Montag, 5. Mai 2025

Die Kirche vor dem Konklave...

In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican befaßt siuch A. Gagliarducci mit dem Verlauf des Konklaves und den Anforderungen an das neue Pontifikat. 
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 EINE KIRCHE DIE NACH PAPST FRANZISKUS WIEDER AUFGEBAUT WERDEN MUSS?

"Das einzig sichere in den Tagen nach dem Tod von Papst Franziskus ist Unsicherheit. Mit seiner Kirche-als Feldlazarett und seiner persönlichen-personalistischen Modus -im politischen Sinn- die Kirche zu regieren hat Franziskus viele Dinge im unklar, verworren und als Diskussionsthema hinterlassen. Mt einem Wort: die "Franziskus-Art zu handeln hat zu Spaltung geführt. 

Das ist das Erbe von Papst Franziskus. das über den Kardinälen hängt, die dabei sind sin, sich zum Konklave zu versammeln, um seinen Nachfolger zu wählen. 

Auf praktischer Ebene – wenn auch mit anschaulicher Kraft und weitreichenden Auswirkungen – haben die Kardinäle bereits zwei wichtige Fragen zum Konklave geklärt: Ob die Obergrenze von 120 Wählern angesichts der aktuellen Zahl von 133 wahlberechtigten Kardinälen als aufgehoben gilt; ob der in Ungnade gefallene Kardinal Angelo Becciu stimmberechtigt war.

Für ersten Fall war ein Reskript vorbereitet, aber nie veröffentlicht worden, das von der Regel abwich. Einerseits legt die Konstitution „Universi Dominici Gregis“, die das Konklave regelt, die Obergrenze von 120 Wahlmännern fest, andererseits erklärt sie, dass alle vom Papst formell ernannten Kardinäle im Konklave stimmberechtigt sind. Mit anderen Worten: Das Gesetz sieht vor, dass so viele Kardinäle wahlberechtigt sind, wie der Papst mit den Voraussetzungen zur Teilnahme ernannt hat.

Im Fall von Kardinal Becciu ist die Angelegenheit komplexer.

Becciu hatte auf seine Kardinalsrechte verzichtet und Papst Franziskus seine Entscheidung nach einer dramatischen persönlichen Auseinandersetzung mitgeteilt, in der der Papst ihm mitgeteilt hatte, dass er kein Vertrauen mehr in ihn habe. Es war der 24. September 2020. Becciu hatte nie ein Rücktrittsschreiben unterzeichnet, doch die Annahme seines Rücktritts und des Verzichts auf die „Rechte und Privilegien“ des Kardinalsrangs erfolgte noch am selben Abend durch ein Kommuniqué des Pressebüros des Heiligen Stuhls.

Ab 2022 wurde Becciu dennoch vom Papst eingeladen, an Konsistorien und verschiedenen anderen öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Er hatte dies stets als Kardinal getan und saß mit allen Insignien seiner offiziellen Würde da. Der Papst hatte ihm mitgeteilt, er werde die Angelegenheit dann regeln. Dies tat er in zwei nie veröffentlichten Briefen, einem aus den Jahren 2023 und 2025. Beide waren am Ende eines Krankenhausaufenthalts des Papstes mit einem F unterzeichnet. Becciu war jedoch nie über diese Dokumente informiert worden.

Angesichts der Zusicherungen des Papstes und der Tatsache, dass es keine schriftlichen Bestimmungen über ihn gab, nahm Becciu an den ersten Generalkongregationen teil. Der Camerlengo, Kardinal Kevin Farrell, teilte Becciu mit, der verstorbene Papst habe gewünscht, dass er nicht abstimmte. Becciu sagte, es gebe nichts Schriftliches zu diesem Thema. An diesem Punkt – es war der dritte Tag der Kongregation – gab Kardinal Parolin die Briefe bekannt.

Angesichts der Entscheidung des Papstes und der Ungewissheit über die darauffolgende Entscheidung liegt die Entscheidung beim nächsten Papst. Außer dem Papst konnte niemand über Becciu entscheiden, und der Papst ist vorerst tot

Becciu geriet daher zunehmend in Isolation. Mehrere Kardinäle wollten die Becciu-Frage nicht länger auf sich beruhen lassen und sich stattdessen auf die Papstwahl konzentrieren. Schließlich beschloss Becciu – zum Wohle der Kirche –, die ganze Angelegenheit auszusitzen und so eine Verschärfung der Spaltungen zu vermeiden.


Das Kardinalskollegium bestätigte die Entscheidung in einer Mitteilung, die es sorgfältig vermied, eine Stellungnahme zu der Angelegenheit abzugeben, aber dennoch den Wunsch nach „Aufklärung der Fakten“ bezüglich des vatikanischen Prozesses äußerte, für den der Kardinal zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt wurde.

Der Hinweis auf den Prozess ist eine Warnung. Formal gesehen ist die Anklage nicht das Problem. Becciu hätte zwar im dritten Grad schuldig gesprochen werden können, hätte aber sein Wahlrecht nicht verloren. Warum die Fragen eines Strafprozesses mit denen des kirchenrechtlichen Konklaves vermischen?

Warum Kirchenrecht und Strafrecht vermischen?

Zwölf Jahre Papst Franziskus haben all dieses zur Folge. Rechtsunsicherheit schafft Spaltung. Die Erklärung der Kardinäle belegt jedoch, dass sie selbst entweder die Nuancen der Sachlage nicht verstehen oder einem solchen Druck ausgesetzt sind, dass sie diesen Details keine Beachtung schenken. Tatsächlich schließen sich diese beiden Dinge nicht gegenseitig aus.

Kardinal Parolin beispielsweise verhielt sich weiterhin, als wäre er noch immer Staatssekretär, obwohl sein Mandat mit dem Tod von Papst Franziskus erloschen war.

Als die Staats- und Regierungschefs der Welt zur Beerdigung von Papst Franziskus eintrafen, war Parolin anwesend, um sie an der Tür des Gebetes zu begrüßen. Nicht als Prodekan des Kardinalskollegiums, wie Kardinal Sodano es 2005 war. Nicht einmal als dessen Stellvertreter. Parolin traf daraufhin sogar bilateral mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Konkordatssaal des Staatssekretariats zusammen, den er eigentlich nicht nutzen sollte, da er eben sein Amt als Staatssekretär niedergelegt hatte.

Die Situation wurde später geklärt. Als der türkische Präsident Erdoğan am 29. April in den Vatikan kam, traf er nicht – wie geplant – Parolin, sondern Kardinal Farrell, den Camerlengo.

Die Rolle des Camerlengos sollte jedoch ebenfalls neu definiert werden. Der Apostolischen Kamera beraubt, die dem Amt die gesamte rechtliche und administrative Unterstützung gewährte, verfügt Farrell nun über Befugnisse, die, so konzentriert sie auch sein mögen, über die bloßen Zuständigkeiten in Bezug auf die weltlichen Güter der Kirche hinausgehen. Kurz gesagt ist der Camerlengo in der Reform von Papst Franziskus zu einer Art Dominus geworden, während die Kollegialität, die die Leitung der Kirche in Zeiten der Vakanz stets charakterisiert hatte, verloren gegangen ist.

Auch der Umgang mit dem Fall Becciu ist fragwürdig. Warum legte Parolin Becciu die Briefe des Papstes nicht in einem privaten Gespräch mit dem Camerlengo und dem Dekan des Kardinalskollegiums vor, um das weitere Vorgehen zu besprechen? Warum geschah dies nicht vor den Generalkongregationen, um langwierige Diskussionen unter den Kardinälen zu vermeiden?

Zwischenzeitlich scheint alles eher … leichtfertig gehandhabt worden zu sein. Selbst die Bekanntgabe des Todes des Papstes erfolgte ohne den Dekan des Kardinalskollegiums, der für die Bekanntgabe zuständig ist, und unter anderem ohne dass jemand zumindest eine Spange trug.

Die Manöver des Konklaves spiegeln sich auch in anderen Details wider. Parolins Unterstützer weisen darauf hin, dass Parolin das Pontifikat von Franziskus mehr erduldete, als er es wünschte oder unterstützte, und dass die Briefe über Becciu vertraulich behandelt wurden, um den in Ungnade gefallenen Kardinal zu schützen. Dadurch blieb die Tür für eine Rehabilitierung durch den Papst offen oder zumindest unverschlossen.

Eine Rehabilitierung fand nicht statt.

Andererseits wird Parolin vorgeworfen, sich intransparent verhalten, den Willen des Papstes auch nach dessen Tod unhaltbar umgesetzt und sich formale Freiheiten genommen zu haben, die er sich nicht hätte nehmen dürfen.

Es ist schwer zu verstehen, wo die Wahrheit liegt.

Es gibt ohnehin eine Kampagne, um Parolins Kandidatur zu untergraben. Das Gerücht über Parolins Besuch im Gemelli-Krankenhaus am 30. April wegen einer Blutdruckkrise machte zwar die Runde, entsprach aber nicht der Wahrheit.

Aber jetzt kann alles Teil eines Manövers sein, und jedes Gerücht muss vollständig verstanden und abgewogen werden. Parolin tritt mit einem beträchtlichen Stimmenpaket an, aber es ist nicht selbstverständlich, dass er Papst wird. Und dann gibt es da noch die üblichen Außenseiter. Die Kardinäle äußern sich derweil kritisch zum verstorbenen Papst. Einer von ihnen ging Berichten zufolge sogar so weit zu sagen, Synodalität sei eine Art Diktatur des Volkes, die den Bischofsrat faktisch beschneide.

Ein anderer, Kardinal Beniamino Stella, kritisierte die Entscheidung von Papst Franziskus, die kirchliche Leitungsgewalt von den heiligen Weihen zu trennen und alles an die Person des Papstes zu knüpfen.

Auch die Finanzen werden diskutiert, doch viele Kardinäle warten darauf, ernsthaft über den Glauben und die Hilfe für die katholische Kirche zu sprechen. Kurz gesagt: Das Feld ist weit offen. Viele Namen werden diskutiert: Grech als Bannerträger der Progressiven, Erdö für die Konservativen, Pizzaballa und Cristobal López für die Zentristen und Arborelius als überraschende zweite Wahl der Konservativen.

Doch wer wird die Kraft haben, in die Kurie einzudringen und das Feldlazarett abzubauen, damit an seiner Stelle etwas Dauerhaftes errichtet werden kann? Wer wird den Mut haben, die toten Zweige der Macht abzuschneiden, die sich unter dem Pontifikat fortbestehen?

Dieses Konklave scheint eher ein Konklave der Vermittlung als der Prophezeiung zu sein, aber es sollte ein Konklave des Mutes sein."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican

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