Mittwoch, 22. August 2012

Treponema Pallidum

Sie ist wieder da- die bleiche Schöne.
Bis in die Mitte des 20.Jahrhunderts haben Dichter ihr literarische Denkmäler gesetzt, z.B. Thomas Mann in "Doktor Faustus"  und auch im "Zauberberg",  Komponisten sie in Töne gesetzt, Maler sie allegorisch dargestellt.
Sie war eine treue aber tödlich gefährliche Geliebte: Treponema p., Erreger der Syphilis..
Ausgerottet schien sie, vom Penicillin hinweggerafft, nachdem sie jahrhundertelang als furchtbare Geißel der Menschscheit gewütet hatte. Seit sie wohl an Bord eines Schiffes den Weg nach Europa gefunden hatte, wie auch die Pest,  zog sie ihre tödliche Spur durch den Kontinent.
Später als der Verlauf der Krankheit sich änderte und in nicht mehr unmittelbar tödlichen Phasen verlief- oft flüchtig und unbemerkt- bis das dritte oder vierte, das fatale und nicht zu verbergende Stadium erreicht war- war sie ständige Begleiterin des Menschen. Man rückte ihr -als dem Teufel- mit Beelzebub zu Leibe, mit Giften wie Quecksilber und Arsen, zu furchtbaren Tinkturen gemischt, die den Kranken dem Tod näher brachten, ohne Treponema wirklich nachhaltig zu schaden.
Manch einer ist an der Kur gestorben und nicht an der Krankeit, die allerdings sehr oft tödlich verlief.
Sollen wir Nietzsche nennen?  Sein Ende am Hals eines Droschkengauls? Den armen, naiven Franz Schubert ?
Heinrich Heine- in seiner Pariser Matzratzengruft an den Nervenschmerzen und den Lähmungen des Endstadiums leidend?
Aber -das war vorbei- Geschichte. 


Doch jetzt ist sie zurück, als Nutznießerin anderer Krankheiten denen die Promiskuität Tür und Tor öffnete ( das aber bitte nur hinter vorgehaltener Hand sagen ) teilresistent inzwischen , gefährlicher denn je.
Sie breitet sich wieder aus.
In Zeiten des unbeschränkt häufigen Partnerwechsels kann sie verlorenes Terrain zurückerobern.
Doch unsere Politiker , unsere Seuchenexperten und unsere Publizisten, Multiplikatoren dessen, was man heute tut oder nicht tut, wissen wohlfeilen Rat: das Kondom.
Auch hier also soll das Kondom der Weisheit letzter Schluß sein- nicht aber soll man sein Verhalten überdenken, nicht auf die moderner Bindungslosigkeit- und unfähigkeit geschuldete Promiskuität verzichten, weiter -im sicheren Wissen, daß Latex und Penicillin die Rettung bringen werden- um das Goldene Kalb der Hemmungslosigkeit tanzen. Unsere Medien aber versuchen derweil mit wohlig-gruseligen Schreckensmeldungen das Sommerloch zu füllen
                                                               

2 Kommentare:

  1. Die alten Bekannten kommen wieder.

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  2. Gute Zeiten für spezialisierte Antiquare: In alten Medizin-Lehrbüchern sind die Symptome für die fortgeschrittenen Stadien von Syph ("Lues") wie auch die Behandlungen detailliert beschrieben. Wer weiß, womöglich bringt wieder jemand die Quecksilber-Schmierkuren von van Swieten senior zu Ehren? Der galt als Experte für diese Art von Therapie - aber es war halt immer ein Drahtseilakt mit der Dosierung ...

    Zurückhaltung im rechten Augenblick erspart einem eine Karriere als Versuchskaninchen der Wissenschaft. Aber weil a) es nix kostet, b) von der Kirche gepredigt wird und c) auf den freien Willen des Menschen abstellt, ist die Option "Keuschheit" heute leider allgemein unpopulär ...

    Zwetschgenkrampus

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