George Weigel kommentiert bei firstThings die aktuellen Versuche, die Katholische Moraltheologie und die Morallehre des Hl. Johannes Pauls II nach den Vorgaben des heutigen Zeitgeistes zu revidieren und die Kultur des Lebens den aggressiven Forderungen der Abtreibungs-Lobby zu unterwerfen und er nennt diese Versuche ein "weiteres Attentat gegen JP II".
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"EIN WEITERER ANGRIFF AUF JOHANNES PAUL II"
Am 13. Mai 1981 aß Papst Johannes Paul II mit Dr. Jerome Lejeune, dem namhaften französischen Kinderarzt und Genetiker, der die für das Down-Syndrom verantwortliche Chromosomen-Aberration entdeckte, im päpstlichen Apartamento zu Mittag.
Dr Lejeune war ein prominenter pro-Life-Anwalt und die beiden Männer diskutierten die Initiativen, die der Vatican ergreifen könnte, um die Sache des Lebensrechtes und eine gesunde Moraltheologie mit dem besten der modernen Wissenschaft und eine öffentliche Politik der Unterstützung einer Kultur des Lebens zu fördern. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, daß Johannes Paul und Dr. Lejeune auch diskutierten, was der Papst 1995 in der Enzyklika "Evangelium Vitae" als zerstörerische "Kultur des Todes" beschreiben sollte. Die Ironie ist natürlich, daß wenige Stunden nach diesem Mittagessen sich eine Form der Kultur des Todes zeigen sollte, als Mehmet Alli Agca auf dem Petersplatz auf Johannes Paul II schoss.
Diese Mittags-Unterhaltung zwischen zwei genialen Männern beeinflußte die Gründung von zwei neuen Institutionen in Rom: des Johannes-Paul-II-Institutes für Studien zu Ehe und Familie in der Lateran-Universität und der Päpstlichen Akademie für das Leben. Die Akademie sollte eine internen vaticanische Denk-Fabrik werden, in der Männer und Frauen guten Willens aus aller Welt zusammen daran arbeiten können, Kulturen aufzubauen, die das Leben ehrten, speziell das Leben der Schwächsten und Verletzlichsten. Das Institut seinerseits war als "hochprozentiges" intellektuelles Zentrum zur Erneuerung der Katholischen Moraltheologie im 21. Jahrhundert und 3. Jahrtausend geplant. Beide Initiativen waren spezielle Geschenke Johannes Pauls II an die Universale Kirche.
Das Johannes Paul II-Institut blühte 3 Jahrzehnte lang, bildete eine Generation von Theologen aus, die sich der Wiederbegründung der Katholischen Moraltheologie mit einem gesunden und zeitgenössischen philosophischen Konzept der menschlichen Person, durch die Wiedereinführung der Katholischen moralischen Überlegung zu den Tugenden und Seligpreisungen (Magna Charta des Katholischen Moral-Lebens). Das in Rom beheimatete Institut bekam bald Tochter-Institute rund um die Welt, das berühmteste unter ihnen sollte dasjenige in Washington D:C: werden. Eines dieser akademischen Zentren zu besuchen, bedeutete in eine Welt eines großen theologischen Abenteuers einzutreten, voller apostolischer Männer und Frauen, die bemüht sind, die Kulturen in denen sie leben zu bekehren.
Das alles löste innerhalb der dominierenden Katholischen Gilden der Zeit Bestürzung aus, die im Treibsand eines in den 60-er Jahren verfangenen Konzepts der Moral-Theologie verfangen waren, nach denen es keine absolute Moral gab, nichts das immer schlecht war, und in dem das Moralleben als andauernde Fluktuation ethischer Normen, der Gesellschaft und des individuellen Gewissens betrachtet wurde. Man muß nicht bezweifeln, daß dieses anorektische theologische Projekt war massiv von der sexuellen Revolution beeinflußt war. Und es ist nicht zu hart, zu vermuten, daß der "Proportionalismus" (wie dieses Verhandlungsmodell des Morallebens genannt wurde) sich zu einer Form der Kapitulation vor diesem kulturellen Tsunami entwickelte.
Jetzt haben die Gilden ihre Rache.
Im Jahr 2021 sponserte die Päpstliche Akademie des Lebens eine Konferenz, deren Tagungsband jetzt im Vatikan-Verlag unter dem Titel "Theological Ethics and Life: Scripture, Tradition, and Practical Challenges" veröffentlicht wurde. Das Buch schlägt nichts weniger als eine radikale Änderung in der Art und Weise vor, wie die Kirche über das moralische Leben lehrt: einen "Paradigmenwechsel“, wie ein Autor es ausdrückte, der den Proportionalismus (und seine Weigerung zuzugeben, daß einige Dinge einfach falsch sind, Punkt ) als die offizielle Methode der Kirche zur moralischen Argumentation verankern sollte. Dies würde natürlich bedeuten, die Lehre des heiligen Papstes Paul VI. in der Enzyklika Humanae Vitae von 1968 und die Lehre des heiligen Papstes Johannes Paul II. in der Enzyklika Veritatis Splendor von 1993 und die oben erwähnte Evangelium Vitae abzulehnen. An Diskussionen über eine solche Zurückweisung fehlte es in den letzten Jahren jedoch weder am wiedererrichteten Johannes-Paul-II-Institut in Rom (eine Hülle seines früheren Selbst) noch an der von den Jesuiten geführten Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom nicht.
Humanae Vitae, Veritatis Splendor und Evangelium Vitae lehnten auf ihre je unterschiedliche Weise den Proportionalismus als Widerspruch zum Evangelium und zu einem wahrhaft humanen Verständnis des moralischen Lebens ab. Alle drei Enzykliken brachten die dominierenden theologischen Gilden im Westen dazu, sich vor Verachtung zu winden und vor Wut zu brodeln. Und laut jüngsten Medienberichten drängen diese Gilden nun auf eine neue päpstliche Enzyklika: eine, die die Kirche in das verheißene Land der moralischen "Unterscheidung“ führen würde, das "jenseits“ dessen liegt, was die proportionalistische Gildensprache jetzt als die von Johannes Paul II. karikiert "Schwarz-Weiß-Moral“, "Rigorismus“ und "Fundamentalismus“ von Johannes Paul II. karikiert.
Sicherlich genügte doch ein Attentat auf den Papst, dessen Lehre und Beispiel die lebendigen Teile der Weltkirche beseelen? "
Quelle: G.Weigel, firstThings
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