Montag, 12. Juli 2021

Wie wird sich der Gesundheitszustand des Papstes auf das Pontifikat und die Regierung der Kirche auswirken?

In seiner heutigen Kolumne in "Monday in the Vatican" macht sich A. Gagliarducci Gedanken über den Gesundheitszustand von Papst Franziskus und seine Auswirkungen auf die Leitung der Kirche. 
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"PAPST FRANZISKUS UNTERWEGS ZUM NIEDERGANG DES PONTIFIKATES?" 

Wie üblich hat Papst Franziskus den Juli zum Ferienmonat erklärt. Er fährt nirgendwo hin. Er bleibt in Santa Marta, um zu lesen, zu studieren und vielleicht etwas zu planen, vielleicht so etwas wie die Kurien-Reform, die jetzt im Oktober beendet werden soll. In diesem Juli hatte er auch die geplante Colon-Operation. Die offizielle Diagnose lautet Divertikulitis. Der Papst wurde am 4. Juli operiert und ist zur Überwachung und Erholung im Krankenhaus geblieben. 

Schließlich ist die Genesung nicht einfach: der Papst wird im Dezember 85, ein Teil seiner Lunge war entfernt worden, als er jung war und die Narkose für eine Operation, die- laut dem Protokoll des Pressebüro des Hl. Stuhls 3 Stunden dauerte- kann eine substantielle Auswirkung auf den Organismus haben. Das Pressebüro des Hl. Stuhls gab auch bekannt, daß bei der Operation ein Teil des Darmes entfernt wurde, was ein weiteres Trauma ist, von dem er sich erholen muß. 

Die Nachricht von dieser Operation kommt zu anderen Informationen vom vergangenen Januar hinzu, als Papst Franziskus nicht die Messe am Sonntag des Wortes Gottes zelebrierte; auch nicht die Vesper am Ende der Gebetswoche für die Einheit der Christen- auf Grund von Ischias. Aus dem selben Grund wurde auch die traditionelle Ansprache an die Mitglieder des Diplomatischen Corps verschoben. 

Nach den Ereignissen des vergangenen Januars, reagierte Papst Franziskus mit neuem Aktivismus- und unternahm nachdrücklich eine gefährliche und herausfordernde Reise in den Irak, wo er sich kraftvoll zeigte. Und vielleicht ist es kein Zufall, daß der Krankenhausaufenthalt - den der Papst beim Angelus nicht ankündigte - begann, nachdem Franziskus seine Reise nach Ungarn und in die Slowakei Anfang September bestätigt hatte. 

Man sollte jedoch beachten, daß Papst Franziskus während des vergangenen Jahres zwei schwierige Gesundheits-Episoden durchgemacht hat. Es ist offensichtlich, daß mit dem Alter die Kondition nachläßt. Aber es ist auch normal, daß die Zeichen des Niedergangs des Pontifikates diverse Fragen aufwerfen. 

Die erste ist die einfachste: wer trägt die Verantwortung im Vatican, wenn der Papst krank ist und unfähig, seine Regierungspflichten zu erfüllen? Tatsächlich hätte der Papst im Juli sowieso keine öffentlichen Verpflichtungen, aber es ist auch wahr, daß die Führung der Kirche weitergeht - Ferien oder nicht. 


Papst Franziskus hat alle Entscheidungen bei sich konzentriert,  Alles geht durch seine Hände, muß ihm berichtet werden, besonders wenn es um wichtige Entscheidungen geht. Papst Franziskus hat seine eigene Art, alles unter Kontrolle zu behalten. Seit Beginn seines Pontifikates wollte er die Nuntien persönlich treffen, hatte er viele private Unterhaltungen mit unwichtigeren Bischöfen und unzählige private Begegnungen im Domus Santa Martae. 

Der Papst vertraut dem Urteil bestimmter Leute und verläßt sich sehr auf ihre Briefings. Aber dann trifft er seine eigenen Entscheidungen. Er hat das z.B. getan, als er im Oktober 2019  seine Zustimmung zur Durchsuchung des Staatssekretariats und der Vaticanischen Finanz-Aufsichtsbehörde  gab.und einen summarischen Prozess anstieß, eine Art Prozess, den es nur gibt, wenn der Monarch Entscheidungen trifft, 

Täuschen wir uns nicht durch ein Narrativ, das vorgibt, daß der Papst nicht weiß, was um ihn herum passiert. Im Gegenteil, Papst Franziskus ist über alle wichtigen Initiativen informiert und stimmt    ihnen zu. Das angebliche Unwissen ist Teil der Strategie: Fehler werden dem Papst nicht zugerechnet. Es könnten seine Fehler sein, aber deshalb - weil Papst Franziskus immer aufmerksam und beteiligt ist. 

Das alles soll heißen, daß der Krankenhausaufenthalt von Papst Franziskus nicht als nebensächlich betrachtet werden kann. Es gibt eine vaticanische Maschinerie, die weiterläuft, die aber keine wichtigen Entscheidungen treffen kann. Johannes Paul II hatte ein Team zusammen gestellt, dem er in vollem Vertrauen alle Entscheidungen übertrug, die während der langen Zeit seiner Krankheit und dann während der finalen Agonie wichtig waren. Aber Papst Franziskus hat kein Team und er hat nicht einmal den Leuten in der Kurie vertraut. Die Politik, alle Kleriker der Kurie nach maximal zwei 5-Jahres-Perioden auszutauschen, hat auch den Papst wirkungsvoll isoliert. Es gibt keine "Türhüter" zwischen dem Papst und seinen Gesprächspartnern, keine mächtige Sekretäre, die seinen Zeitplan managen und kennen. Keiner kann dem Papst bei seiner Arbeit helfen. Papst Franziskus ist alleine der Papst und der Papst allein befiehlt. 

Es ist deshalb nur logisch, Fragen zu stellen. Der Krankenhausaufenthalt von Papst Franziskus sollte nicht länger als 10 Tage dauern, während eines Zeitraums, in dem es traditionell keine Aktivitäten gibt. Aber was würde passieren, wenn der Krankenhausaufenthalt verlängert wird oder wenn der Papst mehr Zeit im Krankenhaus braucht? Wer hätte das Kommando im Vatican?  

Das führt zu weiteren Fragen. Hätte ohne den  Impuls durch Papst Franziskus irgendwer den Mut persönliche Initiativen zu ergreifen - mit der Gefahr, daß der Papst - wenn er zurück ist - sie widerruft? 

Zur Zeit konzentriert sich alles auf die Gesundheit von Papst Franziskus. Seine prekäre Gesundheit ist etwas, womit man sich in der Zukunft beschäftigen muß.  Nicht, daß wir schon über ein neues Pontifikat nachdenken - auch wenn manche das tun - wie es schon immer passiert ist - aber wir müssen verstehen, wie Papst Franziskus seine Art zu regieren verändern wird. Weniger Meetings, mehr Handlungsvollmachten sollten der Weg sein. aber nicht für Papst Franziskus, der niemals schwach sein will. Er hat bis jetzt eine bemerkenswerte Selbstkontrolle gezeigt. Um ihn herum hatte er eine Kommunikationsmaschine, die über seinen Gesundheitszustand immer äußerste Diskretion bewahrt hat. 

Tatsächlich ist Papst Franziskus´ Krankheit nicht das Ende einer Ära. Sie kann aber ein Zeichen dafür sein, daß sich etwas ändert. Und diese Änderung wird auch die Zukunft der Kirche berühren- sowohl beim nächsten Konklave als auch bei der Regierung der Kirche bis zum nächsten Konklave."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican

 

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