Dienstag, 1. Februar 2022

Erinnerungen an Kardinal Joszef Mindszenty

A. Gagliarducci  berichtet in acistampa über die Präsentation eines Buches über den Minszenty-Prozess vor 73 Jahren und die Geschichte eines italienischen Bürgers, der den ungarischen Helden-Kardinal aus dem Gefängnis befreien wollte. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

"JENER HERR AUS MOLISE, DER NACH UNGARN FAHREN WOLLTE, UM MINDSZENTY ZU RETTEN"

Die Geschichte wurde bei der Präsentation des Buches "Der Prozess gegen Kardinal Mindszenty aus der Sicht nach 70 Jahren" des ungarischen Historikers Andras Fejérdi bekannt.

Nach dem Aufstand von1956 in Budapest, flüchtete sich  Kardinal Jozsef Mindszenty, Primas von Ungarn, nach dem Eingreifen der russischen Panzer in die diplomatische Vertretung der USA in Ungarn. Und es war während dieser Zeit, in der Mindszenty zu einem Helden der Kirche des Schweigens wurde. Nicht nur ein Held, sondern eine internationale Persönlichkeit. Aber schon vorher, als Mindszenty im Gefängnis war, war seine Geschichte bekannt. So sehr, daß sie das nicht allzu passive Interesse eines Herrn aus Molise hervorrief.

Es war Professor Matteo Luigi Napolitano, der Internationale Beziehungen an der Universität von Molise lehrt und Mitglied der Päpstlichen Akademie der Geschichtswissenschaften ist, der die Geschichte von Bruno Lallo, so hieß der Mann, erzählt hat. Die Gelegenheit war die Präsentation des Buches "Kardinal Mindszentys Prozess aus der Perspektive nach 70 Jahren", von den Historikern  Andrs Fejérdy und Bernadett Wirthné Diera editiert und in englischer Sprache von der Liberria Editrice Vaticana veröffentlicht. 

Napolitano hat die Geschichte beim Durchstöbern der Vaticanischen Archive gefunden, wo er an einem bestimmten Punkt auf die Briefe von Bruno Lallo stieß. Aus Casacalenda kommend, einer Kleinstadt im unteren Molise-Gebiet mit heute etwa 2000 Einwohnern, schrieb Lallo am 17. Januar an Papst Pius XII. mit der Bitte, nach Ungarn gehen zu dürfen, um den damals im Gefängnis sitzenden Mindszenty zu befreien. Lallo geht sogar so weit, sich als Gefangener anstelle des Kardinals anzubieten, indem er wissen läßt, daß er "diese Degenerierten“ (die Kommunisten) umarmen und versuchen will, sie zu bekehren"


Der Brief landete auf dem Tisch von Msgr. Giovambattista Montini, des damaligen Substituten im Staatssekretariat ( er wurde später Paul VI) und wurde vom Hl. Stuhl bewertet,  Man entschied am Ende an den Bischof von Larino zu schreiben und ihn zu bitten Mit Bruno Lallo in Kontakt zu treten und ihm von seinem Plan abzuraten und ihm für sein Interesse zu danken. 

„Das Angebot des Verfassers des Briefes – sagte Professor Napolitano – scheint ohne jedes politisches Wissen gemacht worden zu sein, aber es zeigt, dass sogar die einfachen Bürger‘, die an sehr abgelegenen Orten lebten, sich Sorgen um das Schicksal des Kardinals machten.“

Es ist eine Geschichte, die die Bedeutung von Kardinal Mindszenty bezeugt, der 2019 von Papst Franziskus für verehrungswürdig erklärt wurde. Ein Märtyrer der Kirche des Schweigens, der widerwillig aus seiner Heimat verbannt wurde, nachdem er die amerikanische Gesandtschaft verlassen hatte, in die er nach der Unterdrückung des ungarischen Aufstands geflüchtet war.

Als Papsr Pius XII ihn zum Kardinal kreierte, sagte er zu ihm "Du wirst der erste der 32 sein die das Martyrium erdulden mußt, das diese Farbe symbolisiert"

Das war prophetisch: der Kardinal, der bereits 1918 von den Kommunisten von Bela Kun inhaftiert, am 26. Dezember 1948 verhaftet worden und wurde am 18. Februar 1949, sauber rasiert und mit den bischöflichen Insignien bekleidet, in einem Schauprozess zu lebenslanger Haft verurteilt.

Am 14. Februar 1949 -als die Nachricht von seiner Verurteilung eintraf, berief Pius XII ein außerordentliches Konsistorium ein. Auch das Geständnis des Kardinal wurde nach tagelanger Folter erpresst- nach deren Ende er bereit war, mit den Buchstaben "C.F" zu unterschreiben (coactus feci ich habe das unter Zwang getan)

Die Geschichte des Molisaners, der den Kardinal retten wollte, sollte nicht überraschen. Seite jeher zeigte sich Mindszenty als charismatische Figur gezeigt und das war ein Charisma, das man auch heute noch zu spüren ist, so sehr, daß sich eineinhalb Millionen Gebete für seine Seligsprechung erheben.

Während der Präsentation hat Pater Bernard Ardura, Präsident des Päpstlichen Komitees der Geschichtswissenschaften, daran erinnert, daß Mindszenty sich nach der Befreiung verpflichten sollte, die ungarische Regierung vom Ausland aus nicht zu kritisieren, aber der Kardinal weigerte sich.

Professor Andrea Ciampani von der LUMSA hat unterstrichen, daß der Band beträchtlich zu den Beziehungen zwischen den Zentraleuropa und der Vatican während des Kalten Krieges beigetragen, durch einen "erfolgreichen" Versuch, die Konzeption der ungarischen und zentraleuropäischen Geschichte unter Verwendung der Beiträge von Wissenschaftlern aus allen Ländern und einer Vielzahl von Quellen zu rekonstruieren.

25 Seiten des Bandes berichten auch über das Leiden und die Verfolgung der obersten Priester in Ungarn und Zentral &-Osteuropa : des griechisch-katholischen Tódor Romzsa, aus Transkarpathien, Aloizije Stepinac, Kroate, des Franziskaner-Mönches Carlo Prennuschi (Karl Pernusi), Beran und Stefan Wyszynski aus Polen. Außer den Führern der ungarischen Katholiken, József Gróz und Lajos Shvoy und auch über den Prozess des Lutheraners Lajos Ordass und die Verfolgung der Reformierten.

Unter diesen, suchte Beran den Dialog, aber ohne kooperieren zu wollen. Auch Wyszyński, offenbar aus einer ganz anderen Position im Kontext des polnischen Katholizismus, sucht die Möglichkeit zum Dialog. József Grősz sollte den Deal unterschreiben, aber sein Schicksal sollte ein oder zwei Jahren später dasselbe sein. Unabhängig davon, welche Strategie er gegen die kommunistische Diktatur wählte, hat er versucht, Gesten zu machen oder Zeit zu gewinnen, angesichts persönlicher Schicksale haben alle Strategien zum gleichen Ergebnis geführt.

Aus dem Buch ist auch ersichtlich, daß die sowjetische Kirchenpolitik in den 40-er Jahren des vorigen Jahrhunderts, als Stalin in gewisser Weise die Orthodoxie akzeptierte, wie man an einigen Konzessionen sieht, die er der Kirche auf nationaler Ebene machte, nicht auf die Katholische Kirche anzuwenden waren, die eher auf internationaler Ebene agierte.

Es gibt diverse Dokumente, die zeigen, daß die Ernennung eins Bischofs durch den Vatican von den Kommunisten als Einmischung in die inneren Angelegenheiten angesehen wurde. In Albanien wurde z.B. den höchsten Kirchenvertretern angeboten, eine Nationalkirche zu gründen. Den Griechisch-Katholischen in Rumänien wurde versprochen, daß -wenn sie zur Orthodoxie zurückkehrten, ihre Priester aus den Gefängnissen entlassen werden könnten. Ähnliche Versuche gab es in Kroatien, der Ukraine und in der Tschechoslowakei in Beziehung zu den Hussiten.

Es gibt in diesem Buch viel zu lesen. Aber vor allem muß man sich an diesen Pazifisten aus Molise erinnern, der überzeugt war, im Kerker den Platz des Kardinals einnehmen und die Kommunisten bekehren zu können. "

Quelle: A. Gagliarducci, acistampa

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