Montag, 27. Dezember 2021

Die Kurienreform - steht eine Revolution bevor?

In seiner heutigen Kolumne in "Monday in the Vatican" befaßt sich Andrea Gagliarducci mit der Weihnachtsansprache des Papstes an die Kurie, dem aktuellen Stand der Kurienreform und möglichen zukünftigen Entwicklungen.
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"PAPST FRANZISKUS -AUF DEM WEG ZU EINER REVOLUTION?"

Bei Papst Franziskus´ Weihnachtsgrüßen an die Kurie gab es keine überraschenden Ankündigungen. Keine Erwähnung der Kurienreform. Keine Erwähnung dessen, was erreicht wurde. Aber noch am selben Tag hat Papst Franziskus Kardinal Peter Turkson formell als Präfekt des Dikasteriums für die ganzheitliche menschliche Entwicklung  entlassen worden- gemeinsam mit seinen Mitarbeitern. An seine Stelle trat eine Übergangsleitung-bestehend aus Kardinal Michael Czerny, der schon Untersekretär der Abteilung für Migranten und Flüchtlinge ist und Schwester Alessandra Smerilli, seit kurzem Sekretärin des Dikasteriums. 

Wie Kardinal Turksons Zeit in der Kurie endete, verdient eine Überlegung. Nicht weil der Kardinal sein Kurien-Amt nach 12 Jahren aufgeben mußte. Sondern wie dieser Amtsverzicht zustande kam verblüfft. 

Seit einiger Zeit gab es im Dikasterium zur Förderung der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung: Kardinal Peter Turkson, Präfekt, und Kardinal Michael Czerny, der nach Turkson ins Dicasgterium eintrat und später das Vertrauen des Papstes gewann und der erst Leiter einer Akut-Abteilung, der für Migranten und Flüchtlinge war und dann zum Kardinal gemacht wurde. 

Das war ein Zeichen. Der frühere Mitarbeiter wurde Kardinal und deshalb war das Machtgleichgewicht gestört. Das ist keine neue Initiative für Papst Franziskus. So hat der Papst z,B, den Erzbischof von Perugia Gualterio Bassetti als Kardinal kreiert, als er noch Vizepräsident der CEI war. Das war ein klares Signal dafür, wer nach seinem Willen den Platz von Kardinal Bagnasco als Präsident einnehmen sollte. Der Gedanke ist, daß unter einer Art Druck die Leute früher oder später aufgeben. Kardinal Turkson fuhr wie Bagnasco mit seiner Arbeit fort. Beide haben immer gedacht, daß der Papst sie ausdrücklich hätte bitten müssen, zurückzutreten, wenn es das war, was der Papst wollte. Das ist nicht passiert- auch weil der Papst wußte, daß das Reaktionen provozieren würde. 

Als das Rücktrittsdatum von Kardinal Turkson näher kam, richtete Papst Franziskus eine Kommission zur Inspektion des Dikasteriums ein. Kardinal Blaise Cupich, Erzbischof von Chicago, leitete die Kommission- unterstützt von Schwester Helen Alford, Vize-Rektorin der päpstlichen Universität Angelicum und von Pier Franzcesco Pinelli,  Ingenieur und Manager, der an der Vorbereitung und Errichtung des Dikasteriums zur Förderung der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung betieligt war. 

Es war die dritte Inspektion, die Papst Franziskus für ein Dikasterium anordnete, aber die erste durch ein richtiges Team. Die Ergebnisse der Inspektion sind nicht bekannt und man kann nichts auf die Inspektion zurückführen. Dennoch hat die Anwesenheit von drei Inspektoren einen Präzedenzfall geschaffen, der weniger verdächtig gewesen wäre, wenn es dort die unvermeidbare Drehtür gegeben hätte und einige der Protagonisten die Bühne verlassen hätten. 


Also trat Fr. Augusto Zampini kurz nach der Inspektion-aber in einer Aktion, die wie man sagt vorher geplant wurde, zurück. Seine Ernennung zum Hilfssekretär des Dikasteriums war auf ungewöhnliche Weise kommuniziert worden- um 20.00, in einem Zusatz zum offiziellen mittäglichen Bulletin, in dem alle Ernennungen genannt werden. Eine Art zu sagen, daß diese Entscheidung nicht auf den nächsten Tag verschoben werden konnte, es mußte noch am selben Tag passieren. 

Zampinis Fall folgte dem Ausscheiden den anderen Sekretärs, Fr. Bruno Maria Duffé.  Er verließ sein Amt kurz vor seinem 70. Geburtstag, ein Jahr vor Ende seiner Amtszeit, offensichtlich wegen interner Unstimmigkeiten. 

Inzwischen war Schwester Allessandra Smerilli als Untersekretärin gekommen . Als die beiden Sekretäre abtraten, wurde Schwester Smerilli Sekretärin. Sie hat jetzt zusammen mit Kardinal Michael Czerny das Management des vorläufigen Dikasteriums übernommen.

Und der Kardinal sagte in einem Statement, das von der Migranten-und Flüchtlingsabteilung veröffentlicht wurde, daß das Dikasterium vor "zahlreichen und drängenden Herausforderungen "unserer Welt" steht, die die Globalisierung der Gleichgültigkeit der Solidarität vorzieht, während sie auf unserem gemeinsamen Heim und der Gemeinschaft der Menschenfamilie herumtrampelt. 

Der Kardinal fügte hinzu, daß "die von der  Migranten-und Flüchtlings-Abteilung des Dikasteriums geleistete Arbeit sich heute als fruchtbarer Zugang zu den erwähnten Herausforderungen anbietet."

Das sind Worte, die einen an eine Art geplanten Staatsstreich denken läßt: zuerst wird eine ad-hoc-Abteilung geplant, die dem Papst direkt untersteht, und dann die Ersetzung des Präfekten, so daß das gesamte Dikasterium dieser Linie folgt. 

Wird es so kommen? Tatsächlich hat Papst Franziskus uns an verschiedene Situationen dieser Art gewöhnt, daß neue Persönlichkeiten als Modell eingesetzt werden, die sich den alten anschließen und sie dann ersetzen

Deshalb fragt man sich, was das Schicksal des Theologen Armando Matteo sin wird, der vom Papst als Untersekretär in die Glaubenskongregation berufen und vom Papst am Ende der Weihnachtsansprache gelobt wurde. Oder für welches Amt der Theologe Luigi Maria Epicoco bestimmt ist, dessen Bücher schon zweimal  der Kurie geschenkt wurden und dem Papst Franziskus die Position eines kirchlichen Assistenten des Kommunikations-Dikasteriums und Kolumnist des Osservatore Romano (ein Titel der bisher noch nie vom Papst erwähnt wurde und sicher nicht in einem Bulletin des Pressebüros des Hl. Stuhls) anvertraut wurde?

Wir befinden uns in einer Zeit der Übergabe und die wird schnell, brutal und plötzlich geschehen.. Papst Franziskus scheint beschlossen zu haben, denen, die er als seine Widersacher ansieht, Leute, die angeblich ein Komplott zu seiner Nachfolge schmiedeten, als er im Krankenhaus war, keine Zeit für Reaktionen zu  lassen. So werden alle Ernennungen gemeinsam erfolgen, eine nach der anderen. 

In der Rede an die Kurie gab es diese Andeutungen nicht, sondern einen ständigen Aufruf zur Demut, wie es bereits 2019  Die Tatsache, daß es keine spezifischen Themen gab, löst die Frage aus, ob der Papst, und infolgedessen das Pontifikat, nichts Neues mehr zu sagen hätte.

Aber der Papst hielt sich auch bei einigen Passagen auf. Er äußerte sich zu seinen Angriffen auf den Klerikalismus und die geistige Weltlichkeit und dachte wahrscheinlich an sich selbst und an die Angriffe, denen er sich ausgesetzt fühlt.

Jetzt ist die Zeit der Revolution. Sie wird die Kurienreform nicht durchlaufen. Die üblichen Gerüchte besagen, daß sich der Kardinalsrat nicht geäußert hat, weil beschlossen wurde, "pastor bonus" ohne neuen Text weiter anzupassen. Daher würde sich der Papst freier fühlen, zu handeln. Andere Gerüchte besagen, daß der Papst neue Themen einführen und sogar die interimistische Leitung der Glaubenskongregation übernehmen will.

Währenddessen das Warten auf die Versetzung von Erzbischof Morandi, der Nummer zwei des ehemaligen Sant´ Officium, in die Diözese und auf die Pensionierung von Nummer 1, Kardinal Ladaria; während fünf andere Gemeinden der Kurie auf neue Leiter warten; der Papst könnte auch weitere Änderungen beschließen, und zwar schnell, indem er bereits am 2. Januar dieses Jahres ein Konsistorium für Februar einberuft. Es wird keine kurze Liste von Kardinälen sein, etwas zehn, die den Generationswechsel abschließen werden.

Dieses Weihnachten ist für Papst Franziskus ein Moment des Übergangs. Aber ob die Menschen um ihn herum seinen Plan in die Tat umsetzen können, bleibt abzuwarten."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican

 

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