Sandro Magister veröffentlicht heute bei Settimo Cielo den Brief von Alessandro Milani, der seinen Artikel über den unrealistischen Wunschtraum nach einer Ruthenischen Kirche kommentiert und ergänzt. Hier geht´s zum Original: klicken
"DER UNREALISTISCHE TRAUM VON EINER "RUTHENISCHEN KIRCHE". EIN KLÄRENDER BRIEF"
Der vorige Beitrag über die seltsamen Verschiebungen bei der vaticanischen Kongregation für die Orientkirchen hat große Interesse gefunden- besonders was die hypothetische Gründung einer "Kirche der Ruthenier" in der subkarpathischen Region im Grenzbereich der Slowakei, der Ukraine und Ungarns.
Alessandro Milani, ein in religiösen und politischen Fragen Osteuropas sehr versierter Gelehrter hat uns geschrieben um diese Möglichkeit zu bestreiten, vor allem aber um die vielen ethnischen und liturgischen Eigenheiten dieser Region zu illustrieren, die nicht unter einer einzigen Fahne zusammengeführt werden können.
Milani ist “maître de conférences” und “docteur associé” bei GSRL (Gruppen-Gesellschaft der Religionen und Laien) die wiederum eine Forschungsstätte des CNRS (Nationales Zentrum für wissenschaftliche Forschung) ist und bei der Praktischen Schule für Höhere Studien in Paris.
Hier ist sein Brief, der das wahre Gesicht der katholischen Kirche in diesem Winkel Europas klar erkennbar macht.
Lieber Magister,
Ich habe mit großem Interesse Ihren Beitrag vom 25. Februar gelesen, der der Entfernung Erzbischofs Cyril Vasils aus Rom und des folgenden "promoveatur ut amoveatur" Bischof Giorgo Demetrio Gallaros gewidmet war.
Die Gründe für diesen Tausch zwischen den beiden Prälaten sind außerhalb meines Erfahrungskreises, statt dessen befasse ich mich mit einem anderen substantiellen Element des Diskurses, namentlich der "präzedenzlosen und übernationalen Kirche der Ruthenen" in der Vasil "Großerzbischof" werden sollte.
Sie haben Recht, wenn Sie sagen. daß diese neue Entität Slowaken, Ungarn und Kroaten zusammen bringen würde (ich würde auch Tschechen, Serben dazu zählen, angesichts daß die Eparchie von Krizevci, Suffragandiözese von Zagreb, die nach dem Zerfall Jugoslawiens geteilt wurde). Ich habe Schwierigkeiten Ihnen bei der folgenden Feststellung zu folgen, in der Sie zu suggerieren scheinen, das diese Katholiken des Byzantinischen Ritus ethnisch und liturgisch Ruthenen sind, wie jene der Eparchie von Mukachevo in der Ukraine.
Ich bin anderer Meinung angesichts dessen, daß die Bezeichnung "Ruthenen" sowohl im historisch-ethnologischen als auch in der ekklesiologischen Sphäre ein klebriges Gitter ist.
Es ist nicht zu leugnen, daß die Griechisch Katholischen Kirchen der Slowakei und Ungarn Töchter der Mukachevo-Eparchie sind, aber sie haben eine lange und tiefgreifende soziokulturelle Evolution durchlaufen, das sie dazu brachte, sich von ihrem Ursprung unterscheiden.
Heute fühlen sich die slowakischen und ungarischen Griechischen Katholiken vorwiegend als Teil ihrer entsprechenden ethnisch-nationalen Gemeinschaft. Aus diesem Grund haben Papst Benedikt XVI und Papst Franziskus ad hoc "kirchliche Provinzen errichtet, die den Staatsgrenzen folgen und einen Metropolitansitz in Presov/ Slowakei und Hajdudorog in Ungarn mit zwei Suffragansitzen in Bratislava und Kosice für den ersten und Miskoic und Nyireyhaza für den zweiten. Es ist leicht zu glauben, daß in beiden Fällen die Entscheidungen der beiden Päpste getroffen wurde, nachdem sie Vasils qualifizierte Meinung gehört hatten.
Obwohl Mukachevo als Eparchie der ruthenisch-katholischen Kirche definiert wurde, war sie sofort multiethnisch: Die Gläubigen ruthenischen Ursprungs bildeten die Mehrheit, aber die ungarischen und slowakischen Teile waren immer von Bedeutung. In den östlichen Bezirken der heutigen Slowakei und Ungarns war der Bi-Ritualismus weit verbreitet und wurde von den Bischöfen toleriert. Auf Ersuchen der Habsburger Kaiserin Maria Theresia vereinte die Errichtung der Mukachevo-Eparchie den byzantinischen Ritus der Gläubigen verschiedenen Ursprungs.
Wie bereits erwähnt, waren die Ungarn und Slowaken immer Katholiken des östlichen Ritus (um ehrlich zu sein, einige Magyaren waren ehemalige Calvinisten, die zum Katholizismus zurückgekehrt waren). Die Ruthenen waren hauptsächlich Ex-Orthodoxe, die durch die Union von Uschgorod von 1646 in die Gemeinschaft mit Rom eintraten, eine Handlung, die der von Brest vor einem halben Jahrhundert nicht unähnlich war, mit dem wesentlichen Unterschied, dass im ersteren Fall die Bitte um eine Gemeinschaft mit Rom bestand präsentiert von einer Gruppe von Priestern und Gläubigen, während sie im letzteren Fall von den Bischöfen der Metropole Kiew gewählt wurde.
Die unterschiedlichen Ursprünge und Erfahrungen führten zu Reibereien, deren Folge gewisser Weise die Errichtung der Eparchien von Presov und Hajdudorog ist. In der österreichisch-ungarischen Zeit waren die drei Bezirke Suffragandiözesen des ungarischen Primas, der seine Macht als Metropolit auch dahingehend ausübten, die kirchlichen Eliten (Kanoniker, Seminar-Professoren) zu magyarisieren unter denen die Bischöfe gewählt wurden.
. Aber in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg gingen die drei Eparchien unterschiedliche Richtungen, teilweise aufgrund der Auflösung und Neuzusammensetzung von Staaten, die von den siegreichen Mächten beschlossen wurden.
Aber in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg schlugen die drei Eparchien verschiedene Wege ein, teilweise wegen des Zerbrechens und der von den Siegermächten beschlossenen Neuordnung von Staaten. Presov erlebte einen schnellen Slowakisierungsprozess, während es eine wichtige Ruthenische Minderheit behielt. Die Eparchie weitete ihre Jurisdiktion auf den tschechischen Teil des neuen Staates aus, sogar über seine Auflösung hinaus. Die Zwischenkriegszeit ist wichtig, weil Teile der tschechischen Neu-Hussiten zum Katholizismus konvertierten und den Byzantinischen Ritus wählten. Dieser Teil ist jetzt eine Minderheit unter den Gläubigen des Exarchats des Griechischen Ritus in Prag- mehrheitlich Ukrainische Immigranten verschiedenen regionaler Herkunft, das 1966 errichtet wurde,
Hajdudorog,das aus zum Zeitpunkt der Errichtung bereits stark magyarisiert Ungarn oder Ruthenen besteht, festigte seine Identität so sehr, dass die Diskussion mit Rom über die liturgische Sprache nicht das Alte Kirchenslawisch , sondern das Griechische oder direkt das Ungarische betraf.
Mukatschewo, das heute „unmittelbar dem Heiligen Stuhl unterstellt“ ist, war die einzige Eparchie, deren Gläubige überwiegend Ruthenen waren, wenn auch mit Mitgliedern ungarischer und slowakischer Minderheiten. In diesem Zusammenhang die Kluft zwischen dem Mehrheitsflügel des Klerus, dem pro-ruthenischen, der seine eigene liturgische und kulturelle Einzigartigkeit betonte, und der pro-ukrainischen Minderheit, die sich auf die Aggregation der Eparchie mit der slawisch-byzantinischen kirchlichen Provinz stützte von Lemberg. Diese Schande wurde während der Jahre der „Kirche des Schweigens“ unter Verschluss gehalten und 1991 erneut explodiert, so dass Johannes Paul II. Beschloss, ein pro-ukrainisches Hilfsmittel neben das pro-ruthenische Gewöhnliche zu stellen. Die Aufteilung der Eparchie in drei Teile wurde wiederholt vermutet, um eine kirchliche Provinz zu schaffen, die „sui ritus“ ist oder in die ukrainisch-griechisch-katholische Kirche eingegliedert wird, wobei die liturgischen Besonderheiten erhalten bleiben.
Über Krizevc muss eine separate Diskussion geführt werden,weil die Eparchie geografisch weit entfernt ist und nicht von Mukachevo ausgegliedert wurde. Die ersten Gläubigen waren Ruthenen, die von den Habsburgern geschickt wurden, um das Gebiet entlang der Militärgrenze neu zu bevölkern, aber auch konvertierte Serben. Auch hier war die ruthenische Komponente wichtig, aber nicht ausschließlich. Nach der Implosion des österreichisch-ungarischen Reiches wurde Krizevci die einzige griechisch-katholische Eparchie des Königreichs Jugoslawien und erweiterte ihre Gerichtsbarkeit auch auf Gläubige albanischer, mazedonischer und rumänischer Herkunft.
Nach 1991 wurde es auf vier kirchliche Bezirke aufgeteilt. Prizren im Kosovo ist eine bi-rituelle Diözese. Der lateinische Bischof von Skopje leitet auch die 2018 errichtete mazedonisch-griechisch-katholische Eparchie von Strumica-Skopje. Hinzu kommt die 2003 errichtete Eparchie von Ruski Krstur in Serbien. In Krizevci ist die vorherrschende liturgische Sprache Serbokroatisch. und in der neuen serbischen Eparchie gibt es mehr Gläubige ruthenischen Ursprungs als in der kroatischen!
Diese vielfältigen Milieus als „Ruthenisch“ zu definieren, erscheint mir daher zu simpel und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass jemand in Rom ihre Fusion in einer „beispiellosen transnationalen Kirche“ erwägen würde, insbesondere ein so gut informierter Gelehrter wie Erzbischof Vasil in einer Zeit von glühendem Nationalismus.
Kleines Detail: Würde sie gegründet, würde diese Kirche nicht wie bei Settimo Cielo vermutet 200.000 Getaufte (es gibt dort mehr Slowaken des byzantinischem Ritus), sondern fast 900.000, von denen mehr als ein Drittel allein auf dem Territorium der Eparchie von Mukatschewo leben würden.
Mit meinen herzlichsten Grüßen,
Alessandro Milani
Quelle: Settimo Cielo, S. Magister
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