Sonntag, 20. Mai 2018

Sandro Magister über den zerfallenden C9- Kardinalsrat

Sandro Magister analysiert und kommentiert bei Settimo Cielo den Zustand und die Zukunft des C9- Kardinalsrates nach Vorliegen des Chile-Berichtes des Papstgesandten Scicluna und nach dem Besuch der chilenischen Bischöfe in Rom mit ihrem kollektiven Rücktrittsgesuch.
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"DREI WENIGER. DER C9-RAT FÄLLT AUSEINANDER."

"Als Jorge Mario Bergoglio ihn sechs Monate nach seiner Wahl zum Papst einrichtete, schien das der Beginn einer Revolution zu sein: ein Rat aus acht Kardinälen aus fünf Kontinenten - mit der Aufgabe, dem Papst bei der Reform der Kurie und darüber hinaus bei "Leitung der Universalen Kirche zu helfen."

Und statt dessen - nach fünf Jahren und 24 Gipfeltreffen mit Franziskus - ist die Kurie zerfallener denn je, die Universale Kirche im Zustand der Verwirrung und liegt dieser Kardinalsrat in Stücken. Eine unerschrockene Abbildung des aktuellen Pontifikates, die genaueres Hinsehen verdient hat.

Inzwischen wurden  mit der Zulassung von Staatssekretär Parolin, der zunächst als Opfer der Kurienreform ausersehen war,  aus acht schnell neun, wogegen er jetzt mehr Einluß hat als alle anderen zusammen.
Aber als Koordinator der C9, wie er von den Medien getauft wurde, wirkt immer noch der Kardinal von Honduras namens Andrés Rodriguez Maradiaga, den Franziskus stur im Sattel hält - trotz der Tatsache, daß sein Ruf in Scherben liegt, sogar unter den Kardinälen, die neben ihm sitzen.

"L´Espresso" war die erste Zeitung, die wiederholt über die Vorwürfe berichtet hat, die gegen Maradiaga erhoben werden, die seit einem Jahr auf dem Schreibtisch des Papstes liegen, zusammengefaßt im umfangreichen Bericht des Apostolischen Visitators, dem Argentinischen Bischof Alcides Casaretto, der nach Honduras geschickt wurde, um den Skandal zu untersuchen.

Noch ernstere Vorwürfe regnen weiterhin auf seinen engen Freund, den Weihbischof von Tegucigalpa, José Pineda Fasquella, nieder, die ein trostloses Bild von finanziellem Mißmanagement und von fortwährenden sexuellen Übergriffen im diözesanen Seminar, aber nicht nur dort, zeichnen.

Dann ist da der zweite Kardinal des C9, der wegen ähnlicher Missetaten Probleme hat: der Chilene Franzisco Javier Erraruriz Ossa, Erzbischof emeritus von Santiago.

Er wird beschuldigt, einen seiner Mitbrüder, den Bischof von Osorno, Juan Barros, gedeckt zu haben, der seinerseits Schüler und Komplize eines charismatischen und einstmals hochdekorierten Priesters war, Fernando Karadima, dem spirituellen Führer und zugleich Serienangreifer ungezählter junger Männer und Jungen, der 2011 von Vatican-Autoritäten für schuldig befunden und verurteilt wurde.





Es war Erraruriz, der 2014 Papst Franziskus riet, Juan Carlos Cruz, Hauptopfer und Ankläger von Barros, nicht in die neugeschaffene Kommission zum Schutz Minderjähriger aufzunehmen. Und Franziskus, der vollkommen von der Unschuld Barros´ und der Falschheit  dessen, was er "Verleumdungen" nannte, überzeugt war, stimmte bereitwillig zu.

Beim kürzlichen Besuch des Papstes in Chile ist das alles wie eine Bombe explodiert - vor allem gegen ihn - bis zu dem Punkt, daß Franziskus sich, nachdem er nach Rom zurückgekehrt war, gezwungen sah, einen in diesen Dingen erfahrenen Inquisitor, den Malteser Bischof Charles Scicluna in dieses Land zu schicken.
Dessen Bericht überzeugte am Ende den Papst zuzugeben, daß er sich geirrt hatte und jene zu beschuldigen, die ihm "unwahre Informationen" gegeben hatten und "in primis" Kardinal Erráruriz.

Am Ende hat Papst Franziskus einige der Opfer empfangen und Mitte Mai rief er alle chilenischen Bischöfe zum Bericht nach Rom. Danach könnte nicht nur Barros sondern auch Erraruriz das Ende des Weges erreichen.

Und das ist nicht alles. Weil auch der Australische Kardinal George Pell in seinem Land wegen ähnlicher Vorwürfe, die 50 Jahre zurückgehen, vor Gericht steht. Und er hat seit vielen Monaten keinen Fuß auf römischen Boden gesetzt  und nicht mehr am "C9" teilgenommen.

Aber im Vatican war seine Laufbahn schon davor und aus anderen Gründen ins Wanken geraten. Von der Zeit an, als ihm als Präfekt des nagelneuen Sekretariates für Wirtschaftsangelegenheiten die Kontrollfunktion über die administrativen und finanziellen Ämter des Heiligen Stuhls entzogen wurde, die daraufhin dazu zurückkehrten - genau wie schon vor der angenommenen Bergoglio-Reform - auf eigene Faust zu handeln und mit einem Staatssekretariat, das unantastbarer ist denn je.

Das Sekretariat für Wirtschaft ist jetzt eine leere Hülle, ohne Präfekt, ohne Sekretär und nach Libero Milone, dem ersten und einzigen, ohne Generalauditor, der im vergangenen Juni entlassen wurde, weil er da untersucht hatte, wo er nicht untersuchen sollte.

Es wird keine Überraschung sein, wenn auch der große Rat der neun Kardinäle Schritt für Schritt auf diese gleiche Weise ausgehöhlt wird. "

Quelle: S. Magister, Settimo Cielo



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