen aller Kontexte und Kulturen bringt – und auf jene Philosophien, die den universellen und ewigen Anspruch des Glaubens unterstützen können."

Quelle: Msgr. T. Guarino, firstthings

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