In seiner heutigen Kolumne für Monday in the Vatican setzt sich A. Gagliarducci mit dem nächsten Pontifikat auseinander.
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"PAPST FRANZISKUS, WIE WIRD DAS NÄCHSTE PONTIFIKAT AUSSEHEN?"
Es ist kein Geheimnis, daß man an die Nachfolge eines Papstes denkt, wenn er noch im Amt ist. Und es ist auch kein Geheimnis, daß nach der Operation am 4. Juli öfter über eine möglichen Nachfolger von Papst Franziskus gesprochen wurde. Das hat Papst Franziskus nicht gefallen. Bei der Rückkehr aus der Slowakei, ließ er erkennen, daß manche ihn bereits für tot hielten. Seither ist der Papst sogar noch unberechenbarer geworden. Und das zu nichts anderem geführt, als daß diese Reden, Treffen und Dialoge über die mögliche Nachfolge sich vervielfachten.
Was in diesen Dialogen neu ist, ist nicht so sehr, daß über die Nachfolge des Papste gesprochen wird. Stattdessen sind die Unterschiede zwischen Progressiven und Konservativen subtiler, immer nuancierter und immer weniger klar erkennbar. Es gibt eine allgemeine Unzufriedenheit mit dem Pontifikat. Es gibt Erwartungen auf eine Veränderung von Grund auf.
Wieso mißfällt Papst Franziskus allen? Bis jetzt hat Papst Franziskus nicht auf die Ideologie geachtet- Er hat - mit erkennbarem Pragmatismus- darauf geachtet, wer ihm bei der Handhabung der Macht helfen würde. Er hat auf jeden gehört, aber dann beschloss er auf eine Lösung zu achten, die ihn vor Kritik schützte. Der Papst ist immer geschützt geblieben-trotz herausfordernder Situationen.
Beim sexuellen Mißbrauch z.B. hat Papst Franziskus zuerst jeden Hinweis ignoriert uznd dann eine Kommission geschickt und sich über Fehler beklagt. Schließlich hat er die Chilenischen Bischöfe einbestellt, die alle zurücktraten.
Der veröffentlichte Bericht war sorgfältig bemüht, den Papst vor der Verantwortung für die McCarrick-Frage zu schützen, und vorherige Pontifikate wg. fast allem zu beschuldigen. Der Papst approbierte das Dokument zur Glaubenslehre, das Nein zur Segnung homosexueller Paare sagte, dann konnte man -unterstützt durch unklare Äußerungen einiger Medien-denken. daß er diesem Zugang gegenüber Vorbehalte habe. Als er während der "fliegenden Pressekonferenz dazu befragt wurde, blieb er undeutlich.
Jetzt hat der Papst persönlich mit vier persönlichen Reskripten in die Durchführung der Gerichtsverfahren im Vatican eingegriffen. Aber er hat auch in den Londoner Immobilien-Deal persönlich eingegriffen, der trotz der Verluste Gewinn einbrachte. Der Prozess befindet sich zur Zeit immer noch im Vorbereitungs-Stadium und wird bisher vom Papst als Beweis für TRansparenz präsentiert. Aber wird sich das Narrativ ändern. wenn sich erweist, daß diese Transparenz dazu dient, einige Fehler zu vertuschen?
Das sind die jüngsten Beispiele, die zeigen wie Papst Franziskus in jeder Situation von Kritik frei bleibt. Jene, die von einem Komplott gegen den Papst sprechen, realisieren nicht, daß es immer Angriffe gegen Päpste gegeben hat, weil es die Kirche ist, die angegriffen wird. Denken Sie nur an Benedikt XVI der immer noch als Sündenbock für Ereignisse benutzt wird, die lange vergangen und schon geklärt sind. Jeder winzige Kommunikationsfehler wird bei Benedikt XVI riesig. Nicht so bei Papst Franziskus.
Und das wahrscheinlich, weil Papst Franziskus´ Kommunikation sich auf ihn selbst konzentriert. Die Papst-Interviews drehen sich darum, was der Papst denkt, und mit welchen Teilen der Kirchengeschichte er übereinstimmt. Startpunkt der anderen Päpste war die Kirche, immer einen Stück hinter die Rolle zurückgetreten, die sie innehatten. Sogar bei Johannes Paul II trotz seines offensichtlichen Charismas Massen zu versammeln.
Papst Franziskus ist deshalb ein Epochenwechsel. Außer den Beispielen, die zeigen, wie der Papst die Distanz zu Problemen einhält, gibt es einige Widersprüche bei der Handhabung komplexer Dossiers.
Der Vatican-Experte Sandro Magister hat den Unterschied in der Behandlung festgestellt, z.B.in drei speziellen Situationen: der Frage des Malteser Ordens,; wie die die Gemeinschaft von Sant´ Egidio behandelt wird; und die Vertreibung des Gründers der Gemeinschaft von Bose, Enzo Bianchi, der auch als Freund von Papst Franziskus betrachtet wurde und dessen Teilnahme an der Familien-Synode der Papst wollte.
Diese drei Beispiele zeigen, daß es niemanden gibt, den der Papst immer als Freund ansieht. Selbst die Privatsekretäre von Papst Franziskus haben während seines Pontifikates gewechselt. Das ist so, weil Papst Franziskus alles selbst handhaben will. Seine Strategie ist, den anderen die Macht zu nehmen. Und deshalb hat niemand die Kontrolle. Die Privatsekretäre nicht, dazu bestimmt, ersetzt zu werden und auf alle Fälle ohne Kenntnis vieler päpstlicher Ernennungen. Die Leiter der Dicasterien haben sie nicht und haben keine Sicherheit bzgl, der Entscheidungen des Papstes -mit einer auf zwei 5-jährige Perioden beschränkte Amtszeit. Nicht einmal die Ortsbischöfe haben Macht, gezwungen vorsichtig zu navigieren und zu hoffen, keine ernsthaften Fehler zu begehen.
So kommt es zu Paradoxa: Kardinal Antonio Cañizares, Erzbischof von Valencia, führte aus übertriebenem Eifer auf Anweisung des Papstes buchstäblich aus, die es tatsächlich fast vollständig verbietet, das alte Messbuch zu verwenden. Cañizares war jedoch der Kardinal, der die Feier der Summorum Pontificum- Wallfahrt für die Gläubigen leitete, die den usus antiquor bevorzugten. Konnte er seine Meinung so radikal ändern?
Gleichzeitig war es überraschend, daß Kardinal Matteo Zuppi. Erzbischof von Bologna dagegen Traditionis Custodes weniger wörtlich anwandte und sofort bekannt gab, daß die Messe nach tridentinischen Ritus auch weiterhin zelebriert wird. Zuppi ist ein Kardinal, der zur progressiven Front gezählt wird, einer, der nie im Tridentinische Ritus zelebrieren würde. .
In der Praxis sorgt sich jeder um seinen eigenen Bereich, im Bewußtsein, daß ein Fehler in eine Maßregelung durch den Papst münden könnte, der sich nie gescheut hat, jene die er nicht als gleichrangig ansieht, zu entlassen.
Was könnte dann also in einem kommenden Konklave passieren? Zuerst wird es keine entgegengesetzten Blöcke geben, weil der Papst -getreu dem Prinzip die Macht zu nehmen, die Kardinäle sich bei Konsistorien nie hat begegnen lassen, außer wenn neue Kardinäle kreiert wurden. So wird es nie die Wahrnehmung entgegengesetzter Seiten geben. Aber andererseits werden viele Menschen verstehen wollen, was da vor sich geht.
Allgemein sagen einige Kardinals-Kreise, daß "der Fehler von 2013 nicht noch einmal gemacht wird". Wie genau- muß sich zeigen. Einige Kardinäle sagen, daß sie mindestens über 41 Stimmen verfügen, aber selbst das kann eine unsichere Zahl sein. Am Ende stimmen die Kardinäle wie sie wollen, wie sie sich inspiriert fühlen und sie folgen sicher nicht einer "Partei-Anordnung".
Papst Franziskus weiß das. Er versucht die Nachfolge durch eine Reihe von gezielten Ernennungen zu sichern. Es wird sicher auf diese Weise beim nächsten Konsistorium das Kardinalskollegium "gestalten", das nicht vor dem kommenden Oktober stattfinden sollte, um Überraschungen auszuschließen. Es wird über mindestens 15 Kardinäle geredet, die beim ersten Konsistorium nach der Operation von Papst Franziskus kreiert werden und von denen mindestens 10 Wähler sein werden. Mit einer überwältigenden Mehrheit der Kardinäle nach seinem Bild und Ähnlichkeit hofft der Papst, daß die jemanden wählen wird, der der Richtung seines Pontifikates folgt.
Es ist aber nicht sicher, daß das ein Franziskus II sein wird. Es könnte auch ein Paul VII sein, ein Papst aus Zentraleuropa mit herausragender Kompetenz im Kirchenrecht, der so einige juristische Mängel dieses Pontifikates "beheben" kann. Alles ist ungewiss.
Was einem in den Sinn kommt, ist daß diese Ungewißheit gewollt ist, so daß niemand etwas im Hinblick auf ein Konklave organisieren kann. Alles muß unsicher sein, weil klar sein muß, daß Papst Franziskus der einzige ist, der die Macht handhabt.
Aber welche Kirche wird Papst Franziskus hinterlassen? Wenn man genau hinschaut, wird er eine Kirche hinterlassen, die aufgebaut werden muß, die sogar Angst davor hat, die Initiative zu ergreifen und die Männer und Evangelisierung zurückhält. Das Ergebnis wird eine Kirche sein, die vielleicht nicht sehr nett und nicht besonders empathisch ist. Eine Kirche, die für sich selbst werben muß, anstatt zu evangelisieren. Diese Feststellungen mögen vielleicht stark erscheinen. Aber ich denke, daß diese Möglichkeit nicht unterschätzt werden darf.
Ist es das, was Papst Franziskus will? Wir werden sehen."
Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican
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