Donnerstag, 5. Mai 2022

Sandro Magister: Über die Kriterien des Papstes bei seinen Ernennungen und Entlassungen von Bischöfen

S. Magister kommentiert bei Settimo Cielo anläßlich einiger aktueller Ereignisse die Gepflogenheiten und Kriterien von Papst Franziskus bei der Ernennung und Entlassung von Bischöfen.
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"FRANZISKUS´ KRITERIEN FÜR DIE ERNENNUNG ODER ENTLASSUNG VON BISCHÖFEN: EIN BEISPIEL" 

Die Ernennung des neuen Erzbischofs von Paris ist die letzte der wichtigen Ernennungen durch Papst Franziskus. Der neu ernannte Laurent Ulrich, früherer Bischof von Chambéry und dann von Lille, wird allgemein als gemäßigt Progressiver angesehen, der Jorge Mario Bergoglio in seiner Sensibilität für Migranten und in der Identifizierung des "Klerikalismus" als wahre Ursache für den sexuellen Mißbrauch nahe steht.

Aber mehr noch als diese Ernennung ist es die Art, wie der Vorgänger sein Amt aufgeben mußte, die den Stil des päpstlichen Managements charakterisiert. Michel Aupetit, seit 2017 Erzbischof von Paris, wurde durch eine massive Meinungskampagne-  überschwemmt, die gegen ihn wegen einer angeblichen Beziehung zu einer Sekretärin ausgegraben und verwendet wurde, die schon Jahre zuvor von den Kirchenautoritäten als unbegründet abgetan worden war. Franziskus ist dafür bekannt, das was er "Geschwätz" nennt wie die Pest zu hassen, was er dutzende von malen als sogar krimineller als Terrorismus brandmarkte- und dennoch zögerte er nicht, Aupetit zu opfern- auf , wie er selbst, der Papst, es nannte, "dem Altar der Heuchelei". 

Auch 2020 beugte er sich dieser Taktik: bei der Entlassung von Kardinal Philippe Barbarin als Erzbischof von Lyon, der vor Gericht freigesprochen aber durch eine Welle medialer Beschuldigungen der Vertuschung eines angeblichen Mißbrauchs beschuldigt wurde.

Jetzt schwebt über dem Erzbischof von Köln, Kardinal Rainer Maria Woelki eine ähnliche Meinungskampagne, der in Wirklichkeit als einer der wenigen Kritiker des "Synodalen Weges" der deutschen Kirche ins Visier genommen wird. Auch der Erzbischof von Mailand Mario Delpini ist unter Feuer geraten, auch er wird beschuldigt, Mißbräuche vertuscht zu haben. 

Paris, Lyon, Köln und Mailand sind Diözesen größter Wichtigkeit. Dennoch spielt bei ihnen- bei der Entlassung ihrer jeweiligen Amtsinhaber "der Altar der Heuchelei" die Hauptrolle, sogar für den Papst.

Rom ist eine weitere Diözese, in der die Kriterien für Entlassungen und Ernennungen durch Franziskus sehr willkürlich erscheinen. 

Der Bischof von Rom ist der Papst, selbst wenn Bergoglio sich selbst nicht besonders in dieser Rolle zu sehen scheint. Die Stellung des Vikars ist deshalb eine Schlüsselposition, die Franziskus 2017 Angelo de Donatis zuerkannte, den er im folgenden Jahr zum Kardinal beförderte. 

Allerdings war die Idylle zwischen den beiden nur von kurzer Dauer. Der Kardinal-Vikar fiel wegen eines Briefes, den er am 13. März 2020 mitten in der Covid-Pandemie an die Gläubigen schrieb, in Ungnade. 


Am Tag vorher hatte de Donatis ein Dekret formuliert, daß die totale Schließung aller Römischen Kirchen für die Dauer von 3 Wochen anordnete. 

Außer daß Papst Fraanziskus am Morgen des 13. März zu Beginn der Messe, die er einsam in Santa Marta zelebrierte und die via internet gestreamt wurde,  die "drastischen Maßnahmen", die sein Vikar am Tag zuvor angeordnet hatte, mißbilligte - als "nicht gut" und von "mangelndem Urteilsvermögen". Und am selben Morgen öffnete Kardinal Konrad Krajewski, Almosenier und vertrauter operativer Arm des Papstes, theatralisch die Tür der römischen Kirche, deren Rektor er ist und stellte so prahlerisch seinen Ungehorsam zur Schau. 

Alles was de Donatis tun konnte, war das zurückzunehmen und am selben Tag ein Gegen-Dekret zu verfassen, das die Kirchen wieder öffnete. Aber er begleitete das mit einem Brief an die Gläubigen, in dem er sie darüber unterrichtete, daß die unglückliche Schließung "nach der Konsultation unseres Bischofs, Papst Franziskus" beschlossen wurde. 

Das hat Bergoglio ihm nicht verziehen. Seit diesem Tag ist nicht nur Kardinal De Donatis sondern das gesamte Vikariat Roms abgemeldet. Ohne Stellvertreter, eine Schlüsselposition, die seit 2017 vakant ist die nur für wenige Monate  einem Bischof anvertraut wurde, Gianpiero Palmeri, der zunächst Franziskus´ Herzen nahe stand, aber bald auch in Ungnade fiel und nach Ascoli Piceno geschickt wurde. Ohne Weihbischof  für den Ostteil Roms. Mit den beiden Weihbischöfen für die nördlichen und südlichen Bezirke der Stadt. Guerino Di Tora und Paolo Selvadagi treten aus Altersgründen zurück und warten noch auf einen Nachfolger. 

Inzwischen gehen Gerüchte herum, daß De Donatis bald als Vikar abgesetzt- und in die Kurie versetzt wird, vielleicht um als Groß-Pönitentiar zu wirken, sicher keine Beförderung. Während Franziskus an seiner Stelle Kardinal Augusto Paolo Lojudice, aus Siena , wo er jetzt Erzbischof ist, zurückrufen würde, den früheren Weihbischof von De Donatis im südlichen Bezirk Roms und der steht dem Herzen des Papstes tatsächlich nahe. 

Nicht nur das. Für Lojudice scheint auch der Weg frei zu sein, von Franziskus zum Präsidenten der italienischen Bischofskonferenz ernannt zu werden, und dann Kardinal Gualtiero Bassetti, 80 zu ersetzen, dessen Amtszeit in diesem Monat Mai abläuft. 

Bassetti ist ein anderer, der von den Altären in den Staub gefallen ist, nach den Stimmungen des Papstes.

Franziskus konnte seinen Widerstand dagegen, das zu tun, was er selbst, der Papst, in Italien tun wollte, nicht ertragen, in erster Linie eine nationale Synode. Und umgekehrt hat es dem Papst nie gefallen, was Bassetti aus eigener Initiative machte, insbesondere die internationale Doppelkonferenz der Kirchen und Nationen des Mittelmeerraums für den Frieden zwischen den Völkern und Religionen, das erste Mal in Bari und das zweite Mal in Florenz, an der die Bischöfe und Bürgermeister der wichtigsten Städte, von Jerusalem über Athen bis Istanbul, teilnahmen. 

Das Pech wollte, daß die Konferenz in Florenz am selben Tag, dem 24. Februar 2022, begann, an dem die russischen Aggression gegen die Ukraine gestartet wurde. Es ist wahr, daß das Schwarze Meer und das Asowsche Meer auch Teil des Mittelmeers sind, aber dieses Gebiet war sicherlich nicht im "Fokus" des Programms, das die Ankunft des Papstes, mit seiner Rede und dem Treffen mit den Bischöfen und Bürgermeistern für den letzten Sonntag, den 27. Februar, vorsah.

Aber dann, während der laufenden Konferenz, sagte Franziskus seinen Besuch in Florenz unter Berufung auf Gehschwierigkeiten ab. An seine Stelle würde Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin treten, der die Rede des Papstes verlesen würde. Aber nicht einmal Parolin kam dorthin und Bassetti war an der Reihe, die Abschlussmesse zu feiern, - ohne auch nur die Rede des Papstes, die ebenfalls verschwand. Es blieb nur, zu hören, was Franziskus beim Angelus über die Konferenz gesagt hätte, und aus diesem Grund wurden große Bildschirme innerhalb und außerhalb der florentinischen Basilika Santa Croce aufgestellt, auf denen der Papst live im Fernsehen gesehen und gehört werden konnte. Unter den Zuschauern, die gespannt warteten, befand sich auch der Präsident der Italienischen Republik Sergio Mattarella. Nun, beim Angelus widmete Franziskus der Mittelmeerkonferenz kein einziges Wort. Es gab dann ein nie bewiesenes Gerücht, daß sein Schweigen auf die Anwesenheit eines leitenden Angestellten von Leonardo, dem größten italienischen Waffenhersteller, in Florenz zurückzuführen sei. In Wirklichkeit war der wahre Grund, Bassetti und die italienische Bischofskonferenz, der er vorsteht, zu demütigen.

Wie der Papst bereits in einem Gespräch mit dem Vikar und den Weihbischöfen Roms am 23. April und dann am 2. Mai mit dem Direktor des Corriere della Sera  Luciano Fontana bekannt machte, plant er, "einen Kardinal zu ernennen". Nach dem, was daraus geschlossen wurde, wird er zwischen Lojudice und Matteo Zuppi, dem Erzbischof von Bologna wählen und daß es höchstwahrscheinlich Lojudice sein wird. 

Die Identifikation des Vikars von Rom mit dem Präsidenten der CEI, die die Pontifikate von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. kennzeichnete, wobei Kardinal Camillo Ruini beide Rollen in enger Verbindung mit dem Papst spielte, könnte somit wieder in Mode kommen.

Was Zuppi betrifft, so ist wahrscheinlich, daß er nicht darauf erpicht ist, diese Nominierung zu gewinnen. Als Erster in der Rangliste unter den Papabili hat er kein Interesse an einer Präsidentschaft der CEI, die ihm mehr Nachteile als Vorteile bringen würde, und noch weniger wegen seiner Nähe zu Franziskus, die für diejenigen, die seine Nachfolge anstreben, zu ausgeprägt ist.

Zu den von Papst Franziskus praktizierten Kriterien der Entlassungen und Ernennungen von Bischöfen können wir auch auf die "Entbindung" von Bischof Daniel Fernández Torres, 57, "von der Seelsorge" in der puerto-ricanischen Diözese Arecibo hinweisen.

Ein Motiv für die erzwungene "Entlastung" wurde weder durch die  vatikanische Erklärung vom 9. März 2022 noch durch die Bischofskonferenz von Puerto Rico bekannt gegeben. Sogar der entlassene Bischof sagte, daß "es nicht an mir liegt, eine Entscheidung zu erklären, die ich mir nicht erklären kann".

Es ist nicht das erste Mal, daß Bischöfe von Franziskus abgesetzt, aber immer dazu zu gebracht wurden, ein Dokument des freiwilligen Verzichts zu unterzeichnen. Diesmal hat sich erstmals ein Bischof  geweigert, sich zu beugen – und in der Tat erklärt, er wolle "mit erhobenem Haupt" fortfahren und sich "glücklich fühlen, Verfolgung und Verleumdung zu erleiden, weil er die Wahrheit der Menschenwürde verkündet hat" – der Papst "habe ihn gewaltsam entlastet".

Es ist auch nicht das erste Mal, daß Franziskus einen Bischof ohne Erklärung entlassen hat. Es gibt Gerüchte, daß Fernández Torres bestraft wurde, weil er die Befehlsverweigerung gegen die Verpflichtung zur Anti-Covid-Impfung unterstützte. Aber das wäre für eine so drastische Bestrafung zu wenig.

Der emeritierte Erzbischof von La Plata Héctor Aguer, eine der seltenen freien Stimme im argentinischen Episkopat, sagte, er kenne und schätze den entlassenen Bischof von Puerto Rico und habe seine "großartige Diözese mit großer pastoraler Aktivität und mit einem Aufblühen von Berufungen" besuchen können.

Der jesuitische Bischof Álvaro Corrada del Río, der von Rom ernannt wurde, um die Diözese Arecibo bis zur Ernennung seines Nachfolgers zu verwalten, sagte dann während eines Treffens mit dem Klerus von Puerto Rico, daß der "Entlastung" von Fernández Torres der geheime apostolische Besuch eines Kardinals, des Erzbischofs von Chicago Blase Cupich, vorausgegangen sei, der Papst Franziskus sehr nahe steht

Tatsache ist, daß das Urteil verhängt wurde, ohne die Anklagepunkte zu erklären oder der Verteidigung eine Stimme zu geben.

Das letzte Beispiel für die Ernennungen war am 19. Februar die des neuen Erzbischofs von Turin in Person des 55-jährigen Theologen Roberto Repole.

Repole hat keine Erfahrung in der Leitung einer Diözese und gehörte nicht einmal zu den prominentesten Kandidaten. Indem er ihn wählte, überraschte Franziskus alle und scheute sich nicht, die Aufmerksamkeit auf einen Brennpunkt in seinem Pontifikat zu lenken, durch den der zugrunde liegende Kontrast zwischen dem emeritierten Papst Benedikt XVI. und dem Kreis der Geistlichen, die Bergoglio am nächsten standen, durchschlagend ans Licht kam.

Der Fall brach 2017 mit der Veröffentlichung einer Serie von elf Broschüren durch die Libreria Editrice Vaticana aus, die von ebenso vielen Theologen geschrieben wurden und darauf abzielten, "die Tiefe der theologischen Wurzeln des Denkens, der Gesten und des Dienstes von Papst Franziskus zu zeigen".

Joseph Ratzinger wurde gebeten, ein Vorwort für die elf Libretti zu schreiben, in dem er ihren Inhalt lobte und ihre Lektüre empfahl.

Aber Ratzinger lehnte ab. Er schrieb in einem Brief an den damaligen Leiter der vatikanischen Kommunikation Dario Viganò, daß er nicht die Absicht habe, diese Broschüren zu lesen, weil unter ihren Autoren einige seiner langjährigen Feinde waren, an der Spitze der deutsche Theologe Peter Hünermann, " weil der wie während meines Pontifikats ans Licht gekommen ist,  antipäpstliche Initiativen geleitet hat".

Es war Settimo Cielo, das die Teile von Ratzingers Brief veröffentlichte, die Viganò zu verbergen versucht hatte. Der Vorfall kostete den Monsignore seinen Job, aber nicht seine Nähe zum Papst, der ihn immer noch liebt. Tatsache ist, daß diese Geschichte einen Riss markierte, die in den Beziehungen zwischen dem regierenden Papst, dem emeritierten Papst und ihren jeweiligen Kreisen nicht mehr geheilt wurde, so die Rekonstruktion des Vatikanexperten Massimo Franco, Kolumnist des "Corriere della Sera", in einem im letzten Monat veröffentlichten Buch.

Nun, wer war der Herausgeber der elf Libretti und der Autor eines von ihnen? Roberto Repole, der jetzt von Papst Franziskus zum Erzbischof von Turin befördert wird." 

Quelle; S. Magister, Settimo Cielo

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