Mittwoch, 20. Oktober 2021

Sandro Magister: Der Papst und Greta in der postreligiösen Welt

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"IN GLASGOW WIRD FRANZISKUS SICH NICHT ZEIGEN. AN SEINER STELLE WIRD GRETA DA SEIN."

Bei der vom 31. Oktober bis zum 12. November in Glasgow stattfindenden UNO-Klimakonferenz wird Franziskus nicht anwesend sein. Er hat diese Reise aus seinem Terminplan gestrichen. Aber wenn er nicht hinfährt- das hat Fr. Thomas Reese, der frühere Herausgeber der Wochenzeitschrift der Jesuiten "America"  seinem Mitbruder Papst vorgeschlagen- warum dann nicht Greta Thunberg in die vaticanische Delegation aufnehmen? Warum nicht ihr- und niemand anderem- den Sitz des Papstes geben? Nicht außerhalb der Konferenz bei Demonstrationen mit den von den Politikern unterdrückten Menschen ein leeres blah-blah-bla demonstrieren, sondern drinnen- von Angesicht zu Angesicht mit den Mächtigen der Erde ihnen alles ins Gesicht sagen, was gesagt werden muß.

Es ist kein Geheimnis, daß Franziskus, Autor der Umwetl-Enzyklika Laudato Si´ die junge schwedische Aktivistin bewundert, die er am 17. April 2019 kurz auf dem Petersplatz getroffen hat. Aber es ist ebenso wohlbekannt, daß Greta ihm als Bezugsfigur für die Verteidigung der Natur weltweit auf der öffentlichen Bühne Konkurrenz macht.

Angelo Panebianco, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Bologna und einer der renommiertesten Analytiker der Gegenwartgesellschaft, hat  im "Corriere della Sera" vom 8. Oktober den Focus auf das Greta-Phänomen gelegt, speziell auf das Zweigespann Greta-Franziskus, eine Frage von großer Bedeutung.

"Ist Greta vielleicht der Beweis für die Tatsache, daß sogar post-religiöse Gesellschaften - wie es die meisten westlichen Gesllschaften, voran die in Europa jetzt sind- Propheten und Prohezeiungen brauchen? "


Zwischen den beiden Prophezeiungen- behauptet Panebianco- gibt es Ähnlichkeiten und Unterschiede.

Eine Ähnlichkeit zwischen dem religiösen und dem postreligiösen Zeitalter ist, daß in beiden die Prophezeiung durchbricht, wenn die alten Glauben erschöpft sind- seien sie religiös oder zivil- wie im Fall der westlichen Zivilisation .  

Aber die größte Ähnlichkeit ist -Panebiancos Meinung nach- daß beide Prophezeiungen einerseits die unmittelbar bevorstehenden Katastrophe beklagen und andererseits den Weg zur Rettung anzeigen. 

Im religiössen Zeitalter- war die drohende Katastrophe Gottes Gericht über das böse Verhalten der Menschen.- es genügt an die Berichte des Neuen Testamentes über die Predigten Johannes des Täufers zu denken. Während in unserem postreligiösen Zeitalter die angekündigte Katastrophe die Frucht der Rebellion der Natur gegen menschliche Manipulation ist." 

In beiden Fällen "ist die Prophezeiung erfolgreich, falls und wenn sie wesentliche Fragen anspricht. Indem die Prophezeiung akzeptiert wird, geben die Leute ihrer Existenz eine neue Bedeutung, sie fühlen sich -zumindesst teilweise- anders als bevor sie sie kannten und machen die Botschaft zu ihrer eigenen." 

Aber genau hier setzt der Unterscheid ein. "Religiöse Prophetie, die den Menschen angeboten wird, jedem einzelnen Menschen, antwortet- und tröstet deshalb- bzgl. der letzten Fragen nach dem Sinn des Lebens, der Bedeutung von Leben und Tod ebenso wie der Gründe für das Leiden im irdischen Leben. Religiöse Prophetie verankert die Individuen an einen Glaubensschatz, der jedem menschlichen Wesen das Bewußtsein für seinen Platz in der Welt gibt und die nötige Stärke, um sich den Kämpfen des Lebens entgegen zu stellen. "

Aber was  kann in einem post-religiösen Zeitalter- über eine reine Umwelt-Prophezeiung mit ihrer exklusiv irdischen Botschaft gesagt werden? "Kann sie so viel Kraft und Fähigkeit haben, der Existenz von Individuen eine Bedeutung zu geben? Panebianco erinnert an den Vorgänger von Karl Marx mit der Verbindung zwischen seiner Botschaft und der alten jüdischen Prophetie, die tatsächlich lange Zeit "den Handlungen von Millionen Menschen Sinn gab."

Kurzzeitig erweist sich sogar Gretas Prophezeiung.- durch das globale Kommunikatikonssystem vervielfältigt- als machtvoll. "Aber es ist keineswegs sicher, daß sie in der Lage ist, auf lange Sicht ein Verlangen nach Sinn zu befriedigen und als Ergebnis "eine andauernde Veränderung dabei herbeizuführen, wie Individuen oder viele von ihnen, ihr Leben in der Welt leben." 

So viel zu Panebiancos Vergleich zwischen den beiden Prophetien-der religiösen und der postreligiösen. 

Instinktiv würde man deshalb denken, daß Franziskus der Träger der religiösen Prophetie ist. Aber das ist er nicht. Am 4. Oktober, gerade als Greta in Italien war, um dem "blah blah blah" seiner Regierenden entgegenzutreten und den Protest von "Fridays for Futute" zu mobilisieren, nahm Franziskus an einem Meeting von Religiösen Persönlichkeiten und Wissenschaftlern teil, das von den Botschaften Groß-Britanniens und Italiens beim Hl. Stuhl als Vorbereitung auf die Konferenz in Glasgow organisiert wurde.

Das Treffen gipfelte in einem feierlichen Appell zur Bewahrung der Natur, das außer von Papst Franziskus vom Ökumenischen Patriarchen von Konstatinopel, Bartholomäus I, dem Moskauer Patriarchen Kirill, dem Groß-Imam von Al-Azhar Ahmad Al-Tayyeb, Rabbi Noam Marswans und Repräsentanten des Buddhismus und anderer Religionen unterzeichnet wurde. 

Also gut, in den 2350 Worten des Appells kommt das Wort Gott kein einziges mal vor. Auch nicht die Worte "Schöpfer" "geschaffen" "Geschöpf". Die Natur wird als die "lebensspendende Kraft" definiert.  Der einzige leise schüchternde Bezug auf die Transzendenz ist die Anerkennung der "Zeichen von göttlicher Harmonie" in der natürlichen Welt. 

Zu wenig, oder fast gar nichts, um gegen Gretas exklusiv irdische Prophezeiung aufzustehen, selbst im Äußersten, eingeschüchtert bis zur Banalität, z.B. wie der Appell von Franziskus und den anderen religiösen Führern bekräftigt, daß "nur noch ein Jahrzehnt bleiben könnte, um den Planeten wiederherzustellen," 

Vor zwei Jahren hat Professor Panebianco zusammen mit seinem Kollegen der Universität Bologna, Sergio Belardinelli, einem Katholiken, ein Buch veröffentlicht, in dem der aktuelle Zustand der europäischen Zivilisation und des Christentums analysiert wird.

Die Kritik, die die beiden Autoren gegen die Kirche heute erhoben, war, daß sie "zu menschlich" und "kaum eschatologisch", zu leise über Gott als "Schöpfer und Herr des Himmels und der Erde" ist, wenn dagegen diese" Prophetie" absoluten Vorrang haben sollte- wie es Joseph Ratzinger ganz klar war."  

Nachdem die Dinge nun so sind, ist die Idee, Greta an Stelle des Papstes nach Glasgow zu schicken keineswegs weit hergeholt." 

Quelle: S. Magister, Settimo Cielo

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