Donnerstag, 28. Juli 2022

Die Kanada-Reise. Die Kirche als Sündenbock?

Nico Spuntoni kommentiert für La Nuova Bussola Quotidiana die aktuelle Kanada-Reise  des Papstes. Hier geht´s zum Original:  klicken

"DER PAPST IN KANANDA, ZWISCHEN ENTSCHULDIGUNGEN UND VERDIENSTEN DER KIRCHE" 

In seiner Rede in Edmonton sprach Franziskus über das System der Internatsschulen, das er als "katastrophal" bezeichnete, und räumte auch ein, daß "christliche Nächstenliebe" "vorhanden" sei und es "nicht wenige beispielhafte Fälle von Hingabe an Kinder" gebe. Neue Vorwürfe an die "Traditionalisten".

Auch aus Kanada hat der Papst den sog. Traditionalisten einen väterlichen Tadel zugedacht, als er während der im Commonwealth-Stadium in Edmonton gefeierten Hl.Messe, sagte, daß "die wahre Tradition sich in vertikaler Dimension ausdrückt, aus der Tiefe zur Höhe" und daß man sie nicht mit dem Rückwärtsgewandtsein verwechseln darf, das eine "egoistische Flucht ist, die zu nichts anderem führt als dazu, die Gegenwart auszuschließen und in der Logik des "wir haben es immer so gemacht" zu verharren.

Inzwischen  endet Franziskus´ dritter Tag in Kanada mit einem der am meisten erwarteten Aufenthalte  der Pilgerfahrt am Sant'Anna-See, der so am Ende des 19. Jahrhunderts von katholischen Missionaren umbenannt wurde und  jedes Jahr Tausende von Katholiken indigener Völker (aber nicht nur) aus dem ganzen Kontinent anzieht. 

Auf der anderen Seite war das Leitmotiv dieser 37. Apostolischen Reise die Versöhnung mit den indianischen Gemeinschaften nach der Entdeckung der schwarzen Seite der Internatsschulen, die katholischen Instituten anvertraut wurden. "Eine Bußwallfahrt", hatte der Papst vor der Abreise und sogar im Flug vor der Landung gesagt. Er bestätigte dies an seinem zweiten Tag auf nordamerikanischem Boden am Montag beim Treffen mit First Nations, Métis und Inuit . Der Papst verurteilte die "Politik der Assimilation und Befreiung", die die Geschichte Kanadas geprägt hat und zu der Internatsschulen, die zwischen dem späten neunzehnten und dem späten zwanzigsten Jahrhundert aktiv waren, gehörten. Bergoglio bat um Vergebung für die "Art und Weise, in der viele Mitglieder der Kirche und der religiösen Gemeinschaften, auch durch Gleichgültigkeit, bei jenen Projekten der kulturellen Zerstörung und erzwungenen Assimilation der Regierungen der damaligen Zeit zusammenarbeiteten, die im System der Internatsschulen gipfelten".

Obwohl in den letzten Tagen gesagt wird, daß sich die katholische Kirche nie formell für die dokumentierten Missbräuche und Kindesentführungspolitiken entschuldigt hat, die in diesen Strukturen umgesetzt wurden, sollte daran erinnert werden, dass die kanadische Bischofskonferenz in einem Memorandum, das im November 1993 im Rahmen einer Kommission für Aborigines vorgelegt wurde, bereits anerkannt hatte. daß "verschiedene Arten von Missbrauch, die in einigen Internatsschulen erlitten wurden, uns als Kirche zu einer tiefen Gewissensprüfung geführt haben", und zwei Jahre zuvor hatten die Bischöfe auch eine Erklärung abgegeben, in der sie sagten, es tue ihnen "zutiefst leid wegen des Schmerzes, der Leiden und die Entfremdung, die so viele an den Schulen erlebt haben".


In der Rede am Montag in Edmonton sprach Franziskus über die Auswirkungen der Ankunft der Europäer in der Neue Welt und argumentierte, daß die Entwicklung einer "fruchtbaren Begegnung zwischen Kulturen, Traditionen und Spiritualität" zum großen Teil nicht stattgefunden habe,zu der es eine Gelegenheit hätte sein können. In der Geschichte der Kolonisierung Kanadas wurde jedoch oft die beste Seite katholischer Missionaren sichtbar, in vielen Fällen unter den ersten, die für die Verteidigung der Menschenrechte der indigenen Bevölkerung kämpften. Der Heilige Vater selbst erkannte, als er über das System der Internatsschulen sprach, das er als "katastrophal" bezeichnete, daß "christliche Nächstenliebe" "gegenwärtig" sei und es "viele beispielhafte Fälle von Hingabe an die Kinder" gebe.

Die Entdeckung der schwarzen Seite dieser Schulen hat in Kanada einen Orkan des Hasses gegen die katholische Kirche ausgelöst, die in gewisser Weise als Hauptschuldige bezeichnet wurde, obwohl diese Assimilationspolitik im Laufe der Zeit von aufeinanderfolgenden Regierungen übernommen worden war. Dieses Klima manifestierte sich in der Zerstörung einiger Kirchen und wurde durch die Aussagen derer genährt, die – ohne die Wahrheit zu sagen, wie wir oben gesehen haben – argumentierten, daß sich die kirchliche Hierarchie nie für Gewalt und Missbrauch entschuldigt habe. Die Entschuldigungen, die der Papst in diesen ersten Tagen der "Bußwallfahrt" wiederholt ausgesprochen hat, nehmen denjenigen jede Ausflucht, die nur den Katholiken die Schuld für die Diskriminierung indigener Völker zuschreiben möchten.

"Es tut mir weh zu denken, daß Katholiken zu der Politik der Assimilation und Befreiung beigetragen haben, die ein Gefühl der Minderwertigkeit vermittelte, Gemeinschaften und Menschen ihrer kulturellen und spirituellen Identität beraubte, ihre Wurzeln durchtrennte und voreingenommene und diskriminierende Einstellungen pflegte, und daß dies auch im Namen einer Erziehung geschah, die christlich sein sollte", sagte der Papst in Edmonton.

Neben diesen vom Pontifex erwähnten Schatten, die in den Medien, die über die Reise berichten, jetzt nachhallen, ist es auch verdienstvoll, all jener Missionare – einige wurden sogar verfolgt – zu gedenken, die im Laufe der Jahrhunderte vor allen anderen für die Verteidigung der Rechte der einheimischen Bevölkerung gekämpft haben."

Quelle: N. Spuntoni, LNBQ

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