In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican befaßt sich A. Gagliarducci mit der Frage, ob und wie sich das angekündigte Konsistorium auf das Pontifikat Papst Leos XIV auswirken wird. Hier geht´s zum Original: klicken
LEO XIV: UNTERWEGS ZUM BEGINN SEINES PONTIFIKATES?
Die Nachricht, dass Leo XIV. am 7. und 8. Januar ein Konsistorium einberufen wird, wurde vom Presseamt des Heiligen Stuhls noch nicht offiziell bestätigt. Seit der Veröffentlichung im National Catholic Register sind jedoch zahlreiche Bestätigungen eingegangen – teils von Kardinälen selbst – und das an alle Kardinäle versandte Rundschreiben hat die Runde gemacht.
Bei diesem Konsistorium werden keine neuen Kardinäle ernannt. Es gibt bereits ein Dutzend wahlberechtigte Kardinäle mehr, als das Gesetz vorsieht. Die Zahl der wahlberechtigten Kardinäle wird bis Ende 2026 nicht unter die gesetzliche Höchstgrenze von 120 sinken.Das Konsistorium am 7. und 8. Januar dient der Erörterung von Fragen, die die gesamte Kirche betreffen – eine Diskussion, wie sie in den letzten Jahren nicht stattgefunden hat.
Papst Franziskus berief 2014 ein solches Konsistorium ein, als Kardinal Walter Kasper seine Ansprache zur Familie hielt, die eine intensive Debatte auslöste. 2015 folgte ein weiteres Konsistorium mit verschiedenen Sitzungen zur Kurienreform. Und 2022 wurde die bereits verkündete Kurienreform erneut erörtert.
Das letzte außerordentliche Konsistorium von Papst Franziskus – das erste seit sieben Jahren – hinterließ bei vielen eine gewisse Enttäuschung. Die Kardinäle waren in Sprachgruppen aufgeteilt; längere Redebeiträge waren in der gesamten Sitzung nicht möglich, und viele gewannen den Eindruck, dass die vom Papst propagierte Kollegialität – oder Synodalität – nicht wirklich gelebt wurde.
Leo XIV. kehrt zu bewährten Methoden zurück.
Benedikt XVI. ließ vor dem Konsistorium zur Ernennung neuer Kardinäle stets das gesamte Kardinalskollegium zusammentreten. Johannes Paul II. berief die Kardinäle mehrmals ein, um Reformen und gemeinsame Entscheidungen zu besprechen. Paul VI. pflegte es sogar, sich nach jeder Papstreise unmittelbar nach seiner Rückkehr mit den in Rom residierenden Kardinälen zu treffen, fast noch bevor er seine Gemächer im Apostolischen Palast betreten hatte.
Es bleibt abzuwarten, welchem Modell Leo XIV. folgen wird, aber die Einberufung eines Konsistoriums am 7. Januar ist ein vielsagendes Zeichen.
Zuallererst ist der 7. Januar der erste Tag nach dem Ende des Heiligen Jahres 2025.
Leo XIV. hatte während des Heiligen Jahres bewusst entschieden, alle Angelegenheiten ruhen zu lassen und alle von Papst Franziskus begonnenen Dossiers abzuschließen.
Die Veröffentlichung des Schreibens „Dilexi Te“, des Dokuments zur Glaubenslehre über Marientitel, die bevorstehende Veröffentlichung eines vom Dikasterium für die Glaubenslehre während der Amtszeit von Papst Franziskus erstellten Dokuments zur Monogamie und sogar die geplante Reise in die Türkei und den Libanon sind Angelegenheiten, die Leos XIV. Vorgänger ungelöst ließ.
Einige der Entscheidungen von Papst Franziskus bleiben auch im nächsten Jahr bestehen. So beispielsweise die geplante Afrikareise, die Papst Franziskus während des Heiligen Jahres unternehmen wollte. Gleichzeitig markiert das Ende des Heiligen Jahres aber auch das Ende von Franziskus' Amtszeit. Leo XIV. hat sich Zeit genommen, die Angelegenheit zu überdenken, und wird nun wohl seine Entscheidung bekanntgeben.
Was könnte beim Konsistorium am 7. und 8. Januar geschehen?
Vermutlich wird der Papst zuhören wollen. Das tut er immer. Apostolische Nuntien berichten,
dass der Papst stets zuerst von ihnen über die Lage in ihrem Gastland informiert werden möchte.
Einige der Charakteristiken haben wir bereits kennengelernt. Letzte Woche ernannte Leo XIV. den Augustinermönch Edward Danian Daleng zum Vizeregenten der Präfektur des Päpstlichen Hauses. Diese Position existiert im Organigramm nicht – allenfalls könnte es einen stellvertretenden Regenten geben –, doch sie verdeutlicht den Wunsch des Papstes, der Institution wieder eine zentrale Bedeutung zu verleihen.
Der Vizeregent wird eng mit dem Regenten, Monsignore Leonardo Sapienza, zusammenarbeiten, der die Präfektur in den letzten Jahren geleitet hat. Papst Franziskus hat tatsächlich nie einen Nachfolger für Erzbischof Gänswein als Präfekten ernannt. Leo XIV. könnte dies nun tun, und Erzbischof Peter Rajic, der derzeitige Nuntius in Italien, wird Berichten zufolge für das Amt in Betracht gezogen.
Die Ernennung eines Vizeregenten belegt die fortgesetzte Politik des Papstes, junge Menschen und vertraute Freunde in Schlüsselpositionen zu berufen. Oftmals sind es Augustiner, aber nicht zwingend – die beiden Sekretäre sind beispielsweise keine Augustiner; sie sind jedoch bewährte und vertrauenswürdige Dreißigjährige.
Auf höchster Ebene hingegen möchte der Papst eine klare Hierarchie wiederherstellen.
Die Präfektur des Päpstlichen Hauses wird eine zentrale Rolle spielen. Es bleibt abzuwarten, wie der Heilige Vater das Staatssekretariat neu ausrichten wird, und nach dem Konsistorium sind einige Veränderungen an der Spitze zu erwarten. Derzeit fehlen dem Staatssekretariat zwei entscheidende Positionen, die für dessen reibungsloses Funktionieren unerlässlich sind: der Assessor und der Untersekretär für die Beziehungen zu den Staaten. Der Assessor ist von noch größerer Bedeutung, da er den Stellvertreter bei der Leitung des Staatssekretariats unterstützt.
Es bleibt abzuwarten, ob der Papst eine noch weitreichendere Umstrukturierung des Staatssekretariats beschließen und neue Vorschläge für den Assessor und den Untersekretär erlassen wird. Dies wird sich nach dem Jubiläum zeigen.
Unterdessen arbeitet Leo XIV. Weiter daran, institutionelle Lücken zu schließen
Nach dem Reskript, das vatikanischen Einrichtungen erneut erlaubt, nicht über das IOR zu investieren, richtete der Papst am 13. November ein Koordinierungsgremium für das Seeapostolat ein, das als Stella Maris bekannt wurde. Durch die Kurienreform war das Seeapostolat vom Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen an den Rand gedrängt worden, das zwar seine Aufgaben übernommen hatte, aber keine entsprechende Struktur geschaffen hatte.
Jetzt nimmt die Struktur Gestalt an, auch wenn weitere Schritte nötig sind, um wirksam zu werden. Sie ist Teil einer umfassenderen Anpassung der noch nicht abgeschlossenen Reformen von Papst Franziskus.
Vielleicht nähern wir uns tatsächlich nur sehr langsam dem Beginn eines Pontifikats, oder zumindest der neuen päpstlichen Regierung. Der Papst scheint entschlossen, eine starke Institution und Organisation zu schaffen, ohne dabei mehr als unbedingt notwendig von dem aufzugeben, was das Pontifikat von Franziskus geprägt hat.
Es wird viel Fingerspitzengefühl erfordern, damit dieses Vorhaben Früchte trägt.2
Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican
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