Stefan von Kempis berichtet für vaticannews von der heutigen Generalaudienz und der Katechese des Hl. Vaters in Rom. Hier geht´s zum Original: klicken
GENERALAUDIENZ MAL ZWEI
Die Generalaudienz gab es an diesem Mittwoch gleich zweimal: Wegen des Andrangs von Pilgern und Touristen hielt Papst Leo sowohl in der vatikanischen Audienzhalle als auch im Petersdom Hof.„Starke Worte. Jesus spricht sie nicht, um zu verurteilen, sondern um zu zeigen, dass die Liebe, wenn sie echt ist, nicht ohne die Wahrheit auskommen kann. Der Raum im Obergeschoss, wo kurz zuvor alles sorgfältig vorbereitet worden war, füllt sich plötzlich mit einem stillen Schmerz, bestehend aus Fragen, Verdächtigungen, Verletzlichkeit. Es ist ein Schmerz, den auch wir gut kennen, wenn in unseren innigsten Beziehungen der Schatten des Verrats auftaucht.“
Allerdings machte der Papst auf ein paar Details der Szene aufmerksam. Jesus werde nicht laut, er nenne Judas auch nicht beim Namen. „Er spricht so, dass jeder sich selbst hinterfragen kann. Und genau das geschieht: ‚Da wurden sie traurig und fragten ihn einer nach dem anderen: Bin ich es?‘ (Mk 14,19). Liebe Freunde, diese Frage – „Bin ich es?“ – gehört vielleicht zu den aufrichtigsten Fragen, die wir uns selbst stellen können.“
„Bin ich es?“
Es sei nicht die Frage eines Unschuldigen, sondern die Frage von Jüngern, die sich auf einmal ihrer Schwäche bewusst würden. „Es ist nicht der Schrei des Schuldigen, sondern das Flüstern dessen, der lieben will, aber weiß, dass er verletzen kann. In diesem Bewusstsein beginnt der Weg zur Erlösung.“
Jesus verurteile nicht, um zu demütigen. Er sage die Wahrheit, weil er retten wolle. Und um gerettet zu werden, müsse man fühlen: „Fühlen, dass man betroffen ist, fühlen, dass man trotz allem geliebt wird, fühlen, dass das Böse real ist, aber nicht das letzte Wort hat. Nur wer die Wahrheit einer tiefen Liebe erfahren hat, kann auch die Wunde eines Verrats akzeptieren.“
„Bin ich es?“
Das sei nicht die Frage eines Unschuldigen, sondern die Frage von Jüngern, die sich auf einmal ihrer Schwäche bewusst würden. „Es ist nicht der Schrei des Schuldigen, sondern das Flüstern dessen, der lieben will, aber weiß, dass er verletzen kann. In diesem Bewusstsein beginnt der Weg zur Erlösung.“
Jesus verurteile nicht, um zu demütigen. Er sage die Wahrheit, weil er retten wolle. Und um gerettet zu werden, müsse man fühlen: „Fühlen, dass man betroffen ist, fühlen, dass man trotz allem geliebt wird, fühlen, dass das Böse real ist, aber nicht das letzte Wort hat. Nur wer die Wahrheit einer tiefen Liebe erfahren hat, kann auch die Wunde eines Verrats akzeptieren.“
Traurigkeit als Ort der Bekehrung
Die Reaktion der Jünger sei nicht Wut, sondern Traurigkeit – auch darauf machte Papst Leo aufmerksam. „Sie sind nicht empört, sondern traurig. Es ist ein Schmerz, der aus der realen Möglichkeit entsteht, betroffen zu sein. Und genau diese Traurigkeit wird, wenn sie aufrichtig angenommen wird, zu einem Ort der Bekehrung. Das Evangelium lehrt uns nicht, das Böse zu leugnen, sondern es als schmerzhafte Gelegenheit zur Wiedergeburt anzuerkennen.“
Der Papst setzte aber nicht den Weichzeichner ein, als er das Evangelium dann weiter analysierte. Er zitierte auch den Satz Jesu: „Weh dem Menschen, durch den der Menschensohn ausgeliefert wird! Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren wäre!“ (Mk 14,21).
„Wenn wir die Liebe verleugnen, die uns hervorgebracht hat, wenn wir durch Verrat uns selbst untreu werden, dann verlieren wir wirklich den Sinn unseres Daseins“
„Das sind sicherlich harte Worte, aber sie müssen richtig verstanden werden: Es handelt sich nicht um einen Fluch, sondern eher um einen Schmerzensschrei. Im Griechischen klingt dieses ‚Wehe‘ wie eine Klage, ein ‚Ach‘, ein Ausdruck aufrichtigen und tiefen Mitgefühls. Wir sind es gewohnt, zu urteilen. Gott hingegen nimmt das Leiden an. Wenn er das Böse sieht, rächt er sich nicht, sondern leidet. Und dieses ‚besser wäre es, wenn er nie geboren wäre‘ ist keine a priori verhängte Verurteilung, sondern eine Wahrheit, die jeder von uns erkennen kann: Wenn wir die Liebe verleugnen, die uns hervorgebracht hat, wenn wir durch Verrat uns selbst untreu werden, dann verlieren wir wirklich den Sinn unseres Daseins und schließen uns selbst von der Erlösung aus.“
Und doch: Genau dort, am dunkelsten Punkt, leuchte das Licht immer noch. „Denn wenn wir unsere Grenzen erkennen, wenn wir uns vom Schmerz Christi berühren lassen, dann können wir endlich neu geboren werden. Der Glaube bewahrt uns nicht vor der Möglichkeit zu sündigen, aber er bietet uns immer einen Weg aus der Sünde (herauszukommen): den Weg der Barmherzigkeit.“
Er bricht das Brot auch für den Verräter
Jesus sei nicht empört über unsere Schwäche. Er wisse, dass keine Freundschaft vor dem Risiko des Verrats gefeit sei. „Aber er vertraut weiterhin. Er setzt sich weiterhin mit den Seinen an den Tisch. Er verzichtet nicht darauf, das Brot auch für diejenigen zu brechen, die ihn verraten werden. Das ist die stille Kraft Gottes: Er verlässt niemals den Tisch der Liebe, auch wenn er weiß, dass er allein zurückbleiben wird.“
Zum Abschluss seiner Gedanken lud Papst Leo zu einer Gewissenserforschung ein. Jeder solle sich doch einmal selbst diese Frage der Jünger stellen: „Bin ich es vielleicht?“ „Nicht, um uns schuldig zu fühlen, sondern um in unserem Herzen Raum für die Wahrheit zu schaffen. Die Erlösung beginnt hier: mit dem Bewusstsein, dass wir es sein könnten, die das Vertrauen in Gott zerstören, aber dass wir es auch sein können, die es wieder aufnehmen, bewahren und erneuern.“
Quelle: S. v. Kempis, vaticannews.va
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