Montag, 24. August 2015

"In der Kirche gibt es eine Herausforderung der Doktrin"

und (Bischof) Galantino ist ein "Salvini ohne Sweat-Shirt"
So überschreibt A. Rapisarda in Il Tempo sein Interview mit dem Expräsidenten des Italienischen Senats und Philosophen Marcello Pera zur aktuellen Situation der Kirche und dem öffentlich ausgetragenen Streit zwischen italienischen Politikern (Matteo Salvini ist Politiker der Lega Nord) und dem Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz.  Hier geht´s zum Original   klicken

"IN DER KIRCHE GIBT ES EINE HERAUSFORDERUNG DER DOKTRIN, GALANTINO IST EIN SALVINI OHNE SWEATSHIRT"

                           
"Für Marcello Pera. den früheren italienischen Senatspräsidenten und Philosophen, sollten die Polemiken rund um den Generalsekretär der CEI in diesen Tagen nicht als Konfrontation von politischen Gesinnungen gesehen werden, sondern "hinter der Sprache und dem Ton" als große doktrinale Herausforderung, die mitten durch die Kirche geht. Das beweisen auch die diversen, gestern vom Präsidenten der CEI, Kardinal A. Bagnasco , vorgestellten "Agenden".

Frage: "Herr Präsident, was bedeutet es, daß Bagnasco zur Zivilehe nein sagt?"

"Ich glaube, daß er die Regierung warnen will, sich nicht auch auf diesem Gebiet auf der Gegenseite zu positionieren, aber ich habe den Eindruck, daß es auch eine Botschaft nach innen ist, innerhalb der Kirche: die Aufmerksamkeit auf die Themen zurück zu bringen, die zugunsten sozialer Probleme aufgegeben wurden. Kardinal Bagnasco erinnert jezt daran, daß es auch noch andere Themen gibt, die sogenannten Ethik-Themen."


"Ist darin auch etwas vom inneren Konflikt in der CEI  abgebildet?"

"Es gibt eine große Diskussion unter den Bischöfen, von denen viele mit der Agenda Benedikts XVI einig waren, bzgl. der nichtverhandelbaren Werte, jetzt finden sie sich einer sozialen und politischen Agenda gegenüber. Dieser Unterschied schafft eine merkliche Spannung innerhalb der Kirche. Die Stimme Bagnascos  ist nicht die Stimme Msgr. Galantinos."



"Was bedeutet das?"


"Das ist ein sehr wichtiges Problem und betrifft die Lehre: was ist das Christentum? Ist es eine Religion der Rettung der Menschen? Oder eine Religion des sozialen Fortschritts? Das ist eine Frage der Doktrin und daher die Polemiken und scharfen Töne. Und in dieser Frage nistet sich die Neuheit Bergoglios ein."

"Mit Bezug darauf haben Sie von der Rückkehr der Befreiungstheologie gesprochen: gibt es welche, die die Kirche aus einer theologischen in eine ideologische verwandeln wollen?

"Das ist in Europa vor etlichen Jahren mit Maritain passiert und in Lateinamerika mit den Befreiungstheologen - sie haben ausdrücklich von der "christlichen Revolution" für die gesamte Menschheit gesprochen. Frage: ist das Christentum ein Humanismus?
Kann man die "seligen Armen" mit den "seligen Armen des Modells 730" gleichsetzen?  Und hier stellt sich die äußerst delikate Frage: gibt es eine Bergoglio-Strömung à la Maritain und wer sind die anderen, die die Kirche mehr traditionell interpretieren, in der das, was die Menschen mit der Politik bewirken können, sehr viel weniger wichtig ist als die Erlösung?"

"Was denken Sie?"

"Die Idee, die Kirche sei ein Humanismus kollidiert meiner Meinung nach mit den fundamentalen Prinzipien des Katholizismus: der Ursünde. Es gibt keine soziale Revolution, die die Ursünde auslöschen könnte,."

"Spricht Papst Franziskus, wenn Galantino spricht?"

"Ich denke, daß Galantino die Stimme von Papst Franziskus ist. Sicher fehlt es ihm an Sympathie und Diplomatie, aber ich denke er ist ein authentischer Interpret- bis hin zur irritierenden Sprache-des Papstes."

"Erkennen Sie sich in der Kirche Bergoglios wieder?"
"Ich erkenne mich im Christentum als Religion der Erlösung wieder. Wenn das Christentum etwas anderes wäre, würde es keinerlei anziehende Wirkung auf mich ausüben."
"Houellebecq hat in "Submission" geschrieben daß es die Schwäche der westlichen Gesellschaft ist, die dem Islamismus die Türen öffnet. Einverstanden?"
"Ich und andere sind sowohl von Ungläubigen als auch Katholiken als Anhänger eines Krieges der Zivilisationen "exkommuniziert" worden, als Teocons. Wir haben mehrmals gefordert, daß der Westen sich eine erkennbare Identität - mit einem in ihr erkennbaren Christentum - geben müsse.
Der Westen hat das nicht getan, er weicht dieser Diskussion weiterhin aus, schwächt seine Identität noch weiter,  indem er die Tore für jene "Teilkriege", wie Bergolgio sie nennt , weit aufreißt."

"Ist die Kirche ausreichend mit Antikörpern ausgestattet?"

 "Ich bin nicht sicher. Wenn der Westen nur das "Recht" ist, ist das zu wenig, um sich eine Identität zu geben und die Invasionen zu vermeiden"

"Auf intellektuellem Gebiet waren Sie Joseph Ratzinger nahe,. Was ist aus dieser Zeit geblieben?"

"Geblieben ist ein Erbe, das die Diskussion über das Christentum betrifft und dessen Schicksal in der westlichen Zivilisation. Als Papst Ratzinger erklärte, daß die Christen eine Minderheit geworden sind, appellierte er an die "kreativen Minderheiten". Also: was müssen wir tun, um Christen zu sein?
Diese Diskussion, über die wir heute sprechen, ist das Erbe Benedikts XVI:"

"Was denken Sie über die politische Kontroverse zwischen Matteo Salvini und dem Generalsekretär der CEI?"

"Sie haben sich ein bißchen auf das selbe - propagandistische- Niveau begeben. Man kann mit solchen Tönen nicht in eine politische Diskussion eintreten. Außerdem sehe ich keine allzu große Differenz zwischen den beiden.
Galantino erscheint mir wie eine Art Salvini - in der Soutane und ohne Sweatshirt. Aber das interessiert mich nicht, ich möchte verstehen, wie der Monsignore denkt.
Leider sind weder Galantino noch Papst Bergoglio Autoren eindrucksvoller theologischer Texte: ich habe versucht, mir ein Bild zu machen, aber in ihrer Produktion habe ich nichts gefunden."

"Wie soll man das Problem der Immigranten angehen?"

 "Ist der Westen bereit, mit Gewalt in das ISIS-Gebiet einzudringen? Ist er bereit, Libyen zu stabilisieren und sich dort selbst zu engagieren? So könnte man die Immigration reduzieren. Nur mit Drohnen und der Unterstützung irgendwelcher Revolten, wird sich nichts lösen lassen."

"Sie haben mit dem zukünftigen Benedetto XVI zusammen "Ohne Wurzeln" geschrieben. Wie wird Europa ohne die enden?"

"Das Argument wird als Tabu betrachtet. Denken wir an Houellebecq, den man bereits vor dem Erscheinen des Romans zum Schweigen bringen wollte. Der Westen - immer mehr in Gefahr - immer mehr vom Islam bedroht - verweigert immer noch diese Debatte. Wie das enden wird - frage ich mich. Erinnert man sich an den Fall des Imperium Romanum?" 

Quelle: Il Tempo, Antonio Rapisarda 

  

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