Dienstag, 26. November 2019

Magister über den aktuellen Finanzkrieg im Vatican

Sandro Magister kommentiert bei Settimo Cielo die immer größeren Kreise, die der aktuelle Finanzskandal im Vatican zieht.
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"KRIEG UMS GELD IM VATICAN. MIT DEM PAPST UNTER DEN KOMBATTANTEN." 
Während Papst Franziskus in Thailand und Japan ist, um Frieden zu predigen, findet im Vatican ein Kriege aller gegen alle statt- wegen der Geldfrage.

Vor seinem Abflug kündigte der Papst zwei Schlüsselernennungen an. Beide- die eine wie die andere - sind jedoch alles andere als friedenstiftend.

PELLS NACHFOLGER
Die erste Ernennung, die am 14. November veröffentlicht wurde, war die des neuen Präfekten des Wirtschaftssekretariates- in der Person des spanischen Jesuiten Juan Antonio Guerrero Alves - mit dem background eines Schatzmeisters der SJ.

Die Stellung eines Präfekten war tatsächlich vakant, seit Kardinal George Pell, der frühere Amtsinhaber, Rom in Richtung Australien verließ, überhäuft mit Anschuldigungen wg. sexuellen Mißbrauchs, wegen denen er jetzt im Gefängnis sitzt, wobei der Oberste Gerichtshof entschieden hat, den Fall wegen der zweifelhaften Zuverlässigkeit erneut zu untersuchen.

Man muß aber feststellen, daß die Macht des Wirtschaftssekretariates, die zur Zeit seiner Gründung 2014 sehr groß war, bereits von Papst Franziskus geschwächt worden war,-lange bevor Pell Rom verließ- zur großen Befriedigung vor allem des Staatssekretariates und der APSA, der Verwaltung des Patrimoniums des Hl. Stuhls, und des ein oder anderen, der bei seinen finanziellen Operationen keine Supervision oder externe Kontrolle erträgt.

Es ist deshalb nicht bekannt, welche Macht der neue Präfekt wirklich haben wird. Unter den glühendsten Unterstützern Jorge Mario Bergoglios gibt es Skepsis. Einer von ihnen, der Jesuit Thomas Reese, hat geschrieben, daß Guerrero, um Erfolg zu haben, vier Dinge brauchen wird, die der Papst ihm wohl nicht geben wird.

BRÜLHARTS RÜCKTRITT 

Die zweite am 18. November verkündete Schlüsselernennung ist die des neuen Präsidenten der AIF, Finanz-Informations-Agentur-  dem Institut das über die Korrektheit der vaticanischen Finanzoperationen wacht- im Hinblick auf die internationalen Normen und mit Kontakt zu den Sicherheits-Diensten zahlreicher anderen Staaten.




Bei dieser Ankündigung warnte das Vaticanische Pressebüro, daß der neue Präsident bereits ernannt wurde, sein Name aber erst nach der Rückkehr des Papstes aus Japan bekannt gegeben wird.

Aber was ist mit dem scheidenden Präsidenten, dem Schweizer René Brülhart, der seit 5 Jahren im Amt ist? Das Vatican-Statement vom 18. November besagt, daß sein Mandat ausgelaufen sei. Aber am selben Tag sagte Brülhart Reuters, daß es für seine Rolle kein Zeitlimit gibt und er derjenige ist, der zurücktreten wollte.

Nicht nur das. Mit ihm trat auch einer der vier Mitglieder des Direktoriums zurück, der Schweizer Marc Odendall, der zu Associated Press sagte, daß das vom 1. Oktober an die AIF jetzt zu einer "leeren Schale" reduziert worden ist.

Der 1. Oktober ist der Tag, an dem auf Anordnung des Gerichtes des Hl. Stuhls die vaticanische Gendarmerie unter dem Kommando von Domenico Giani eine überraschende Durchsuchung der Büros der AIF und des Staatssekretariates durchführte und Dokumente, Computer und Telefone beschlagnahmte. Und am nächsten Tag wurden fünf Vatican-Mitarbeiter vom Dienst suspendiert -einschließlich Tommaso Di Ruzza, der Direktor der AIF.

Resultat war, daß die Egmont-Gruppe -das Netzwerk der Finanz-Überwachungsdiesnte  von 164 Staaten, einschließlich des Hl. Stuhls, die durch den vertraulichen Austausch von Informstionen Geldwäsche bekämpft . die AIF aus diesem Kreis ausschloss- weil nicht zugelassen werden sollte, daß vertrauliche Informationen aus anderen Staaten -wie bei dieser Durchsuchung geschehen- in die Hände der vaticanischen Gendarmerie oder anderer fällt.

In den folgenden Tagen gab die AIF ein Statement heraus, um die Richtigkeit ihrer Operationen und besonders die Korrektheit ihres Direktors Di Ruzza hervorzuheben. Inzwischen ging allerdings die von der vaticanischen Justiz eröffneten Untersuchung weiter.

Was zur Eröffnung dieser Untersuchung führte- wie sie vom Vatican am 1. Oktober bekannt gegeben wurde- waren die "Vorwürfe, die zu Beginn des letzten Sommers vom IOR und dem Büro des Generalauditors wegen über längere Zeit ausgeführter finanzieller Operationen, erhoben wurden.

Es hat bereits ein Opfer dieser Beschuldigungen gegeben und das ist die AIF- die tatsächlich auf eine "leere Schale" reduziert und ihrer wichtigsten Männer beraubt wurde.

Aber unter Beschuss steht vor allem das gesamte Staatssekretariat, Hauptziel der Beschuldigungen des IOR.

DIE BANK DES PAPSTES

Im IOR hat Papst Franziskus persönlich zwei Männer, die ihm absolut gehorchen auf zwei wichtigen Posten, eingesetzt: Generaldirektor Gian Franco Mammi, früherer Leiter der Abteilung für Kundenbetreuung der Vatican"Bank" in Lateinamerika, seit damals Bergoglio nahestehend und "Prälat" Battista Ricca, früherer Karrierediplomat der wegen homosexueller Exzesse nach Rom zurückgerufen wurde und dem Papst Franziskus zu Beginn seines Pontifikates öffentlich - mit dem berühmten Satz "Who am I to judge?" die Absolution erteilte.

Es ist deshalb undenkbar, daß die Anschuldigungen im Sommer ohne die Zusatimmung des Papstes gegen das IOR erhoben wurden,

Aber was "finanzielle Operationen" die dann in den Untersuchungen endeten, die im Statement des Vaticans vom 1. Oktober nicht näher spezifiziert werden.

Es ist inzwischen wohlbekannt, daß bei diesen Operationen die Hauptsorge der Erwerb eines großen Gebäudes in einer prestigeträchtigen Nachbarschaft in London, Sloane Avenue Nr. 60 durch das Staatssekretariat gilt. Eine sehr extravaganter Kauf, der von der ersten Abteilung des Staatssekretariats, die bis vor einem Jahr von Giovanni Angelo Becciu als Substitut geleitet wurde, der heute Kardinal ist , während das derzeit der Venezolaner Edgar Pena Parra tut.
Kardinal Pell teilte als er noch in Rom war, Becciu wisssen, daß er vollkommen gegen diese Operation sei, aber das wurde nicht berücksichtigt.

Um den Deal Anfang 2019 abzuschließen bat der Nachfolger Beccius als Leiter der 1. Sektion des Staatssekretariates das IOR um eine weitere große Geldsumme. Und damals brach dieser Disput aus, der zum "Blitz" der Gendarmerie am 1. Oktober führte. Das IOR weigerte sich nicht nur, diese Summe zur Verfügung zu stellen, sondern beurteilte die ganze Operation als unsauber und übermittelte der Vatican-Gerichtsbarkeit Anschuldigungen. die auch die AIF betrafen, die beschuldigt wurde, ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt zu haben.

ZUSAMMENSTOSS AN DER SPITZE DES STAATSSEKRETARIATES 

Aber mehr als Peña Parra, endete Becciu,im Auge des Hurrikans.  unter dessen Autorität der Hauptteil der Londoner Transaktion abgewickelt wurde,
Es ist kein Zufall, dass unter den am 2. Oktober aus dem Dienst suspendierten Beamten auch Monsignore Mauro Carlino war, Leiter des Informationsbüros des Staatssekretariats und zuvor Sekretär von Becciu.
Becciu verteidigte in mehreren öffentlichen Statements sofort und kraftvoll die Rechtmäßigkeit
seiner Operationen. Aber am 30. Oktober wandte sich auch der Kardinalstaatssekretär, der sich bis dahin herausgehalten hatte, gegen ihn und nannte die Aktion des Ankaufs dieses  Gebäudes "undurchsichtig"  und überließ es der Vaticanischen Justiz Klarheit zu schaffen.

Beccius Reaktion war unmittelbar und wütend. "Daran war nichts undurchsichtiges" sagte er und diese Anschuldigungen sind nur "Schlechtmachen meiner Person". Inzwischen aber geriet eine andere Transaktion des Vaticans in den Blickpunkt der Medien, die zuerst ebenfalls ihm zugeschrieben wurde: der Erwerb eines erheblichen Anteils an einer Römischen Spezialklinik- dem
Dermatopathic Institute of the Immaculate, IDI, im Besitz eines Religiösen Ordens und am Ende bankrott. 

Für diesen Kauf hatte Becciu das IOR 2015 um einen großen Kredit gebeten, der ihm verweigert wurde, aus der Überzeugung heraus, daß dieser Kredit niemals zurück gezahlt werden würde. Und Kardinal Pell hatte auch geasagt, daß er dagegen sei. 

Becciu wandte sich dann mit der Forderung um das Geld an die APSA - der Kardibnal Domenico Calcagno, der bei Papst Franziskus gut angesehen war. Und dieses mal bekam er das Geld. Aber mit einer Vorsichtsmaßnahme. Um sich vor dem vorhersehbaren Fehlschlag bei der Rückzahlung des  Kredits zu schützen- bat die APSA die Päpstliche Stiftung in den USA um die Spende von 25 Millionen Dollar. Und um die Zurückhaltung der Stiftung zu überwinden, traten zwei Kardinäle in Aktion. Donald Wuerl und Theodore McCarrick, der zu dieser Zeit immer noch stark war. Im Jahr 2017 hat die Stiftung 13 Millionen Dollar freigegeben und Anfang 2019 diese Summe von einer Spende in ein Darlehen umgewandelt, das zurückzuzahlen ist.

Als diese Ereignisse eintraten, war im Vatikan allgemein bekannt, daß Becciu eine führende Rolle in dieser Angelegenheit spielte, zumindest solange er das Amt des "Substituten" im Staatssekretariat innehatte, d.h. bis zum 29. Juni 2018.


Heute bestreitet Becciu jedoch, derjenige gewesen zu sein, der den Kauf des IDI getätigt habe. Und vor ein paar Tagen kam ihm plötzlich auch Kardinal Parolin zu Hilfe.

Als der Kardinalstaatssekretär am 20. November von der us-amerikanischen Nachrichtenagentur CNA befragt wurde, gab er an, er habe den Kauf des IDI unter Beteiligung der APSA und der päpstlichen Stiftung durchgeführt.

Parolin bestritt, daß es eine „Kurien-Verschwörung“ gegeben habe, um Becciu die Schuld an dem Deal zu geben, und seinen Ruf zu schädigen. Und er hielt sich auf alle Fälle heraus: "Mir sind solche Operationen völlig fremd. Wenn es eine solche Operation gäbe, würde ich sie auf das Schärfste verurteilen."


Vor allem bemühte er sich,  zu betonen, daß der Kauf des IDI „mit fairen Absichten und ehrlichen Mitteln durchgeführt wurde“.

Für einen außenstehenden Beobachter ist nicht klar, inwieweit das wahr ist, oder dem Rollenspiel zwischen dem amtierenden Kardinalstaatssekretär und demjenigen, der von 2013 bis 2018 sein „Stellvertreter“ war, zugeschrieben werden muß. 


Es bleibt die Tatsache bestehen, daß der Kauf eines erheblichen Anteils des IDI des Staatssekretariats durch die APSA gegen die 2012 vereinbarten und von Moneyval überwachten Regeln des europäischen Bankengesetzes verstößt, die der APSA als Zentralbank des Vatikans verbieten, Kredite an Privatpersonen zu vergeben und an kommerziellen Transaktionen teilzunehmen.  

HAFTBEFEHL FÜR DEN ASSESSOR DER APSA 

Aber das ist nicht alles. Denn bei seiner Rückkehr nach Rom wird Franziskus sich einer noch dringlicheren Frage stellen müssen, die auch mit der APSA zu tun hat,  aber auch mit dem Mann, der vor zwei Jahren vom Papst in die brandneue Rolle eines „Assessors“ versetzt wurde- dem argentinischen Bischof Gustavo Óscar Zanchetta.


Zanchetta war ein Freund und geistlicher Sohn von Bergoglio, seit dieser Erzbischof von Buenos Aires war und er selbst Unterstaatssekretär der argentinischen Bischofskonferenz. Nachdem Bergoglio Papst geworden war, beförderte er ihn sofort zum Bischof von Orán, ein Amt von dem Zanchetta jedoch  2017 aus nicht näher bezeichneten „gesundheitlichen Gründen“ zurücktrat.
Assessor-, obwohl er keine administrativen Kenntnisse besaß. Der Grund für diese Ernennung war in der Tat ein ganz anderer. Er sollte seinen Freund vor den Folgen von Anschuldigungen wegen seiner Sexualstraftaten an seinen Seminaristen schützen, die ab 2015 von Kirchenleuten aus der Diözese Orán in Rom erhoben worden waren. 

Es folgte die Eröffnung eines doppelten Verfahrens gegen ihn, kanonisch und zivilrechtlich.  Vom ersteren gab es keine Nachrichten. Aber das zweite ist in Argentinien in vollem Gange, und am 21. November kam die Bitte um einen internationalen Haftbefehl für Zanchetta, der immer noch im Vatican-Staat, in der Residenz von Santa Marta, ansässig ist.


Der Antrag auf einen Haftbefehl wurde von Staatsministerin Maria Soledad Filtrin Cuezzo der Staatsanwältin für geschlechtsspezifische Gewalt und Verbrechen gegen die sexuelle Unversehrtheit beim Gericht von Oràn gestellt. 

Aber der muss nicht in Kraft gesetzt werden, weil Zanchettas Verteidiger im kanonischen Prozess  Javier Belda Iniesta am Abend des 23. November bekannt gab, daß der Beklagte - der weiterhin seine Unschuld beteuert - am Nachmittag des 25. Novembers  das Flugzeug besteigen und am Morgen des 26. Novembers auf dem Flughafen Salta landen wird.“

Quelle: Settimo Cielo, S. Magister

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