kathnet veröffentlicht die vom Vatican bekannt gegebenen Normen zur Beurteilung übernatürlicher Phänomene.Hier geht s zum Original: klicken
"VATICAN VERÖFFENTLICHT DIE NORMEN ZUR BEURTEILUNG MUTMASSLICHER ÜBERNATÜRLICHER PHÄNOMENE"
Das "Wirken des Heiligen Geistes schließt auch die Möglichkeit ein, unsere Herzen durch bestimmte übernatürliche Ereignisse zu erreichen, wie Erscheinungen oder Visionen von Christus oder der Heiligen Jungfrau und andere Phänomene"
Der Vatikan hat die "Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene" veröffentlicht.
Präsentation
Im Hören auf den Geist, der im gläubigen Volk Gottes wirkt
Gott ist gegenwärtig und handelt in unserer Geschichte. Der Heilige Geist, der dem Herzen des auferstandenen Christus entspringt, wirkt in der Kirche mit göttlicher Freiheit und gewährt uns viele kostbare Gaben, die uns auf unserem Lebensweg helfen und unser geistliches Reifen in Treue zum Evangelium fördern. Dieses Wirken des Heiligen Geistes schließt auch die Möglichkeit ein, unsere Herzen durch bestimmte übernatürliche Ereignisse zu erreichen, wie Erscheinungen oder Visionen von Christus oder der Heiligen Jungfrau und andere Phänomene.
Oft haben diese Ereignisse einen großen Reichtum an geistlichen Früchten, an Wachstum im Glauben, an Frömmigkeit und Geschwisterlichkeit und Dienstbereitschaft hervorgebracht und in einigen Fällen sind dadurch verschiedene Wallfahrtsorte über die ganze Welt verstreut entstanden, die heute zu einem Kernteil der Volksfrömmigkeit vieler Völker geworden sind. Es gibt so viel Leben und Schönheit, die der Herr jenseits unserer gedanklichen Schemata und Verfahrensweisen sät! Aus diesem Grund sind die Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene, die wir jetzt vorstellen, nicht unbedingt als Kontrolle gedacht und noch weniger als Versuch, den Geist auszulöschen. In den positivsten Fällen von Ereignissen mutmaßlichen übernatürlichen Ursprungs wird nämlich „der Diözesanbischof ermutigt, den pastoralen Wert dieses spirituellen Angebots zu schätzen und auch dessen Verbreitung zu fördern“ (I, Nr. 17).
Hl. Johannes vom Kreuz stellte fest, „wie unzulänglich und unzureichend und in gewisser Weise ungeeignet alle Ausdrücke und Worte sind, mit denen man in diesem Leben von den göttlichen Dingen spricht“[1]. Niemand kann die unergründlichen Wege Gottes in den Menschen vollständig ausdrücken: „Daraus ergibt sich, dass die heiligen Kirchenlehrer, auch wenn sie noch so viel sagen oder noch mehr sagen würden, dies doch nie mit Worten zu Ende erklären können, genauso wenig wie es mit Worten gesagt werden konnte“[2]. Weil „dieser Weg, zu Gott zu gehen, so geheim und verdeckt ist für den Sinn der menschlichen Seele, wie es eine Straße durchs Meer für die Sinne des Leibes ist, deren Pfade und Spuren man nicht verfolgen kann“[3]. In der Tat: „Er ist der übernatürliche Baumeister, der ungezwungen in jeder Seele ein Gebäude aufführen wird, so wie es ihm gefällt“[4].
Gleichzeitig muss anerkannt werden, dass in einigen Fällen von Ereignissen, die mutmaßlichen übernatürlichen Ursprungs sind, sehr ernste Probleme zum Schaden der Gläubigen auftreten, und in diesen Fällen muss die Kirche mit all ihrer pastoralen Fürsorge handeln. Ich beziehe mich zum Beispiel auf den Gebrauch solcher Phänomene zur Erlangung von „Profit, Macht, Ruhm, sozialer Berühmtheit, persönlichen Interessen“ (II, Art. 15, 4°), was sogar so weit gehen kann, dass die Möglichkeit besteht, schwerwiegende unmoralische Handlungen zu begehen (vgl. II, Art. 15, 5°) oder sogar „als Mittel oder Vorwand, um Menschen zu beherrschen oder Missbrauch zu begehen“ (II, Art. 16).
Man darf auch nicht außer Acht lassen, dass es bei solchen Ereignissen zu Irrtümern in der Glaubenslehre, zu einer unangemessenen Verkürzung der Botschaft des Evangeliums, zur Verbreitung eines sektiererischen Geistes usw. kommen kann. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, dass die Gläubigen in den Bann eines einer göttlichen Initiative zugeschrieben Ereignisses geraten, das aber lediglich Frucht der Phantasie, des Strebens nach etwas Neuem, der Mythomanie oder der Neigung zur Verfälschung ist.
Die Kirche braucht daher für ihre Unterscheidung in diesem Bereich klare Verfahren. Die bis heute gültigen Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher Erscheinungen und Offenbarungen wurden 1978, also vor mehr als vierzig Jahren, vom Hl. Paul VI. in forma reservata verabschiedet und erst 33 Jahre später, im Jahre 2011, offiziell veröffentlicht.
Die vorliegende Überarbeitung
Beim Anwenden der Normen von 1978 wurde jedoch festgestellt, dass die Entscheidungen sehr lange dauerten, sogar mehrere Jahrzehnte, und dass auf diese Weise die notwendige kirchliche Unterscheidung zu spät kam.
Ihre Überarbeitung begann 2019 im Rahmen der verschiedenen von der damaligen Glaubenskongregation vorgesehenen Konsultationen (Kongress, Konsultorenversammlung, Feria IV und Plenaria). Im Laufe dieser fünf Jahren wurden mehrere Revisionsvorschläge ausgearbeitet, die jedoch alle als unzureichend beurteilt wurden.
Der Kongress des Dikasteriums vom 16. November 2023 erkannte schließlich die Notwendigkeit einer umfassenden und radikalen Überarbeitung des bis dahin ausgearbeiteten Konzepts und es wurde ein neuer Entwurf des Dokuments erstellt, der völlig neu im Sinne einer größeren Klarheit bezüglich der Rollen des Diözesanbischofs und des Dikasteriums gedacht wurde.
Der neue Entwurf wurde am 4. März 2024 einer kleinbesetzten Konsultorenversammlung vorgelegt, bei der die allgemeine Beurteilung positiv ausfiel, wobei dennoch einige Anmerkungen zur Verbesserung gemacht wurden, die in den nachfolgenden Entwurf des Dokuments Aufnahme fanden.
Der Text wurde dann der Feria IV des Dikasteriums am 17. April 2024 vorgelegt, bei der die Mitglieder, Kardinäle- und Bischöfe, ihre Zustimmung gaben. Schließlich wurden die neuen Normen am 4. Mai 2024 dem Heiligen Vater vorgelegt, der sie approbiert und ihre Veröffentlichung sowie ihr Inkrafttreten für den 19. Mai 2024, dem Hohen Pfingstfest, angeordnet hat.
Gründe für die Neufassung der Normen
Im Vorwort zur Veröffentlichung der Normen von 1978, geschehen im Jahr 2011, stellte der damalige Präfekt, Kard. William Levada, klar, dass dasselbe Dikasterium für die Untersuchung von Fällen von „Erscheinungen, Visionen und Botschaften, denen ein übernatürlicher Ursprung zugeschrieben wird“ zuständig sei. In diesen Normen heißt es nämlich, dass es „der Hl. Kongregation zu[kommt], die Vorgehensweise des Ordinarius zu prüfen und zu billigen“ oder „eine neue Untersuchung […] einzuleiten“ (IV, 2).
In der Vergangenheit schien der Heilige Stuhl Aussagen von Bischöfen wie diese zu akzeptieren: „les fidèles sont fondés à la croire indubitable et certaine“ (Dekret des Bischofs von Grenoble, 19. September 1851), „Die Realität des Tränenflusses kann nicht bezweifelt werden“ (Bischöfe von Sizilien, 12. Dezember 1953). Diese Äußerungen standen jedoch im Widerspruch zu der Überzeugung der Kirche, dass die Gläubigen nicht verpflichtet sind, die Echtheit dieser Ereignisse zu akzeptieren. Daher stellte das Heilige Offizium einige Monate nach diesem letzten Fall klar, dass es „noch keine Entscheidung bezüglich der Madonnina delle Lacrime [Syrakus/Sizilien] getroffen hat“ (2. Oktober 1954). Des Weiteren, in jüngerer Zeit erklärte die damalige Kongregation für die Glaubenslehre unter Bezugnahme auf den Fall (der Erscheinungen von) Fatima, dass die kirchliche Anerkennung einer Privatoffenbarung hervorhebt: „Die betreffende Botschaft enthält nichts, was dem Glauben und den guten Sitten entgegensteht“ (26. Juni 2000).
Trotz dieser klaren Stellungnahme waren die vom Dikasterium selbst in jüngster Zeit angewandten Verfahren de facto auf eine Erklärung der „Übernatürlichkeit“ oder „Nicht-Übernatürlichkeit“ seitens des Bischofs ausgerichtet, so dass einige Bischöfe auf der Möglichkeit bestanden, eine solche positive Erklärung abzugeben. Sogar in jüngster Zeit wollten sich einige Bischöfe in Worten wie diesen ausdrücken: „Ich stelle die absolute Wahrheit der Tatsachen fest“, „die Gläubigen müssen zweifellos als wahr ansehen...“, usw. Diese Ausdrücke verleiteten die Gläubigen in der Tat zu der Annahme, sie seien verpflichtet, an diese Erscheinungen zu glauben, die manchmal mehr geschätzt wurden als das Evangelium selbst.
Bei der Behandlung solcher Fälle und insbesondere bei der Abfassung einer Verlautbarung gingen einige Bischöfe dazu über, das Dikasterium vorab um die erforderliche Genehmigung zu bitten. Wenn sie dazu autorisiert wurden, waren die Bischöfe jedoch gebeten, das Dikasterium in der Verlautbarung nicht zu nennen. Dies war zum Beispiel in den wenigen Fällen der Fall, die in den letzten Jahrzehnten zu einem Ergebnis geführt haben: „Sans impliquer notre Congrégation“ (Brief an den Bischof von Gap, 3. August 2007); „Das Dikasterium sollte nicht in eine solche Erklärung einbezogen werden“ (Kongress vom 11. Mai 2001, betreffend den Bischof von Gikongoro). Das heißt, der Bischof war nicht autorisiert zu erwähnen, dass eine Genehmigung des Dikasteriums vorlag. Gleichzeitig baten einige andere Bischöfe, deren Diözesen ebenfalls von diesen Phänomenen betroffen waren, das Dikasterium um eine Stellungnahme, um mehr Klarheit zu erlangen.
Diese besondere Vorgehensweise, die nicht wenig Verwirrung gestiftet hat, hilft zu verstehen, dass die Normen von 1978 nicht mehr ausreichend und angemessen sind, um die Arbeit sowohl der Bischöfe als auch des Dikasteriums zu leiten, und dies wird heute noch problematischer, da es schwierig ist, dass ein Phänomen auf eine Stadt oder eine Diözese begrenzt bleibt. Diese Feststellung war bereits in der damaligen Glaubenskongregation während der Vollversammlung von 1974 gemacht worden, als die Mitglieder anerkannten, dass ein Ereignis angeblich übernatürlichen Ursprungs oft „unvermeidlich die Grenzen einer Diözese und sogar einer Nation überschreitet und [...] der Fall automatisch Ausmaße erreicht, die ein Eingreifen der höchsten Autorität der Kirche rechtfertigen können“. Gleichzeitig räumten die Normen von 1978 ein, dass es „schwieriger, wenn nicht fast unmöglich [wurde], mit der gebotenen Schnelligkeit jenes Urteil zu fällen, das in der Vergangenheit die Untersuchungen zur Sache abgeschlossen hat (constat de supernaturalitate, non constat de supernaturalitate)“ (Normen von 1978, Vorbemerkung).
Die Erwartung einer Erklärung über die Übernatürlichkeit eines Ereignisses hat dazu geführt, dass nur in sehr wenigen Fällen eine klare Entscheidung getroffen wurde. In der Tat wurden nach 1950 nicht mehr als sechs Fälle offiziell geklärt, obwohl die Phänomene oft ohne klare Anleitung und unter Beteiligung von Menschen aus vielen Diözesen zunahmen. Es ist daher anzunehmen, dass viele andere Fälle anders oder gar nicht behandelt wurden.
Um die Lösung eines konkreten Falles, bei dem es um ein Ereignis mutmaßlichen übernatürlichen Ursprungs ging, nicht länger hinauszuzögern, hat das Dikasterium dem Heiligen Vater kürzlich vorgeschlagen, die entsprechende Untersuchung nicht mit einer Erklärung de supernaturalitate, sondern mit einem Nihil obstat abzuschließen, das dem Bischof gestatten würde, aus diesem geistlichen Phänomen pastoralen Nutzen zu ziehen. Diese Erklärung wurde abgegeben, nachdem die verschiedenen geistlichen und pastoralen Früchte und das Fehlen größerer Kritikpunkte an diesem Ereignis bewertet worden waren. Der Heilige Vater betrachtete diesen Vorschlag als eine „gerechte Lösung“.
Neue Aspekte
Die oben genannten Elemente haben uns dazu veranlasst, mit den neuen Normen ein anderes, aber auch ein reichhaltigeres Verfahren als in der Vergangenheit vorzuschlagen, und zwar mit sechs möglichen prudenziellen Schlussfolgerungen, die die Seelsorge im Zusammenhang mit Ereignissen mutmaßlich übernatürlichen Ursprungs orientieren können (vgl. I, Nrn. 17–22). Der Vorschlag dieser sechs endgültigen Festlegungen ermöglicht es dem Dikasterium und den Bischöfen, die Probleme der sehr unterschiedlichen Fälle, von denen sie Kenntnis haben, angemessen zu behandeln.
Diese möglichen Schlussfolgerungen beinhalten normalerweise keine Erklärung über die Übernatürlichkeit des zu beurteilenden Phänomens, d. h. die Möglichkeit, mit moralischer Gewissheit zu bejahen, dass dies auf eine Entscheidung Gottes zurückgeht, der es direkt gewollt hat. Stattdessen bedeutet die Gewährung eines Nihil obstat lediglich, wie Papst Benedikt XVI. bereits erläuterte, dass es Gläubigen in Bezug auf dieses Phänomen „gestattet [ist], ih[m] in kluger Weise ihre Zustimmung zu schenken“. Da es sich nicht um eine Erklärung über die Übernatürlichkeit der Tatsachen handelt, wird noch deutlicher, wie auch Papst Benedikt XVI. sagte, dass es sich nur um eine Hilfe handelt, „von der man nicht Gebrauch machen muß“[5]. Auf der anderen Seite lässt diese Intervention natürlich die Möglichkeit offen, dass unter Berücksichtigung der (nachfolgenden) Entwicklung der (Devotion), in Zukunft eine andere Intervention notwendig sein könnte.
Es sei auch darauf hingewiesen, dass das Erreichen einer Feststellung der „Übernatürlichkeit“ naturgemäß nicht nur eine entsprechende Zeit für die Prüfung erfordert, sondern auch dazu führen kann, dass man heute ein Urteil über die „Übernatürlichkeit“ und Jahre später ein Urteil über die „Nicht-Übernatürlichkeit“ fällt, wie es in der Tat geschehen ist. Es sei an einen Fall von angeblichen Erscheinungen aus den 1950er Jahren erinnert, bei dem der Bischof 1956 ein endgültiges Urteil über die „Nicht-Übernatürlichkeit“ abgab. Im folgenden Jahr approbierte das damalige Heilige Offizium die Maßnahmen dieses Bischofs. Danach wurde die Approbation für diese Verehrung erneut beantragt, worauf 1974 die Kongregation für die Glaubenslehre nochmals in Bezug auf dieselben mutmaßlichen Erscheinungen erklärte: constat de non supernaturalitate. 1996 erkannte daraufhin der Ortsbischof die Verehrung an, und ein anderer Bischof, desselben Diözese, erkannte 2002 den „übernatürlichen Ursprung“ der Erscheinungen an, und die Verehrung verbreitete sich in anderen Ländern. Auf Ersuchen der damaligen Kongregation für die Glaubenslehre bekräftigte schließlich im Jahr 2020 ein neuer Bischof „das negative Urteil“, das zuvor von derselben Kongregation gefällt worden war, und ordnete an, dass jegliche Verbreitung der mutmaßlichen Erscheinungen und Offenbarungen eingestellt werden müsse. Es dauerte also etwa siebzig quälende Jahre, bis die ganze Angelegenheit abgeschlossen war."
Quelle kathnet
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