In seiner heutigen Kolumne für Monday in the Vatican befaßt sich A. Gagliarducci mit dem Offenen Brief von Katholischen Laien an den Pontifex und die aktuelle Situtation in der Kirche, die- nicht nur- er als Bürgerkrieg bezeichnet.
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"PAPST FRANZISKUS UND DER BÜRGERKRIEG IN DER KIRCHE"
Am 5. August hat die Italienische Tageszeitung Il Foglio den an Papst Franziskus gerichteten Brief einer Gruppe von Laien veröffentlicht. Der Brief, der sich auf den Titel des jüngsten Buches von A. Riccardi- "Die Kirche brennt" bezieht, sollte auf die schwere Bedrängnis der Kirche hinweisen. Durch die vielen Wunden, die die verursacht hat, in ein Feld-Lazarett verwandelt - sagen die Autoren des Briefes. Die Autoren beklagen auch das Versagen der ausgehenden Kirche.
Es ist ein Brief, der an die verschiedenen Situationen entgegengesetzter Zeichen erinnert: von den fehlenden Antworten für die Kardinäle, die Papst Franziskus zu Amoris Laetitia befragten, bis zur Geschichte von Enzo Bianchi, der einmal einer der Favoriten des Papstes gewesen war, über die Marginalisation vieler anderer Persönlichkeiten, vor allem der Kardinäle Pell, Sarah und Burke.
Der Brief schließt mit einer bitteren Feststellung: wir befinden uns in einem Klima, in dem man nur schwer oder gar nicht atmen kann und "die Mutter Kirche erscheint mehr wie eine Stiefmutter, die fortwährend Anatemas, Exkommunikationen, Kommissionierungen auferlegt.
Die Autoren der Briefe bitten deshalb den Papst, "diesem Bürgerkrieg in der Kirche, als Vater, der auf das Wohl seiner Kinder achtet, ein Ende bereitet und nicht als Kopf einer klerikalen Strömung, der seine monarchische Autorität nutzen will, agiert, allzu oft sogar über die Grenzen des Kanonischen Rechts hinaus, um eine persönliche ideologische Agenda zu verwirklichen.
Das sind schwerwiegende Vorwürfe, die gegen den Papst erhoben werden. Sie repräsentieren dennoch ein weitverbreitetes Gefühl, etwas, das man in den Korridoren hört. Was auffällt, ist, daß es ein allgemeines Gefühl ist- sowohl unter denen, die anderer Meinung sind als Papst Franziskus, als auch bei denen. die ihn immer unterstützt haben.
Das fehlende Gefühl des Papstes für das Institutionelle, sein "Personalismus", seine Reden, die sich eher auf Soziales als auf theologische Themen konzentrieren, hatten in der progressiven Welt Hoffnungen erweckt, daß Papst Franziskus die Kirche verändern werde. Aber natürlich hat nicht jeder das immer unterstützt und sogar einige seiner Unterstützer haben manchmal höfliche Zweifel über die Wirksamkeit seiner Reformen geäußert.
Es gab jedoch keinen Zweifel, daß Papst Franziskus die Reformen verkörpert, die sie wollten. Summarisch: weniger Klerikalismus, weniger Zentralität des Priestertums, weniger Doktrinen, mehr Pragmatismus im Dialog, weniger christliche Identität, zugunsten einer größeren Anpassung an die Welt.
Der Papst hat sie nicht nur vom doktrinalen Standpunkt enttäuscht, weil am Ende die Kirchendoktrin nicht geändert wurde. Papst Franziskus hat sie enttäuscht, als er zeigte, daß ihn keine der beteiligten Parteien interessierte. Das Enzo Bianchi auferlegte Exil, der gezwungen wurde, das Haus zu verlassen, das er gegründet hatte, ohne die Möglichkeit eines Einspruchs, war die- vielleicht definitive- Alarmglocke. Aber nicht die einzige.
Und so ist der Bürgerkrieg in der Kirche Wirklichkeit geworden. Das motu proprio Traditionis Custodes, das die von Benedikt XVI gewünschte Befreiung der Messe des Alten Ritus abschafft, hat die Diskussion innerhalb der Kirche wieder in den Mittelpunkt gerückt. Zwei Weltsichten kollidieren- wie es immer passiert, wenn Dinge besonders wichtig sind. Eine von ihnen ist unzweifelhaft eine säkularere und säkularisiertere, die andere eine mehr spirituelle Sichtweise. Das ist ein Titanenkampf, der nur durch einen Kompromiss beendet werden kann., sicher nicht durch Konfrontation.
Unglaublich aber wahr: Johannes XXIII hat nach einer Synthese gesucht. Und das tat auch Paul VI, der während er Humanae Vitae entwarf, beim letzten Entwurf auf ausnahmslos jeden hörte, und versuchte, jedermanns Gedanken einzufügen.
Johannes Paul II wollte Versöhnung, so sehr, daß sogar die Exkommunikation latae sententiae von vier, ohne die Zustimmung Roms neugeweihten Lefebvrianer-Bischöfen nur der letzte Rückgriff nach zahllosen vergeblichen Versuchen zum Dialog.
Dasselbe geschah auch mit der Befreiungs-Theologie, die nicht als Ganze verurteilt wurde, sondern von der man einige positive Aspekte anerkannte. Hier einige Beispiele.
Benedikt XVI hat diese Linie fortgeführt. Er hat das z.B., genau beim Thema der Messe nach dem Alten Ritus getan. In der Praxis- die Opposition war entwaffnet- wurde das gewährt, was legal zu gewähren war, und er bat um alles, wofür im Namen der Treue gebeten werden mußte.
Andererseits ist der Zugang von Papst Franziskus ein anderer. Für den Papst ist es die Frage, Regeln aufzustellen, die jeder - im Rahmen der Zentralisierung, die nicht allzu gut zur von ihm gepredigten Synodalität zu passen scheint, befolgen muß.
Papst Franziskus will Konflikte nicht vermeiden oder sie überflüssig machen. Im Gegenteil - er will sie gewinnen. Deshalb zwingt er an einem gewissen Punkt seinen Willen auf, mit den Mitteln, die er hat. Auf diese Weise hat der Bürgerkrieg in der Kirche nicht nur wieder angefangen, sondern wird auch nur schwer ein Ende finden.
Aber ist das gut für die Kirche? Die Katholische Kirche ist nie gespalten gewesen, weil es in ihr immer Pluralität gegeben hat. Manchmsl jedoch gibt es einen Mangel an Kontinuität mit dem Papst, der dazu führt, daß Katholiken sich zur Seite gestoßen, marginalisiert fühlen, unfähig zu verstehen.
Kurz gesagt, der Bürgerkrieg wird bleiben, außer der Papst baut große Brücken zur Versöhnung. Außer der Papst beschließt einen anderen Zugang zu wählen. "
Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican
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