Freitag, 26. Mai 2023

Ist die Kirche, ist der Westen noch zu retten?

P. J. Leithart kommentiert bei firstthings eine Prognose  über Zustand und Zukunft der Kirche und des Christentums, die Paul Kingsnorth bei "Unherd" veröffentlicht hat. 
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"CHRISTENTUM: WEDER REVOLUTIONÄR NOCH KONSERVATIV"

Paul Kingsnorth hat früher in dieser Woche bei Unherd eine düstere Prognose für die Westliche Welt gestellt, seit der Aufklärung in Auflösung, im Niedergang, Zusammenbruch, sterbend oder sogar Selbstmord begehend- in einem Crescendo. "Viele schlagen vor, das Ganze abzustützen, aber Kingsnorth betrachtet diese Bemühungen als oberflächlich. "Die Küken der Moderne, die der Westen geschaffen und exportiert hat, sind heimgekehrt, um sich niederzulassen, und wir sind alle mit ihrem Guano bedeckt." Unsere post-humane, post-natürliche, Post-Wahrheit, post-christliche Welt ist der Versuchung der Schlange erlegen. In einer solchen Welt, fragt Kingsnorth, was bewahrt werden soll? Seine düstere Antwort ist: "nichts". Wir "müssen bis zu den Fundamenten graben" und vor allem beten. 

Eine extreme Diagnose? Ich denke nicht. Es ist schwer, einen einzigen Bereich der Westlichen Gesellschaft zu finden, in dem die Christliche Überzeugungen und Instinkte, die Kingsnorth zu Recht als das Zentrum des Westens nennt, überlebten. Sogar vieles in der Kirche ist den kulturellen  Strömungen angepaßt worden. Aber wir treiben auch nicht in einem mehrdeutigen Grenzbereich. Unsere Institutionen und kulturellen Normen werden von einer vorsätzlich nicht-christlichen, oft anti-christlichen Sicht der Realität geformt. 1948 hatte T.S. Eliot einen guten Grund, zu sagen, daß der Westen immer noch christlich war - auf der Basis daß "eine Gesellschaft nicht aufhört christlich zu sein, bis sie positiv etwas anderes geworden ist."  Diesen Punkt haben wir lange überschritten. Wir sind etwas anderes geworden, etwas monströses.

Unsere historische Zeit offenbart die Grenzen des Konservatismus. Wie kann der Konservatismus uns leiten, wenn es nichts mehr zu bewahren gibt? Das ist nicht der erste solche Zeitpunkt. Die Geschichte des Westens ist voller Revolutionen, Epochen, in denen antike Regimes zerstört wurden, wenn etablierte Glaubensinhalte auf den Kopf gestellt wurden, als die Dinge auseinander fielen und alles das, was solide war, sich in nichts auflöste. Das römische Reich umfaßte das Mittelmeer, aber es ist verschwunden. Das westliche Christentum war eine wunderbare Errungenschaft, aber es starb. Byzanz war Goldener Glanz, jetzt liegt es in einem vergoldeten Grab. Das protestantische Europa wich der Aufklärung. Jedes mal ging es mit der Welt weiter, anders. 


Deshalb hat Kingsnorth Recht, uns über den Konsevatismus aud die Schrift zu verweisen. Der biblische Glaube kann der kulturellen Auflösung entgegenwirken, wie es keine ausschließlich konservative Agenda kann- Israel  hat die Ägyptische Sklaverei überlebt, das Chaos der Richterzeit, das Ende des Davidischen Königtums, das babylonische Exil und die Antiochus-Epiphanie. Die Kirche erlühte während des Zusammenbruchs Roms, bekehrte die eindringenden Barbaren und bewahrte die Fragmente der Antike, die sie aus den Trümmern sammeln konnte. Europa blieb nach dem Bruch durch die Reformation christlich und die Bewegungen der modernen Missionen hoben während der Blütezeit der Aufklärung und Säkularisation ab. Wenn Welten in Trümmer fallen, ist die Kirche der Katalysator der Wiedergeburt. Das Versprechen Jesu hat sich als wahr erwiesen: die Mächte der Schlangen tun ihr Bestes, aber die Pforten der Hölle können die Kirche nicht überwinden. 

Pfingsten ist das Geheimnis der Unverwüstlichkeit der Kirche; der Geist ist die Energie, die die Wildnis in ein fruchtbares Feld verwandelt und das fruchtbare Feld in einen Wald. Aber "Unverwüstlichkeit" ist nicht ganz richtig, weil der Geist von Pfingsten Aufruhr auslöst. Pfingsten selbst ist ein riesiger Bruch der Art und Weise wie  die Dinge waren und die Apostelgeschichte war eine Serie von Nachbeben nach der Explosion von Pfingsten. Der Geist, der Träume und Visionen verleiht, treibt die Kirche ständig vorwärts zu neuen Horizonten, alte Barrieren zu durchbrechen und trockene Knochen aufzuwirbeln. 

Durch Philippus´ Predigen fällt der Geist auf Samarien und erfüllt schließlich die prophetische Hoffnung, das Jerusalem und Samaria, Judäa und Israel unter einem davidischen König vereint werden würden. Der Geist führt Philippus in die Wüste, wo er einen äthiopischen Eunuchen tauft, bevor der Geist an einen anderen Ort bringt. Wenn Petrus im Haus des römischen Centurions predigt, fällt der Geist auch auf die Heiden und löst keine geringe Betroffenheit bei jüdischen Gläubigen in Jerusalem aus. Der Geist sendet Paulus und Barnabas auf eine erste missionarische Expedition  zu den Heiden und der Geist bewegt das Konzil von Jerusalem dazu, die Heiden als Brüder und Mitglieder des Leibes Christi anzunehmen. Nachdem der Plan des Hl. Paulus, die Kirchen in Asien erneut zu besuchen, fehlschlägt, sendet ihm der Geist die Vision eines Mannes aus Mazedonien, der ihn dazu einlädt, die Dardanellen zu überqueren und eine neues Feld für die Mission zu pflügen. 

Im Verlauf ihrer Geschichte ist die Kirche dem in der Apostelgeschichte vorgegebenen spirituellen Weg gefolgt. Sie bemüht sich, mit ihren Träumern und wilden Visionären Schritt zu halten – ihren Konstantins und Karls dem Großen und Alfreds, ihren Gregors und Patricks und Benedikts und Franziskanern, ihren Thomassen und Luthers, ihren Wesleys und Hudson Taylors. Geleitet vom Pfingstgeist ist das Christentum weder revolutionär noch konservativ, aber auch weder antirevolutionär noch antikonservativ. Es ist etwas anderes, geschmeidig genug, lebendig genug, spirituell genug, um wiederzugewinnen, was wiederhergestellt werden kann, und um Innovationen zu schaffen, wenn nichts wiederhergestellt werden kann. Durch den Pfingstgeist ist die Kirche, wie unser Gott, für immer alt und für immer neu. 

Kingsnorth hat Recht. Wir müssen die Schwere unseres Augenblicks begreifen. Der Westen ist nicht krank. Er ist tot und wir sollten der Mahnung Jesu folgen "laßt die Toten ihre Toten begraben."  Unsere Berufung in der Wüste ist es nicht zu bewahren sondern mit dem Geist Schritt zu halten, kühn, freudig - zur Auferstehung."

Quelle: P. J. Leithardt, firstthings

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