Aldo Maria Valli erklärt in einem Interview mit Radio Spada, das von Rorate Caeli veröffentlicht wurde, seine Ansichten zum II. Vaticanischen Konzil und zum aktuellen Pontifikat.
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"ALDO MARIA VALLI: WIE AMORIS LAETITIA MIR DIE AUGEN ÜBER FRANZISKUS UND DAS KONZIL ÖFFNETE."
Der Vaticanist Aldo Maria Valli (Rorate notiert: Valli war Vaticanist für den Hauptkanal der RAI) wurde am 27. Februar 2021 von Radio Spada interviewt)
Während deises Interviews erklärte er, wiwe er die Tradition entdeckte und die Auswirkungen des II.Vaticanischen Konzils auf das Leben der Kirche. Hier die wichtigsten Ausschnitte aus seinem mutigen Zeugnis.
Radio Spada: Wenn Sie in wenigen Zeilen Ihre Meinung zu diesem historischen Ereignis zusammenfasssen müßten, das das II.Vaticanische Konzil und seine Konsequenzem fürt die kirche war, was würden Sie uns sagen?
Aldo Maria Valli: Ich habe für viele Akteure der Konzilssitzungen Bewunderung gehegt und die Vorsehung hat mir erlaubt, einige von ihnen persönlich kennen zu lernen. Ich habe immer ihre Leidenschaft und Liebe für die Kirche geschätzt. Nachdem ich in der postkonziliaren Kirche aufgewachsen bin ( in meinem Fall in Mailand), habe ich lange Zeit nicht einmal für möglich gehalten, daß das Konzil die Saat für eine theologische und pastorale Evolution in sich tragen würde. und -sogar schlimmer noch- eine Abweichung von der Tradition und dem depostium fidei.
Während der Jahre, in denen ich als Vaticanist die Pontifikate von Johannes Paul II und Benedikt XVI verfolgt habe, habe ich die Sicht der "Hermeneutik der Kontinuität" akzeptiert.
Meine erste Überraschung geht auf die Mitte der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück, als ich aus beruflichen Gründen von Mailand nach Rom zog. Es könnte paradoxerweise so aussehen, als ob es gerade in Rom war, wo ich Anzeichen für Verschlechterung fühlte, besonders liturgisch, die mich dazu brachten, mir selbst einige Fragen zu stellen. Dann im Jahr 2000 -während des großen Jubiläums (des Hl. Jahres) hatte ich zum erstenmal die Gelegenheit , die Priester der FSSPX während einer Pilgerfahrt kennen zu lernen und ich war erbaut. Seitdem wurde meine Sicht auf das Konzil immer kritischer bis ich- und mit dem Pontifikat von Franziskus fing ich an, alle inneren Widersprüche zu erkennen. Insgesamt glaube ich, daß die fundamentale Widersprüchlichkeit gegenüber der Tradition schon in der Eröffnungsrede von Johannes XXIII, Gaudet Mater Ecclesia, zu finden ist.
In genau diesem Augenblick - wo er bekräftigt, daß es die Aufgabe des Konzils ist, eine sichere und unveränderliche Doktrin zu verteidigen und zu verbreiten. Der Papst sagt: "Im Augenblick zieht die Braut Christi es vor, eher die Arznei der Barmherzigkeit als die der Strenge einzusetzen."
Darin liegt das Problem. Von einem christlichen Gesichtspunkt aus macht es keinen Sinn, Barmherzigkeit und Strenge gegeneinander zu stellen. Im Gegenteil - Starre in der Verteidigung und Verbreitung der rechten Doktrin ist die höchste Form der Barmherzigkeit, weil sie auf die Rettung der Seelen abzielt.
Durch dieses Schlupfloch - offen seit Beginn des Konzils- ist der Relalivismus in die Kirche gekrochen, sind Mißbräuche und Betrügereien eingezogen. Kurz gesagt, die Welt ist eingetreten und der Mensch wurde an die Stelle Gottes gestellt. Natürlich hatte die Unterminierung schon lange vorher angefangen, aber das Konzil hat als Sprengstoff gewirkt - auch wegen eines unbegründetetn Optimismus gegenüber der Moderne.
Radio Spada: Über die Jahre hat sich Ihre Einstellung zu diesen Themen schrittweise in Richtung auf das, was mit journalistischen Worten als "Traditionalismus" definiert (und vereinfacht) werden kann. Gab es ein auslösendes Ereignis, das dieses Denken bei Ihnen hervorgerufen hat?
A.M. Valli: Das auslösende Ereignis war die Veröffentlichung von Amoris Laetitia, 2016. Gab es bereits zu Anfang dieses Jahrhunderts Zweifel, die schrittweise seit 2013 mit der Wahl von Franziskus zunahmen, hat die apostolische Exhortation "Liebe in der Familie" mir endgültig die Augen geöffnet. Ich mußter die Tatsache zur Kenntnis nehmen, daß Zweideutigkeit und Relativismus bis auf den heutigen Tag nicht nur in die Kirche eingedrungen waren, sondern die Form eines Lehramtes angenommen hatten.
Ich muß sagen, daß ich zuerst - als es um Amoris Laetitia ging- so ungläubig war, daß ich das Offensichtliche leugnete. Also habe ich es mehrmals gelesen und mußte am Ende -traurig- die Realität zur Kenntnis nehmen. Das Dokument ist von dem Gedanken durchdrungen, daß es für Gott eine Pflicht gibt, zu vergeben und ein Menschenrecht auf Vergebung, ohne die Notwendigkeit umzukehren.
Das ewige Göttliche Gesetz wird der sogenannten Autonomie des Menschen unterworfen. Das Konzept der Differenzierung wird instrumentalisiert, um von der Sünde freizusprechen. ich würde sagen, daß Amoris Laetitia die Revolution, die stattgefunden hatte, bestätigt hat- nicht eine Verschiebung der Paradigmen (ein unschafrer Ausdruck der benutzt wird, um die Subversion zu rechtfertigen) sondern der Triumph der modernistischen Vision, sowohl des Inhalts als auch der Methode.
Radio Spada: Bis zu welchem Grad- denken Sie- entwickelte oder entwickelt sich ein Bewußtsein dafür-über das, was der Papst tut hinaus- daß wir vor einer Krise stehen, die das II. Vaticanische Konzil ausgelöst hat?
AMV: Es ist schwer, ein großes Bild zu zeichnen, weil die Positionen sehr differenziert sind. Es gibt die Ideologen, die Modernisten, die das Konzil dogmatisiert haben und alle angreifen, die versuchen Licht auf seine Aporien zu werfen. Es gibt die Opportunisten, die sich der modernistischen Sicht anpassen- nicht aus Überzeugung, sondern wegen der Vorteile, die das bringt. Da sind die Stillen, die - auch wenn sie sich der Probleme bewußt sind-, vorziehen zu schweigen und vorgeben, daß nur noch beten hilft , während sie darauf warten, daß der Sturm endet. Dann gibt es die, die langsam ihre Augen geöffnet haben, aber nicht wissen, was sie tun sollen.
Insgesamt habe ich festgestellt, daß es bei denen weitverbreitete psychologische Probleme gibt, die wie ich in der postkonziliaren Kirche aufgewachsen sind. Für geweihte Personen und Laien- für viele ist es schwierig, den Schleier zu zerreißen, weil das gleichbedeutend damit wäre, zuzugeben, daß ihr ganzes Leben einer abweichlerischen Kirche geweiht war.
Ich verstehe sie. Ich kann selber sagen, daß "es mir besser ging, als es mir weniger gut ging {[im Relativismus der Konzilskirche] "Als es mir noch nicht bewußt war, habe ich nicht die Bitterkeit und Entmutigung gefühlt, das mich heute befällt- angesichts des liturgischen Mißbrauchs, der doktrinalen Irrwege und der Konzessionen gegenüber der Welt, des Betrugs am Glauben.
Aber die Wahrheit ist eine Quelle für Spaltungen. Jesus sagt das klar: "Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert" (Mt. 10:34) Eine Kirche, in der es nur um Frieden und Liebe geht, nur um Zucker, ist ein mentales und kulturelles Konstrukt, das keine Entsprechung in der Schrift oder in der Geschichte der christlichen Zivilisation hat. [In diesem Interview erklärt A.M.Valli den Artikel, den er auf seinem blog Duc in Altum am 20. Februar 2021 veröffentlicht hat [unter dem Titel "Rom ist ohne Papst. Bergoglio ist da, aber Petrus nicht.]
Mir sind alle sedisvakantistischen Versuchungen fremd und ich glaube, daß Franziskus der Papst ist. Die Zweifel wegen der angeblichen Zwänge, die zum Rücktritt von Benedikt XVI führten, sowie an der Richtigkeit der Wahl von Franziskus haben zu keinen Beweis erbracht. Es gibt einen Verdacht, aber keinen Beweis. In Bezug auf die Entscheidung von Joseph Ratzinger glaube ich, daß es ein Leck war. Was Franziskus betrifft, glaube ich, daß er nicht als Papst auftritt, auch wenn er [der Papst] ist. Und die Gründe für meine Einschätzung sind theologisch. Franziskus präsentiert uns nicht den Gott der Bibel, sondern einen verfälschten Gott, einen Gott, der an menschliche Ansprüche angepasst ist, einen Gott, der nicht vergibt, sondern entlastet. Wie ich in meinem Artikel schrieb, ist dieser Gott mehr als alles andere dazu verpflichtet, den Menschen zu entlasten, dieser Gott auf der Suche nach mildernden Umständen, dieser Gott, der es unterlässt, zu befehlen und es vorzieht zu verstehen, dieser Gott, der "uns nahe steht wie eine Mutter, die ein Schlaflied singt “, dieser Gott, der nicht urteilt, sondern„ nahe ist" ,dieser Gott, der von menschlicher "Zerbrechlichkeit “und nicht von Sünde spricht, dieser Gott, der sich der Logik der "pastoralen Begleitung “beugt, ist eine Karikatur des Gottes der Bibel.
Weil Gott, der Gott der Bibel, sicherlich geduldig ist, aber nicht lasch. Er ist sicherlich liebevoll, aber nicht freizügig. Er ist sicher aufmerksam, aber nicht zuvorkommend. Kurz gesagt, er ist ein Vater im vollsten und authentischsten Sinne des Wortes.
Die von Papst Bergoglio vertretene Perspektive scheint im Gegenteil die der Welt zu sein: sie lehnt die Idee Gottes oft nicht vollständig ab, lehnt jedoch Merkmale ab, die weniger mit der herrschenden Permissivität übereinstimmen. Die Welt will keinen echten Vater - liebend, wie er auch urteilt -, sondern einen Freund. Besser noch, ein Reisebegleiter, der es gehen lässt und sagt: "Wer bin ich, um zu beurteilen?"
Und Franziskus präsentiert der Welt genau diesen Gott, der kein Vater, sondern ein Reisebegleiter ist. Deshalb behaupte ich, daß Franziskus nicht wie der Papst handelt, weil er seine Brüder im Glauben nicht bestärkt. Der Beweis dafür ist, daß er den Beifall des Fernen [vom Glauben und von der Kirche Entfernten] erhält, die sich in ihrer Entfremdung bestätigt fühlen, während er mit seinen Zweideutigkeiten und Abweichungen diejenigen, die ihm nahe stehen, beunruhigt. Die Frage ist nun, ob nicht wie der Papst zu handeln auch bedeutet, nicht Papst zu sein. Meiner Meinung nach nein.
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