Montag, 29. November 2021

Papst Franziskus und die kirchlichen Bewegungen

A. Gagliarducci befaßt sich in seiner wöchentlichen Kolumne für "Monday in the Vatican" mit der Beziehung des amtierenden Pontifex zu den kirchlichen Bewegungen und mit seinen jüngsten Eingriffen in deren Regelwerke.
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"PAPST FRANZISKUS UND DIE BEZIEHUNG ZU DEN BEWEGUNGEN" 

Julian Carrons plötzlicher Rücktritt von der Leitung von Comunione e Liberazione war die erste Folge des Dekrets des Dicasteriums für Laien, Familie und Leben, das bestimmt, daß keine kirchliche Bewegung. die nicht von ihrem Gründer geleitet wird, einen Präidenten oder Vorsitzenden haben darf, der länger als zwei 5-Jahresperioden im Amt ist. Diese Maßnahme wurde als Axthieb von Papst Franziskus gegen die kirchlichen Bewegungen betrachtet. Ist es also ein direkter Angriff von Papst Feranziskus auf die Bewegungen? Oder ist es eher Teil seines modus operandi, seines Bestrebens, Prozesse anzustoßen und gleichzeitig andere zu unterbrechen, die sich entwickeln?

Die Frage ist legitim, wenn wir bedenken, daß die Anordnung, die die kirchlichen Bewegungen betrifft, denen für alle Leitungsämter der Kurie gleicht. Mit der von Papst Franziskus gewollten Reform sollte es nicht länger irgendein Leitungsamt geben, das länger als zwei 5-Jahresperioden dauern darf. Und man muß sagen, daß Papst Franziskus diese Regel anwendet- wie z.B. mit den fast plötzlichen Versetzungen seiner Sekretäre. 

Um Bergoglios Haltung zu verstehen, müssen wir in der Zeit  noch weiter zurück gehen-  ins Jahr 2008.  Dieser Anlaß - Alver Metalli, ein Italiener wurde für Jahre nach Argentinien versetzt- wurde hervorgehoben. Er war der ehemalige Direktor von 30 Giorni, einer Monatszeitschrift, die mit Comunione e Liberazione verbunden ist- :Metalli steht für Comunione e Liberazione und gehört zu dem Kreis, der um Pater Giacomo Tantardini, Gründer der Monatsschrift 30 Giorni und Freund von Kardinal Bergoglio, gegründet wurde.

Metalli erinnert daran, daß Kardinal Bergoglio am 22. Juli 2008  "Ist es möglich auf diese Weise zu leben"?" , ein Buch des Gründers von Communione e Liberazione, Don Luigi Giussani, vorstellen wollte. Es war das vierte mal,  daß er ein Buch von Fr. Giussani, den Papst Franziskus immer sehr wertschätzte, präsentierte.

Es war aber das erstemal, daß die Präsentation nach dem Tod Giussanis stattfand. Und Bergoglio- sagt Metalli- fragte sich, "wie man das Erbe und besonders das schriftliche Erbe eines Gründers übernehmen könne? Mit der Hermeneutik beginnen? Die große Versuchung in diesen Situationen ist, das Erbe zu codifizieren, in diesem Fall aus Giussanis Ideen und Aussagen ein Handbuch zu machen." Er sagte, daß diese Frage gestellt werden müsse solange Giussanis Stimme noch lebte, aber es war eine Frage, an die auch 20 Jahre später erinnert werden sollte. 


Metalli sagt. daß  Bergoglio zwei Wochen später das Konzept auf eine andere Bewegung übertrug- auf Sant´Egidio. während er das Buch "Convivere" des Gründers, Andrea Riccardi, vorstellte. 

Hier lohnt es sich, Metallis Erzählung direkt zu folgen. 

"Schon der dritte General nach St. Ignatius war versucht gewesen, die ignatianische Intuition der Institutsformel zu kodifizieren, undauf der ganzen Welt begannen die Konstitutionen und Regeln zu entstehen: für Priester, für Studenten, für den Mesner, für den Türsteher ... Alles, was sie zu tun hatten, war kodifiziert. In einer anderen Ära, während des Pontifikats von Pius XI, hat ein Ordensgeneral der Gesellschaft alle Regeln neu festgelegt. Das heißt, die Jesuiten durchliefen eine zweite Destillation, einen zweiten Durchgang. Dieser General schuf den Auszug [ein Kompendium]des Instituts der Gesellschaft, in dem die Satzung und die Regeln zusammen waren, alles gut nach Themen kodifiziert und mit einem sehr umfangreichen kritischen System. Dieser General, ein sehr heiliger Mann, ging zum Oberen der Benediktiner und brachte ihm als Geschenk das, was er getan hatte. Der Benediktiner sah ihn an und sagte: "Pater, damit haben Sie gerade die Gesellschaft umgebracht.“

Dann, Bergoglio antwortete mit den Vorschlägen des Heiligen Vinzenz von Lerins, wie man das Erbe eines Gründers in die Hand nehmen kann. Kurz gesagt, für Papst Franziskus wird ein Charisma "nicht wenn es bewahrt wird“, sondern "wenn es sich mit der Zeit ausdehnt und andere Formen annimmt, wenn es gemäß der historischen Zeit zu immer reicheren Ausdrucksformen sublimiert wird,  über die Jahre hinweg verewigt  . ”

Es sei darauf hingewiesen, daß es nicht das erste Mal ist, daß der Papst den Heiligen Vinzenz von Lerins erwähnt. Dies hatte er bereits in seinem ersten Interview mit La Civiltà Cattolica im Jahr 2013 getan. Danach hatte er ihn in einem seiner Grüße zum 25. Jahrestag der Veröffentlichung des Katechismus der Katholischen Kirche erwähnt.

Bei dieser letzten Gelegenheit zitierte der Papst das einzige Werk des Heiligen Vinzenz von Lerins, das uns unversehrt überliefert ist, das Commonittorium. Aber jemand wird vielleicht sagen: ‚Wird es in der Kirche Christi keinen Fortschritt geben?‘ Gewiss wird es – jeden möglichen Fortschritt geben. Denn welches Wesen ist so neidisch auf die Menschen, so voller Hass auf Gott, das versuchen würde, den zu verbieten?“ schrieb der Hl.  Vincent.

In der Praxis spricht St. Vinzenz nicht von einer Änderung der Lehre, sondern von einem neuen Ansatz, einer neuen Sichtweise. Genau, um Dinge aus den vorgefertigten Schemata herauszunehmen. Papst Franziskus glaubt, dass dies der beste Weg ist, die Menschen zu „zwingen“, ihre Befugnisse einzuschränken. Papst Franziskus erzieht nicht zu Veränderungen. Er sorgt einfach dafür, daß das umgesetzt wird, und er tut es kraftvoll und entscheidet autoritär. 

Papst Franziskus will nicht die Charismen ändern. Er will, daß sich die Mentalitäten ändern. Und er möchte derjenige sein, der den Wandel anführt. Es ist ein zentralisierender Ansatz, auch wenn alle sagen, Papst Franziskus befürworte und habe die Synodalität wesentlich entwickelt. Dies entspricht jedoch nicht der Realität.

Wir müssen an den enormen juristischen Korpus des Papstes denken und an klare Entscheidungen, die zu bestimmten Zeiten getroffen wurden. Jüngstes Beispiel ist das motu proprio Traditionis Custodes, das jede Liberalisierung für diejenigen, die nach altem Ritus feiern wollen, praktisch aufhebt und dies auf klare Weise tut und sogar Distanz zu anderen Ansätzen schafft.

Am Ende macht der Papst, der Gesetze und Kodifizierungen hassen soll, recht schnell Gesetze und Kodizes. Ob diese den Test der Zeit überstehen , muß sich noch erweisen. Die Entscheidung über die Bewegungen ist jedoch Teil dieser Logik von Papst Franziskus. Die Logik derer, die eher entscheiden als begleiten wollen, folgt einem fast säkularen modus operandi. Denn ohne Begleitung bleibt nur die Entscheidung des Chefs. Es könnte jedoch schwierig sein, diese Art der Entscheidungsfindung  zu ertragen. "

Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican

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