Montag, 12. Mai 2025

Ein neues Kapitel beginnt.

In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican kommentiert A. Gagliarducci die Papstwahl. Hier geht´s zum Original:  klicken

LEO XIV DER PAPST DER BERUFEN IST,  EINHEIT ZU BRINGEN
Zum ersten mal in der Geschichte hat eine neuer Papst, der seine ersten Worte als Papst als einen geschriebenen TExt gelesen hat. Leo XIV hat sich der Welt sichtlich bewegt präsentiert, den Text vorgelesen, den er voller Bezüge zum Kreuz vorberietet hatte undhat erklärt, wer er ist und etwas, von dem , was er -wenigstens- tun möchte. 

Der erste Papst der Geschichte aus den Vereiniten Staaten ist Robert Francis Prevost. Er ist 69 Jahre alt, Augustianer und war nur 2 Jahre im Vatican.

Der Mann, der Donnerstag Papst Leo XIV wurde, war Missionar in Peru gewesen, später Bischof von Chiclayo im selben Land. Davor war er Superior der in Rom beheimateten Augustiner. Er besitzt eine solide Bildung, Abschlüsse in Mathematik und Philosophie, und ist Fachmann für Kanonisches Recht. 

Außerdem ist er ein Mann dreier Welten. 

Als die Kardinäle Papst Franziskus wählten, erteilten sie ihm den Auftrag, die Kurie zu reformieren. Es gibt noch viel zu reformieren – vielleicht sogar mehr als bei Franziskus‘ Amtsantritt 2013 –, doch als die Kardinäle Leo XIV. wählten, erteilten sie ihm den Auftrag, Einheit zu schaffen. Kardinal Giovan Battista Re erläuterte dies in der Missa Pro Eligendo Romano Pontifice, mit der das Konklave eröffnet wurde

Res Pro-eligendo-Predigt enthielt kein Wort, kein Zitat, nicht einmal eine beiläufige Erwähnung von Papst Franziskus. Das war bereits ein Zeichen dafür, dass die Kardinäle beschlossen hatten, geschlossen ein neues Kapitel aufzuschlagen. Die „franziskanischen“ Kandidaten konnten sich nie durchsetzen, vor allem weil der liberale Flügel in sich gespalten war. Alle ihre potenziellen Kandidaten schmolzen wie Schnee in der Sonne. Die schweigende Mehrheit der Kardinäle aus Asien und Afrika, die in Medienumfragen oft ignoriert wurde, organisierte sich, um die Kirche jenseits von Franziskus zu betrachten.

Papst Franziskus´ „Wächter der Revolution“  hinterließen Botschaften in den Medien und den Predigten der Novemdiales, der Messen während der neuntägigen offiziellen Trauer: „Es gibt kein Zurück von den Reformen von Papst Franziskus; lasst uns versuchen, das Erbe von Papst Franziskus nicht zu verlieren; usw. Diese Botschaften erscheinen nun als verzweifelte Versuche, eine Welle aufzuhalten, die sich bereits in eine andere Richtung bewegt.“



Auch wenn es vielleicht übertrieben ist zu behaupten, Prevost sei bereits Papst, als er das Konklave betrat, wurde er doch mit großer Geschwindigkeit gewählt. Seine Präsenz, seine Vorgehensweise und sogar sein Eingreifen hatten sozusagen einen Schalter umgelegt. Die Mehrheit der Kardinäle konzentrierte sich fast sofort auf ihn.

Der Kandidat der Gegenseite stammte von den Philippinen, war aber nicht der philippinische Kardinal, der der Liebling der etablierten Medien war. Der Bannerträger war Kardinal Pablo Virgilio David von Kalookan, Präsident der philippinischen Bischofskonferenz, der mit seiner Rede die Herzen erwärmt hatte.

Als er sein rotes Birett erhielt- das war erst im Dezember des letzten Jahres- sagte David den Gläubigen seiner Diözese, daß er nicht mit diesem Titel angesprochen werden wollte. 

Mit anderen Worten - David wollte kein Franziskus II sein, sondern ein zweiter Franziskus. 

Sogar nur aus diesem Grund, war David niemals ein glaubwürdiger Kandidat. Er war eher ein Kandidat, der wie Papst Franziskus es tat, Herzen erwärmen konnte aber die Kardinäle hielten Ausschau nach einem Regierenden , nicht nach einem cheerleader. 

Das 12-jährige Pontifikat von Papst Franziskus hatte einen Zusammenstoß der Zivilisationen zwischen der Alten Welt, Latein-Amerika zund Nord-Amerika erschaffen. Es war Zeit, die Seite des Franziskus-Ära umzublätter und Prevost war der Mann mit dem Ergebnis, das am besten zum zu vergebenden Job passte. 

Die Alte Welt war von Franziskus ein bißchen desillusioniert, der die Fallen der Tradition besiseite wischte (wenn er sie nicht planierte). Nord-Amerika fühlte isch vom Papst  verachtet, der von den Antipoden kam und Latein-Amerika war von der Tatsache begeistert, daß es der Mittelpunkt der Welt sein konnte, zumindest am Anfang. 

Kurz gesagt: es gab ein extremes Ungleichgewicht. 

Papst Franziskus  hat Rom die lateinamerikanische Mentalität aufgezwungen, nicht ganz unähnlich der Art und Weise, wie westliche Mächte ehemaligen Kolonialgebieten und ihren mit diesen Formen nicht wirklich vertrauten Völkern demokratische Regierungsformen aufzwangen. Es ging darum, einer Welt, die bereits ein anderes Symboluniversum besaß, ein Symboluniversum aufzuzwingen. Seit Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus war die Rede davon, die lateinamerikanische Theologie zu einer Quellentheologie zu machen. Das Thema der Synodalität im lateinamerikanischen Sinne wurde aufgenommen und zu einer Institution, der Welt der Volksbewegungen, transformiert, und auch die Scholas Occurentes wurden ins Rampenlicht, wenn nicht in den Mainstream gerückt.

Diese Welt war nicht nur im Vatikan angekommen, sondern wurde zwangsweise institutionalisiert. Das Ergebnis war völlig auf den Kopf gestellt.

Darüber hinaus war Papst Franziskus’ gesamter Bezugsrahmen von starken Ressentiments gegenüber den Vereinigten Staaten geprägt und blickte mit Angst auf die „Theologie des Wohlstands“, die er in einigen amerikanischen evangelikalen Kreisen aufkommen sah. So berechtigt das Unbehagen gegenüber dem Wohlstandsevangelium, so begründet die Angst vor amerikanischer Hard Power auch gewesen sein mag, die Vermischung beider Welten und die Reduzierung der Vereinigten Staaten auf das eine, das andere oder beides war verheerend.

Prevost trägt alle diese Welten in sich.

Er stammt aus Nordamerika, kennt die Sprache Südamerikas (und er sprach von Synodalität, die als eine Art Zuhören und Teilhabe zu verstehen ist), aber vor allem ist er zutiefst westlich geprägt. Er ist ein Mann Amerikas, das heißt beider Amerikas, aber vor allem ist er ein westlicher Mann.

Kurz gesagt, die Kardinäle sahen in ihm den Mann mit dem nötigen Stammbaum, um Harmonie zu schaffen.

Es ist kein Zufall, dass das Wort „Dialog“ in seiner ersten Rede dreimal erklang, ebenso wenig wie es ein Zufall ist, dass er zu all den päpstlichen Symbolen zurückkehrte, angefangen mit der roten Mozetta, die Papst Franziskus seit seinem ersten Auftritt von der segnenden Loggia abgelehnt hatte.

Leo ist kein Papst des Kompromisses, sondern ein Papst, der zur Harmonie berufen ist. Auch ist er kein Papst des politischen Konsenses. Es gab Spekulationen über die Anwesenheit von Kardinal Parolin auf dem Balkon mit ihm, und viele Rekonstruktionen sprachen von einem Parolin, der von einem „Freundfeuer“ getroffen wurde und sein Stimmenpaket an Kardinal Prevost weitergegeben hätte.

In Wirklichkeit war Parolin dort, weil er der erste Kardinal des Bischofsordens war, zusammen mit dem Kardinalprotodiakon Mamberti und dem ersten Kardinal des Presbyterordens, Kardinal Puljić. Es gab nichts Wahlmäßiges, sondern vielmehr ein Gefühl für Tradition, das verloren geglaubt war und nun wiederhergestellt wurde.

In der Missa Pro Ecclesia, seiner ersten Messe als Papst mit allen Kardinälen, warnte Leo XIV. vor Christen, die als faktische Atheisten leben, wenn sie Jesus für eine Art Übermensch halten. Er  drückte seinen Wunsch aus, zu verschwinden, Christus im Mittelpunkt zu lassen, und sprach von der Nachfolge Petri.

Damit hat er eine klare Richtung vorgegeben.

Der von ihm gewählte Name Leo unterstreicht, dass das Pontifikat von Franziskus eine in der Kirchengeschichte einzigartige Erfahrung war. Leo erinnert nicht nur an Leo XIII., den Vater der katholischen Soziallehre der Neuzeit, sondern auch an Leo den Großen. Wir kehren nun zu den Wurzeln zurück: zum Mut angesichts beispielloser Herausforderungen, zur Offenheit gegenüber den Ostkirchen, zu Friedensvermittlungen und sogar zur Wiederherstellung einer neuen und zweifellos ganz anderen res publica christiana.

Wird ein Papst der Neuen Welt die Alte Welt wieder zum Leben erwecken?

Ein neues Kapitel beginnt."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican
 

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