In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican setzt sich A. Gagliarducci mit den zu erwartenden Auswirkungen des Pontifikates von Papst Franziskus auseinander.
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Papst Franziskus´ Pontifikat begann mit einem intensiven Medien-Hype und der Hoffnung, daß es fundamentale Veränderungen geben werde, nicht so sehr in der Kirche, sondern mehr im Management der Kirche. Während der Zeit des Konklaves stand nicht die Lehre in Frage sondern eher die Administration, wie die Kirche auf die Skandale geantwortet hatte und wie die Kirche auf diese Skandale hatte antworten können.
Wir kamen aus einer schwierigen Zeit. 2010, am Abend des Priesterjahres,verbreiteten die Medien ein Jahr lang Nachrichten über wirklichen und angeblichen Mißbrauch durch Mitglieder des Klerus in einer Kommunikations-Operation, die den Hl. Stuhl dazu veranlaßte, einen Kommunikationsberater in Person von Greg Burke anzustellen.
2012 war es das erste Vatileaks, das den Hl. Stuhl mit der Veröffentlichung vertraulicher Dokumente direkt vom Schreibtisch des Papstes traf. Und dann zwischen 2011 und 2012 schufen das Durchsickern der Vaticanischen Finanzreform und Druck darüber, wie der Hl. Stuhl die Finanzen managte, eine negative Öffentliche Meinung, die sehr schwer zu überwinden war.
Das waren alles Themen, die bei den Generalkongregationen diskutiert wurden und dann notwendigerweise Teil der Agenda des neugewählten Papstes wurden.
Neun Jahre später jedoch muß man fragen, ob diese Reformen effektiv gewesen sind.
Die Angriffe auf die Finanzen des Hl. Stuhls wurden 2012 auch von den Tatsachen diktiert, daß der Hl.Stuhl ein System aufbaute, das den üblichen Einflüssen, besonders den italienischen, ein Ende bereitete und beste internationale Standards anwandte.
10 Jahre später ist das Management des Hl. Stuhls wieder fest in den Händen von Italienern, was die Anti-Geldwäsche angeht. Außerdem sind die jüngsten Finanzskandale Teil des Vatican-Prozesses geworden, der auch zum Machtverlust des Staatssekretariates führte, der unter andauernden Angriffen steht.
Diese Angriffe auf das Staatssekretariat sind auch nicht neu: es gab sie vor zehn Jahren und gibt sie noch immer. Mit einem Unterschied.
Benedikt XVI hat immer klargemacht, daß er Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone niemals ´vom Turm´ werfen würde. Papst Franziskus hat so etwas nie angedeutet. Tatsächlich stellt die Art wie die Mitarbeiter wechseln- plötzlich und mir einschneidenden Entscheidungen, wie die Verlagerung des Fundus des Staatssekretariates zur APSA, oder Kardinal Becciu vor Gericht zu stellen, senden ein anderes Signal aus: nichts ist sicher, nichts ist linear.
Zehn Jahre später machen Mißbrauchskandale immer noch Schlagzeilen und werden immer noch für Uhrwerke genutzt. Ein angeblicher Fall von Fehlverhalten führte zum Rücktritt des Erzbischofs von Paris, Michel Aupetit, der vom Papst "auf dem Altar der Heuchelei“ akzeptiert wurde. Der ausbrechende Mediensturm veranlasste Kardinal Ricard, Missbräuche an einer Vierzehnjährigen zu gestehen und damit die Aufmerksamkeit vom Schreiben der französischen Bischöfe zum Gesetz der Sterbehilfe abzulenken, das eine ehrliche Debatte anregen sollte.
Abgesehen vom Medien-Hype hat sich wenig an der Haltung gegenüber der Kirche geändert. Papst Franziskus wird dafür anerkannt den Armen, Marginalisierten und Migranten besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Dennoch bringen ihn die Medien immer zum Schweigen, wenn er über Abtreibung und Familie spricht. Es gibt ein verborgenes Lehramt des Papstes, das noch entdeckt werden muß.
Wenn dieses Lehramt der Kirche auch nicht dabei hilft, die Probleme extern zu lösen, hat es sie auch nicht intern gelöst.
Papst Franziskus hat während seines Pontifikates mehrere Kommissionen gegründet, bis er eine Kurienreform promulgiertem die - seiner Absicht nach- alles funktionaler machen sollte. Aber das ist immer noch nicht der Fall, weil es keine Übergangsregeln gibt. Am Ende sind einige Änderungen einfache Vermischungen, die nicht viel praktischen Wert haben, weil es am Ende keine zugrunde liegende Philosophie gibt.
Es wird viel über die Synodale Kirche und das Zuhören geredet, weniger über die Vorschläge der Kirche. Das Ergebnis ist, daß die Dicasterien des Vaticans verwirrt sind und verstehen nicht, ob es ihre Aufgabe ist, Themen zu entwickeln oder zu akzeptieren, um sie zu entwickeln. #
Das ist eine Situation, die mehrere Langzeit-Effekte haben wird.
Der erste ist der Verlust des Bewusstseins für die Institutionalität der Kirche. Der Übergang von einem Organismus, der lehrt, zu einem Organismus, der zuhört, wird der Heilige Stuhl für viele nur zu einem Nebengang. Das ist weder ein Ziel- noch ein Ausgangspunkt. Es gibt keine definierte Philosophie.
Wenn die Institution nicht zählt, dann können sogar die Werke, die in der Institution getan werden, oberflächlich sein. Das ist ein reales Risiko, obwohl es noch weit entfernt scheint. Aber es ist Teil der Haltung des Papstes.
Ein weiteres Thema ist, dass es richtig ist, etwas zu ändern, wenn es alt ist. Genau so funktioniert es aber nicht mit der Tradition der Kirche und vor allem mit ihrer Regierungsformel. Einige Initiativen, wie die Finanzzentralisierung oder das Vertrauen auf externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, gefährden ernsthaft die Souveränität des Heiligen Stuhls.
Aber wenn Souveränität nur funktional und nicht substantiell betrachtet wird, ist es nicht entscheidend, daß sie aufs Spiel gesetzt wird. Zumindest nicht für Papst Franziskus. Der am Ende immer alleine entscheidet und indem er über seine Chancen entscheidet, die Probleme in ihrer Gesamtheit nicht sieht,
Schließlich besteht die Gefahr einer Kirche, die viel zuhört, aber wenig lehrt. Das ist das Risiko der synodalen Kirche und der übermäßigen Demokratisierung der Kirche.
Es gibt Themen, die durch eine präzise theologische Richtung gelöst werden könnten. Aber genau die fehlt. Und die Auswirkungen des Pontifikates wird man in den kommenden Jahren sehen."
Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican
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