Freitag, 17. November 2023

Wie also sollen wir sterben ?

Sarah O´Dell bespricht bei firstthings ein Buch zum Thema Sterben, Ärztlich begleiteter Selbstmord und das Ertragen des Leidens. 
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                                 "WIE ALSO SOLLEN WIR STERBEN? "

Zwei gegenteilige Antworten auf die Herausforderungen des Leidens und des Todes  
von S. Kay Toombs

1936 hat C.S. Lewis´ Freund und Arzt R.E: Havard einen Brief geschrieben, in deem er über das neu eingeführte Gesetz zur freiwilligen Euthanasie  nachdenkt, ein Vorschlag, der vom Oberhaus später im Jahr zurückgewiesen wurde. Wenn man die Versuche den ärztlich begleiteten Selbstmord als die logische Folge der Säkularisierung der Gesellschaft betrachtet-überlegt er- würde diese Legalisierung das Leiden, das den Tod umgibt, steigern und nicht verringern." DIe Euthanasie zuzulassen - argumentiert Havard, würde nicht nur der medizinisch-ethischen Tradition, die im Hippokratischen Eid ausgedrückt ist, widersprechen und dadurch dem Arzt-Patienten-Verhältnis schaden, sondern auch das Leiden des Schwerkranken selbst verschlimmern, und den Patienten veranlassen, zu fühlen, es sei seine Pflicht, den anderen die Last zu ersparen, Zeugen seines Leidens zu sein. 

Fast 90 Jahre später ist der Arzt-assistierte Selbstmord in mehr als 10 Ländern und in einer wachsenden Anzahl von Bundesstaaten in den USA legal geworden: Oregon, Vermont,Washington,Colorado, Calidornia, Hawai, New Mexico, New Jersey und Maine (Im UK bleibt er verboten). Die westliche soziale Vorstellung rund um Medizin und Tod hat sich klar verschoben. Sind Doktor Havards Vorhersagen eingetroffen? 

S.Kay Toombs "Wie sollten wir also sterben?"  beschwört Francis Schaeffers Klassiker von 1976 "Wie sollten wir also leben?" herauf. und seziert die vorherrschenden kulturellen Einstellungen zu Krankheit, Behinderung und  Tod, Sie zeichnet zwei deutliche Porträts: 
1. Behinderung und Krankheit, wie sie in einer Kultur verstanden werden, die die Unabhängigkeit als Kardinal-Wert betrachtet und den ärztlich-assistierten Selbstmord als "Tod in Würde" betrachtet und

2. wie Behinderung und finale Krankheit in einer dem Evangelium verbundenen Christlichen Gemeinschaft behandelt werden. Jede Sichtweise wird in ihrer eigenen Methodik bedacht. die ersten beiden Teile  "Kulturelle Werte und der Verlust der Würde" und "Sterben in Würde: eine kulturelle Perspektive" beziehen sich auf Bioethik. öffentliche Medien, Umfragewerte und die Rechtsprechung um den ärztlich-assistierten Selbstmord, während der Schlussteil "Eine Kultur des Heilens: Leben und Sterben mit Würde in der Christlichen Gemeinschaft" im Ton pastoral und persönlich ist. Durchgehend bezieht sich Toombs auf ihre eigene reichhaltige Erfahrung als  Christin, die seit über 20 Jahren in einer konfessionell nicht gebundenen Christlichen Gemeinde "als emeritierte Dozentin für Philosophie und Person, die mit einer Behinderung - in Form von Multipler Sklerose- jahrzehntelang gelebt hat und als Frau ihren Ehemann Dee in den letzten Stadien einer Krebserkrankung unterstützt hat. 



Ihr Ziel ist es nicht, eine verständliche Geschichte sondern eine Anleitung für ein Christliches Publikum, die die Denkmuster untersucht, die die Praxis begleiten, einschließlich der Rolle der Medien und der rhetorischen Untertöne der "Das Recht zu Sterben" -Bewegung. Sprache ist hier wichtig: Es ist ein "Arzt-assistierrter Selbstmord" - oder etwas, das die Konnotation "Selbstmord"vermeidet, ein Wort , dessen Bedeutung seit dem englischen Erscheinen von Thomas Brownes Religio Medici (1643) stabil ist. Was passiert, wenn wir den ärztlich unterstützten Suizid auf „PAS“ verkürzen oder den Hang des Euphemismus hinunterrollen? In Kanada zum Beispiel, wo „medizinische Sterbehilfe“ zu „MAID“ geworden ist, haben Personen, die ausschließlich an einer psychischen Erkrankung leiden, im nächsten Jahr das Recht, ihrem Leben ein Ende zu setzen.

Toombs versteht diese sich verändernde Sprache als symptomatisch für eine neue Kultur des Todes, eine soziale Vorstellung, die nicht nur die Lebensrealität von Menschen prägt, die an Krankheit und Behinderung leiden, sondern auch die Haltung unserer Gesellschaft gegenüber Medizin und Persönlichkeit im Großen und Ganzen. Ihr Urteil über den ärztlich unterstützten Suizid ist hart, doch ihre Herangehensweise ist mitfühlend; Sie empfindet "eine gewisse unangenehme Verbundenheit“ mit Patienten, die einen medizinisch begründeten Tod anstreben.

Die ersten beiden Abschnitte von How Then Should We Live? wiederholen eine Geschichte, die denjenigen vertraut ist, die mit den Kontroversen rund um den ärztlich unterstützten Suizid vertraut sind. Toombs zitiert das übliche Spektrum von Bioethikern und diskutiert mehrere bemerkenswerte Fälle, darunter den von Brittany Maynard, einer 29-jährigen Amerikanerin, die 2014 nach einem Kampf gegen Hirntumor ihr Leben beendete. Toombs‘ Buch zeichnet sich jedoch durch seinen implizit phänomenologischen Fokus aus, der ihre frühere Forschung über die Erfahrung des Lebens mit Krankheit und Behinderung widerspiegelt (einschließlich ihres Buches „The Meaning of Illness: A Phenomenological Account of the Different Perspectives of Physician and Patient“ aus dem Jahr 1992). Sie betont, daß in zeitgenössischen Diskussionen über den Tod die Autonomie in einer Weise betont wird, die die Gegenseitigkeit der Pflegebeziehungen verringert und sowohl Ressentiments der Pflegekräfte als auch Selbstvorwürfe seitens der Pflegebedürftigen hervorruft. Wenn ärztlich unterstützter Suizid normalisiert wird, argumentiert sie, werde ein natürlicher Tod unnatürlich, unvorstellbar und erbärmlich. Toombs bestätigt Havards Vorhersagen und bringt den zunehmenden Drang nach ärztlicher Sterbehilfe mit unserem kollektiven Wunsch in Verbindung, nicht Zeuge des Leidens zu sein, was darauf hindeutet, daß wir uns aus der Verpflichtung, andere zu verschonen, selbst töten. Sie befürchtet, daß die ärztliche Sterbehilfe mittlerweile zwar zur Wahl steht, aus Pflichtgefühl jedoch zu einem erwarteten, ja sogar obligatorischen Weg werden wird.

Solche Berichte über Leiden bis zum Tod mögen für abgestumpfte Ohren ehrgeizig klingen; Toombs bezeugt die übernatürliche Gnade und erklärt, daß Freunde, die unheilbar erkrankt waren, „ohne Ausnahme“ in Gnade und Frieden starben. Doch Toombs‘ Bereitschaft, Zeugnis von der Realität des menschlichen Leidens und Sterbens abzulegen – und sie in der christlichen Geschichte zu kontextualisieren – fordert ihren Leser heraus, anders zu sehen und tödliche Behinderung durch die Realität des Kreuzes zu verstehen, dem „ultimativen Symbol der Zerrissenheit und gemeinsamen Verletzlichkeit“. “ beschrieben von Michael Mayne. Indem Toombs die zentrale Bedeutung des Kreuzes bekräftigt, „romantisiert sie nicht die Strapazen des Sterbens“ und wendet sich auch nicht von der düsteren Realität des körperlichen Leidens ab. Wenn die Kreuzigung – und das Gebot von Matthäus 16,24–26 – die Bedeutung des menschlichen Leidens radikal verändert, erfordert sie auch, daß wir uns den Tod anders vorstellen: nicht als unerträgliche Niederlage oder als Verletzung unserer geschätzten Idols der Selbstbestimmung, sondern als Gelegenheit, unsere Beziehungen zu Gott und untereinander zu festigen und zu vertiefen.

Als christliche Antwort auf die Sterbehilfe schrieb R. E. Havard über den "Mut, sich dem Leiden zu stellen“, einen Mut, den "nur das Christentum geben kann“. Bei der Neuvorstellung des Todes im Kontext der christlichen Bundesgemeinschaft wird Toombs‘ Mut mehr als deutlich."

Quelle: S.O´Dell , firstthings

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