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"DER PAPST UND ITALIEN HINGESTRECKT VOM CORONA-VIRUS. SO NAH, SO FERN"
"Erhalten und veröffentlicht. Der Autor ist Spezialist für die Beziehungen zwischen Staat und Kirche und lehrt Zeitgeschichte an der Universität von Bergamo in der vom Coronavirus am stärksten betroffenen Region. Sein neuestes Buch trägt den Titel: "Die historische Kultur des vereinten Italiens".
FRANZISKUS ERSTER NICHT ITALIENISCHER PAPST
von Roberto Pertici
"Am Sonntag, dem 5. Mai 1940, begab sich Pius XII feierlich in die Basilika Santa Maria sopra Minerva, um sich in einem feierlichem Ritus an die Schutzheiligen Italiens, die Heilige Katharina und den Heiligen Franziskus zu erinnern. Bei dieser Gelegenheit sprach er ein Gebet für das Land, dessen Primas er war:
"„O Jesus, allmächtiges Wort, König der Zeitalter, der die Menschen machte und indem er die Söhne Adams teilte. die Völker schuf (Deut 22,8) und die Grenzen Italiens festlegte, den Hl. Ort auswählte und festigte, in dem Dein Vikar sitzt, schaue gnädig auf dieses Volk und dieses von Dir bevorzugte Land, das gebadet im Blut der Fürsten Deiner Apostel und so vieler Märtyrer, geheiligt durch die Tugenden und Werke so vieler Deiner Vikare, Bischöfe, Priester, Jungfrauen, guten Diener und Gläubigen. Hier, wo der Glaube an Dich immer makellos leuchtete und die Höhlen und Refugien Deiner Gläubigen heiligte, die Tempel der falschen Götter reinigte und für Dich die goldenen Basiliken errichtete - von einer Küste der Meere, die es umgeben zur anderen, hier hat sich Dein Volk immer mehr um Deine Altäre gedrängt, ohne sich der Zwietracht bewusst zu sein, begierig auf die Harmonie des Geistes; und hier erfleht dasselbe Volk von Dir, oh göttlicher König der Nationen, dass Du die Fürsprache deiner Gnade und deiner Gunst verstärkst, die wir Deinem Thron der Güte und Barmherzigkeit anvertrauen, um unseren Schutz auf eine höhere und spezifischere Weise zu gewährleisten. und Deinen beiden großen Dienern Franziskus und Caterina. Höre, o Jesus, auf unser Gebet, das wir Dir durch ihre Hände präsentieren. "
Es war ein Gebet für den Frieden: Fünf Tage später würde Deutschland die französische Front angreifen und die scheinbar letzte Phase des Krieges in Europa beginnen. In jenen Tagen für den Frieden zu beten bedeutete, zu hoffen, daß Italien, das immer noch "nicht kriegerisch"war, aus dem Konflikt heraus bliebe, die Linie der päpstlichen Diplomatie in den vergangenen Monaten verfolgte, die vom "Osservatore Romano" und der katholischen Presse propagiert wurde.
Diese Kampagne hatte die Führer des Regimes und Mussolini selbst, die stattdessen versuchten, das Land auf den Krieg vorzubereiten, stark irritiert: Nach den Aussagen der englischen und französischen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Osborne und d'Ormesson, wäre das Auto des Papstes bei der Fahrt nach Santa Maria sopra Minerva, an einer Kreuzung langsamer geworden und sei Ziel verschiedener Schmähungen von Gruppen junger Faschisten geworden: "Der Papst ist scheiße!", "Nieder mit dem Papst!". Es ist kein Zufall, daß Pius XII erst am 19. Juli 1943, nach dem ersten alliierten Bombenangriff auf die Hauptstadt, wieder auf die Straßen der Stadt ging, deren Bischof er war: Diese Episode ist zu bekannt, als daß sie hier noch einmal erzählt werden müßte.
Seine Aufmerksamkeit und die seiner Nachfolger für das "liebe und geliebte Italien", wie unser Land allgemein in der päpstlicher Rhetorik bezeichnet wurde, war oft übertrieben und wurde von vielen unserer Landsleute als erstickender Schutz empfunden, aber es besteht kein Zweifel daran, daß die Italiener (Gläubige und Ungläubige) in wirklich schwierigen Momenten den Bischof von Rom oft gesehen und dabei Worte empfangen haben, die nicht vergessen werden können. Die Ältesten erinnern sich noch an Paul VI, der anderthalb Monate nach der Flut vom 4. November 1966 in der Kathedrale von Florenz die Weihnachtsmesse feierte, und an seine Botschaft an die "Männer der Roten Brigaden" während der Entführung von Aldo Moro 1978.
Es war ein Gebet für den Frieden: Fünf Tage später würde Deutschland die französische Front angreifen und die scheinbar letzte Phase des Krieges in Europa beginnen. In jenen Tagen für den Frieden zu beten bedeutete, zu hoffen, daß Italien, das immer noch "nicht kriegerisch"war, aus dem Konflikt heraus bliebe, die Linie der päpstlichen Diplomatie in den vergangenen Monaten verfolgte, die vom "Osservatore Romano" und der katholischen Presse propagiert wurde.
Diese Kampagne hatte die Führer des Regimes und Mussolini selbst, die stattdessen versuchten, das Land auf den Krieg vorzubereiten, stark irritiert: Nach den Aussagen der englischen und französischen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Osborne und d'Ormesson, wäre das Auto des Papstes bei der Fahrt nach Santa Maria sopra Minerva, an einer Kreuzung langsamer geworden und sei Ziel verschiedener Schmähungen von Gruppen junger Faschisten geworden: "Der Papst ist scheiße!", "Nieder mit dem Papst!". Es ist kein Zufall, daß Pius XII erst am 19. Juli 1943, nach dem ersten alliierten Bombenangriff auf die Hauptstadt, wieder auf die Straßen der Stadt ging, deren Bischof er war: Diese Episode ist zu bekannt, als daß sie hier noch einmal erzählt werden müßte.
Seine Aufmerksamkeit und die seiner Nachfolger für das "liebe und geliebte Italien", wie unser Land allgemein in der päpstlicher Rhetorik bezeichnet wurde, war oft übertrieben und wurde von vielen unserer Landsleute als erstickender Schutz empfunden, aber es besteht kein Zweifel daran, daß die Italiener (Gläubige und Ungläubige) in wirklich schwierigen Momenten den Bischof von Rom oft gesehen und dabei Worte empfangen haben, die nicht vergessen werden können. Die Ältesten erinnern sich noch an Paul VI, der anderthalb Monate nach der Flut vom 4. November 1966 in der Kathedrale von Florenz die Weihnachtsmesse feierte, und an seine Botschaft an die "Männer der Roten Brigaden" während der Entführung von Aldo Moro 1978.
Man wird sagen, daß diese Päpste Italiener waren, die, wie im Fall von Angelo Roncalli und Montini selbst, in ihrer Jugend notorisch patriotische Gefühle hatten, und Erben der lombardischen "Schlichter-Tradition".
Für sie war das vereinte Italien - im Gegensatz zu vielen "kompromisslosen" Katholiken - eine feststehende Tatsache, ein Punkt ohne Wiederkehr. Aber auch ein nicht-italienischer Papst wie Johannes Paul II war 1994 der Autor eines unvergesslichen Gebetes für Italien, nicht überraschend, weil für den polnischen Papst Nationen tiefe spirituelle Realitäten waren. Es genügt, seine große Rede vor der Vollversammlung der UN vom 5. Oktober 1995 wieder zu lesen. Und es sollte deutlich betont werden, daß die starken nationalen Wurzeln dieser Päpste immer mit einer außergewöhnlichen Fähigkeit verbunden waren, die Universalität des Katholizismus und ihre Rolle.zu verkörpern.
All diese Erinnerungen und Überlegungen begleiteten mich am Sonntag, dem 8. März, als ich Papst Franziskus im ersten Angelus zuhörte, das er vor einem niedergeworfenen, durch die Coronavirus-Epidemie "in zwei Teile geteilten" Italien rezitierte.
Nun, Franziskus hatte mehr- wenn auch aus dem Stegreif hinzugefügte- Worte für eine ferne syrische Stadt als für das Land, in dessen Hauptstadt er Bischof ist.
("Ich begrüße die Vereinigungen und Gruppen, die sich solidarisch mit dem syrischen Volk und insbesondere mit den Einwohnern der Stadt Idlib und des Nordwestens Syriens engagieren - ich sehe Sie hier -, die gezwungen sind, vor den jüngsten Entwicklungen des Krieges zu fliehen. Liebe Brüder und Schwestern, ich erneuere meine große Besorgnis, meinen Schmerz für diese unmenschliche Situation dieser wehrlosen Menschen, einschließlich vieler Kinder, die ihr Leben riskieren. Sie sollten nicht von dieser humanitären Krise wegschauen, sondern ihr Vorrang vor jeder anderen geben vor jedem anderen Interesse. Lasst uns für diese Menschen beten, für unsere Brüder und Schwestern, die im Nordwesten Syriens in der Stadt Idlib so sehr leiden ").
("Ich bin den Menschen im Gebet nahe, die unter der gegenwärtigen Coronavirus-Epidemie leiden, und allen, die sich um sie kümmern. Ich ermutige die Brüder im Bischofsamt, die Gläubigen zu ermutigen, diesen schwierigen Moment mit der Kraft des Glaubens in der Gewissheit der Hoffnung und Inbrunst der Nächstenliebe zu leben
Die Fastenzeit hilft uns allen, auch diesem Moment der Prüfung und des Schmerzes einen evangelischen Sinn zu geben ").Wie wir sehen können - wenn wir uns den Text anhören müssen - hat die humanitäre Krise in Syrien für Papst Franziskus "Vorrang vor allen anderen Interessen".
Natürlich fehlte dann auch nicht ein Stück Zeremonie (das kurze Erscheinen am Fenster zum Petersplatz), aber eine verlorene und unruhige öffentliche Meinung konnte - seien wir ehrlich - etwas mehr erwarten.
Der Papst- das weiß man- liest meistens vorbereitete Reden ab, aber der aktuelle Papst hat mehrmals seine Fähigkeit bewiesen den Blick zu erheben und über die Fragen, die ihm am meisten am Herzen liegen aus dem Stegreif zu sprechen.
Wenn nicht ihm, dann muß der Fehler in der Wahrnehmung seinen engsten Mitarbeitern zugeschrieben werden. Man sagt, daß im Vatikan ständig eine Vielzahl von "Kommunikationsexperten" am Werk ist, aber bei dieser Gelegenheit haben sie nicht die richtigen Worte gefunden .
Ähnliches gilt auch für die italienische Bischofskonferenz, die in ihrem Eifer über die von den Behörden vorgeschriebenen Hygieneregeln hinausging und Schwierigkeiten hatte, nicht generische "katholische" Worte über die aktuelle Krise auszusprechen.
Vielleicht irre ich mich, aber ihre Stimme hat es nicht geschafft, unter den vielen, die die Medien an die Italiener gerichtet haben, eine besondere Bedeutung zu erlangen. Dies auf der Ebene des öffentlichen Diskurses, weil ich sicher bin, daß sich die Priester der betroffenen Gebiete neben ihren Gläubigen in den Schützengräben befinden und sich in ihrer materiellen und spirituellen Fürsorge zur Unterstützung "usque ad effusionem sanguinis" verpflichtet haben.
Bedeutet diese Stille etwas? Ich gehe nicht auf theologische Fragen ein, die über meine Kompetenz hinausgehen. Also formuliere ich die Frage in einer anderen Form: Wann und wie hat Italien aufgehört, für unseren Klerus etwas zu bedeuten?
Ich werde - wie in allen Werbespots für die 8 Promille (ital.Kirchenabgabe) - einwenden, daß italienische Priester im sozialen Bereich sehr aktiv sind bei gemeinnützigen und unterstützenden Aktionen von enormer Bedeutung. Alles wahr, so sehr, daß sogar Papst Franziskus wiederholt vor der Versuchung gewarnt hat, kirchliche Strukturen in eine riesige NGO zu verwandeln.
Aber all diesen großen gemeinnützigen Bemühungen gelingt es jedoch nicht, sich in ein bewusstes Kulturprojekt zu verwandeln, da ihnen einige grundlegende Fragen zur italienischen Realität, seiner Geschichte, seiner kulturellen Traditionen und seinen Ereignissen fehlen. Für viele Priester und Bischöfe ist die Gesellschaft, in der sie mit solchem Eifer agieren, ohne Geschichte und vor allem zeigen sie keine empathische Beziehung für die Gesellschaft, die sie zum Ausdruck und hervor gebracht hat.
Man wird sagen, daß das auch auf den größten Teil der Italiener zutrifft und das ist wahr.
Daß der Klerus nichts anderes getan hat, als diese kollektive Erfahrung zu teilen, die als "Tod des Vaterlandes" bezeichnet wurde: ist auch wahr.
Kurz gesagt, der spätere Kardinal Giulio Bevilacqua, ein Kämpfer bei Ortigara im Jahr 1916, war im gleichen Alter wie seine Kollegen, wie es auch die heutigen Priester mit den ihren sind.
Dennoch fühlt man sich bei dem, was in diesen Tagen der Verwirrung von Italien übrig bleibt, unweigerlich etwas einsamer."
Quelle: Settimo Cielo, S. Magister, R. Pertici
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