Sonntag, 31. Dezember 2023

Warum man die Rezeption von Humanae Vitae nicht mit der von Fiducia Supplicans vergleichen kann

Die Website Unam Sanctam veröffentlicht einen Kommentar zum Vergleich zwischen der Erklärung Fiducia Supplicans und der Enzyklika Humanae Vitae, den Kardinal Tucho Fernandez gezogen hat. Hier geht s zum Original:  klicken

"SCHLECHTE VERGLEICHE MIT HUMANAE VITAE"

Angesichts der Bewertungen der Bischöfe, die weltweit Fiducia Supplicans ablehnen, haben sich Papsterklärer  Humanae Vitae zugewandt, als Weg, die Kritik am Dokument abzuwehren. Die Hyperpapalistische website "Where Peter is" hat gesagt, daß die Kritiker von Fiducia Supplicans "daran erinnert werden müssen, wie Humanae Vitae angenommen wurde, bevor sie feststellen, daß die Reaktion auf ein Lehramts-Dokument einen "Fehlschlag" bedeutet." Denn da ist dieses kleine Juwel,- dem ein Text des selben Influencers über alle Ähnlichkeiten zwischen Fiducia Supplicans und 
Humanae Vitae.folgte.

Die Argumentationslinie scheint zu sein, daß es irrelevant ist, wie viele Bischöfe Fiducia Supplicans zurückweisen, weil Humanae Vitae ebenfalls auf breiter Basis abgelehnt wurde und wir dennoch das Dokument anrerkennen. Deshalb kann über Fiducia Supplicans nicht auf der Basis der weltweiten Ablehnung durch die Episkopate geurteilt werden.

Vier Gründe weshalb Fiducia Supplicans  nicht mit Humanae Vitae vergleichen werden sollte.

Diese Argumentationslinie ist aus verschiedenen Gründen falsch:
Erstens: wurde die Enzyklika Humanae Vitae von den Heterodoxen zurückgewiesen, während sie von den Orthodoxen begrüßt wurde. Fiducia Supplicans dagegen wird von den Orthodoxen abgelehnt, während das Dokument von den Heterodoxen begrüßt wird. Dieses kleine Detail ist nicht unbedeutend. 

Zweitens: die Bischöfe, die Humanae Vitae ablehnten, taten das, weil sie die Kirchen-Praxis bestätigte , während die Bischöfe, die Fiducia Supplicans  ablehnen, das tun, weil es von der Praxis der Kirche abzuweichen scheint.

Drittens: Humanae Vitae und Fiducia Supplicans sind zwei völlig unterschiedliche Arten von  Dokumenten. Humanae Vitae war eine päpstliche Enzyklika, die einige Theologen als unfehlbar betrachten, während Fiducia Supplicans eine Erklärung des Glaubens-Dikasteriums ist. Dieser Gegensatz wird grösser , wenn wir an die Erklärung von Papst Franziskus erinnern, daß er wünscht, daß das Glaubens-Dikasterium nicht als Körperschaft verstanden werden soll, deren Ziel es ist Rechtgläubigkeit zu garantieren, sondern "Denken und theologische Reflektion im Dialog zu fördern". Diese beiden Dokumente sind in Bezug auf ihr lehramtliches Gewicht ganz klar nicht gleichwertig.



Viertens: während wahr ist, daß die zustimmende Annahme eines Dokumentes kein zuverlässiger
Indikator dafür ist, ob es falsche Vorschläge enthält, oder nicht, hat seine Annahme sicher keine
Bedeutung, wenn wir über legislative Dokumente sprechen, die erfordern, daß der Klerus positiv
etwas tut. Humanae Vitae ist ein lehramtliches Dokument, das etwas bekräftigt, das die Kirche glaubt
Fiducia Supplicans ist ein pastorale Dokument, das den Klerus .auffordert, bestimmte Handlungen
auszuführen. Im letzteren Fall ist die Rezeption wichtig, weil ein legislativer Akt nicht auferlegt
werden kann und ausgeführt werden kann, wenn er abgelehnt wird - und wenn er nicht eingeführt
werden kann, ist es kein guter legislativer Akt. Jeder, der je Jura studiert hat, weiß, daß es zu den
Grundmerkmalen eines guten Gesetzes gehört, daß es durchsetzbar ist. In der Kirche ist ein
Gesetz, das von einer beträchtlichen Zahl von Bischöfen nicht umgesetzt wird, nicht durchsetzbar und
daher kein gutes Gesetz.

Der große Dominikanische Theologe Thomas von Cajetan hat diesen Aspekt des Rechtes in seiner 
"Apologia de comparata auctoritatis papae et concilii "("Apologie der Macht des Papstes im Vergleich zu der des Konzils")  von 1514 kommentiert. Während er zugibt, daß der Papst die Autorität besitzt, jedes Gesetz zu erlassen, das er will, unterscheidet Cajetan zwischen der Promulgierung eines Gesetzes und der Stabilität des Gesetzes. Ersteres beruht darauf, daß er von einem autoritativen Gesetzgeber formuliert wird (Papst, Kirche etc.) Letzteres wegen seiner friedlichen Akzeptanz durch diejenigen, 
die es binden soll. Cajetan erörtert hier den Stellenwert der Zustimmung im im Kirchenrecht und meint, daß die Einwilligung auf die Stabilität aber nicht auf die Verkündigung Einfluss hat

Wenn Gesetze bei ihrer Verkündung eingeführt werden, erlässt der Papst das Gesetz, indem er es der gesamten Kirche verkündet, ohne deren Zustimmung. Deshalb kann er allein ein Gesetz darüber erlassen. Stabilität hängt jedoch von der Zustimmung derjenigen ab, die sie befolgen, und zwar nicht aus Gründen der Autorität, sondern aufgrund der Ausführung. Dies wird durch die Tatsache bewiesen, daß sogar ein Dekret eines gesamten ökumenischen Konzils durch die Zustimmung derjenigen, die es befolgen, bestätigt wird, so daß es nicht bindend ist, wenn es durch die abweichende Meinung derjenigen, die es nicht befolgen, geschwächt wird ... Es entsteht Instabilität der Gesetze aus dem Widerspruch derer, die sie nicht befolgen, sogar von den Gesetzgebern selbst, die sich negativ äußern, insofern sie verschleiern, daß sie [im Widerspruch zu ihnen stehende Praktiken] tolerieren und stillschweigend widerrufen, was sie getan haben. Zu Recht, denn in Erit heißt es, " Ein Gesetz. [Dez. 4, c. 2] sollte zum Land, zum Ort und zur Zeit passen.

Solche Promulgierungen, wenn ihnen widerstanden wird, können nicht gleichermassen erzwungen werden und bauen die Kirche nicht auf,  was der Sinn kirchlicher Gesetze ist. Cajetan schließt deshalb, daß so  teilweise aufgezwungene Gesetze "nicht zweckdienlich sind."

Es ist deshalb garantiert, daß der Papst auf Grund seiner Autorität und seiner Macht einen Akt der
Jurisdiktion ausübt, sogar gegen den Willen der restlichen Kirche, aber er sollte nicht erlassen werden, wenn er nicht erbaulich ist.

Ich stelle fest, daß Fiducia Suppplicans kein "Gesetz" ist und das soll nicht heißen. daß Kirchengesetze nur durch die Zustimmung der Kirche oder so etwas gültig werden. Aber es soll heißen, daß wie ein Text angenommen wird, wichtig ist. Es ist nicht irrelevant, wie eine Promulgierung akzeptiert wird, besonders eine, die von den Empfängern bestimmte Handlungen erdordert. Der weise Gesetzgeber promulgiert Gesetze, von denen er weiß, daß sie durch eine friedliche Annahme durchgesetzt werden können und gibt dem Recht so Stabilität, wie Cajetan sagt, Wenn große Gruppen der Kirche einen Teil der Gesetzgebung ablehnen, schafft das "Rechtsunsicherheit", die die Kirche nicht aufbauen kann und deshalb "nicht  zwekmässig".Also können wir nicht sagen, daß die Akzeptanz durch den Episkopat für diese Art der Promulgierung einfach nur irrelevant ist. Sie ist sehr wichtig.   

Füntens. Kardinal Fernandez hat vor kurzem  die weltweite Zurückhaltung bei der Annahme von Fiducia Supplicans und erklärte, daß „es für jeden Ortsbischof angemessen ist, eine Entscheidung darüber zu treffen“, ob er den neuen, durch die Erklärung genehmigten Segen erteilen möchte. Paul VI. bot dagegen keinen solchen Raum für Humanae Vitae und sagte den Bischöfen: "Es ist von größter Bedeutung, daß sowohl in der Moral- als auch in der Dogmatischen heologie alle dem Lehramt der Kirche gehorchen und wie mit einer Stimme sprechen.“ (HV, 28) . Es ist klar, daß Paul VI. Auf einem gewissen Grad an einheitlicher Akzeptanz von Humanae Vitae bestand, daß Fernandez nicht für Fiducia Supplicans ist, sonst würde er nie behaupten, daß es „für jeden Ortsbischof angemessen“ sei, zu entscheiden, wie er es anwendet

Das Ding muss durchgefochten werden!

Der Papsterklärer könnte sagen: "Sehr wahr, aber nichts davon ist relevant, denn am Ende wurden sowohl Humanae Vitae als auch Fiducia Supplicans abgelehnt, und das ist alles, was zählt.“ Ich bin mir sicher, daß sie wahrscheinlich glauben, daß dieses Argument ein Gnadenstoß ist, aber es ist nicht der Sieg, den sie denken. Indem er so argumentiert, offenbart der Papsterklärer, daß es für ihn nur auf rohen Gehorsam ankommt; Der Inhalt der Dokumente ist völlig irrelevant. Er kümmert sich weder um Tradition noch um logische Kontinuität mit früheren Aussagen; Alles, was ihn interessiert, ist, daß der Papst im laufenden Jahr das Eine sagt, und dieses Eine muss mit der unerschütterlichen geistigen Ehrerbietung eines Kreuzzugs-Eiferers angenommen werden. Hätte Humanae Vitae von Papst Paul die kirchliche Praxis dadurch verändert, daß sie die Definition sexueller Aktivität "erweitert“ hätte, wären sie auch dafür Apologeten gewesen. Sie applaudieren Paul VI. und Franziskus, nicht weil sie das Richtige getan haben, sondern weil sie eine Sache gesagt haben, und diese Sache muss durchgefochten werden!

Im Gegensatz zu Humanae Vitae stößt Fiducia Supplicans wegen seiner Neuheit und nicht wegen seiner Orthodoxie auf Widerstand. Im Gegensatz zu Humanae Vitae wird es von den Progressiven und nicht von den Orthodoxen vertreten. Ihm fehlt das maßgebliche Gewicht von Humanae Vitae und es handelt sich um ein ganz anderes Dokument. Fernandez selbst hat zugegeben, daß Bischöfe bei der Anwendung dieses Grundsatzes Urteilsvermögen walten lassen können, ein Spielraum, den Paul VI. bei Humanae Vitae nie eingeräumt hat. Und im Gegensatz zu den Lehrbekenntnissen von Humanae Vitae stellt Fiducia Supplicans sehr praktische Anforderungen an den Klerus.

Ich habe mit diesem Artikel nicht versucht, eine konkrete Sicht auf Fiducia Supplicans darzulegen, geschweige denn eine Vorgehensweise zu befürworten. Ich beharre lediglich darauf, daß es nicht mit Humanae Vitae vergleichbar ist und daß das Beharren auf etwas anderem eine unangemessene Betonung auf bloßem Gehorsam legt, der rücksichtslos von jeder Art von Urteilsvermögen oder theologischem Kontext losgelöst ist."

Quelle: Unam Sanctam

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