Samstag, 28. Januar 2023

Der Papst und die causa Rupnik

Sandro Magister kommentiert bei Settimo Cielo den Umgang von Papst Franziskus und der Kurie mit dem Fall Rupnik.  Hier geht´s  zum Original: klicken

"RUPNIK HAT EINEN UNBESIEGBAREN VERTEIDIGER, DEN PAPST"'
“Roma loquitur, confusio augetur,” Rom hat gesprochen, die Verwirrung nimmt zu. 
Dieses kritische Bonmot Kardinal Pells wurde ordnungsgemäß in dem Interview bestätigt, das Papst Franziskus am 24. Januar Nicole Winfield von Associated Press gegeben hat. 

Als er zum Fall des Jesuiten Marko Ivan Rupnik befragt wurde, antwortete Franziskus, daß er damit "nichts zu tun habe" und als er davon in den Nachrichten hörte, das für ihn eine "große Überraschung" gewesen sei. Aber er lieferte auch Elemente für die Geschichte, die bis dahin unbekannt, aber keineswegs unwichtig waren, speziell, daß es da eine Vereinbarung gebe und daß Schadenersatz bezahlt wurde."

Das war das erste mal, daß der Papst irgendwas über Rupnik sagte, seit er im Dezember ans Licht gekommen war. Damit brach er ein Schweigen, das umso unerklärlicher war, je mehr man über die enge Verbindung weiß, die es seit Jahren zwischen ihm und diesem Jesuiten gibt. 

Um das Geheimnis dieses Schweigens und der gerade geprochenen Worte zu enthüllen, muß man nur noch die bisher bekannten Tatsachen in in 4 Szenen mit einer Pause zusammenfassen.

SZENE EINS
Es war am 3. Januar 2022 und Franziskus har Rupnik in Audienz empfangen, komplett nit einer Notiz im offiziellen Bulletin und Fotos. 
Zwei Jahre vorher, am t6. März 2020 hatte der Papst ihm die Aufgabe anvertraut, die Fastenmeditation für ihn selbst und für die höchsten Mitarbeiter der vaticanischen Kurie zu halten, die in der Sala Clementina des Apostolischen Palastes versammelt waren, um ihm zuzuhören. 

Bis vor zwei Monaten hatte Rupnik einen Ruf wie Donnerhall.. Der 68-jährige Slowene war in der ganzen Welt als Spitzenkünstler und Urheber spektakulärer Mosaikschöpfungen sowohl in Rom, in der Kapelle des Apostolischen Palazzo und in Fatima, San Giovanni Rotondo und in vielen anderen Städten. Er hat auch einen Ruf als spiritueller Lehrer, raffinierter theologischer Trainer im Dialog zwischen Ost und West, Schüler des berühmten Jesuiten und Kardinals Tomás Spidlik (1919-2010). In seinem Kunst-Studio in Rom lebte er mit einer Gemeinschaft geweihter Frauen zusammen, die er gegründet, inspiriert und geleitet hat. 

Achten Sie auf die Daten. Weil diese beiden Ereignisse, die Audienz und das Predigen sich inzwischen mit zwei  Gerichtsverfahren überschnitten, die im Geheimen im Vatican gegen Rupnik geführt wurden. 



SZENE ZWEI

Es war im Januar 2020, und die Glaubenskongregation hatte die Gesellschaft Jesu gebeten, einen Verwaltungsstrafprozess wegen einer Anzeige gegen Rupnik abzuhalten, weil er in der Beichte einen Mittäter von einer Sünde "gegen das sechste Gebot“ absolviert hatte. Die Richter, allesamt Nicht-Jesuiten, hatten einstimmig festgestellt, daß die Anklage begründet sei. Und nun lag es an der Kongregation, das Urteil zu bekannt zu geben.

Genau zu diesem Zeitpunkt wurde Rupnik Papst dazu berufen, u.a. die erste Meditation während dieser Fastenzeit zu leiten. Als bereits disziplinäre Maßnahmen gegen den Jesuiten ergriffen worden waren, einschließlich eines Predigtverbotes.

Im folgenden Mai verurteilte die Kongregation Rupnik wegen der Absolution eines Komplizen bei einem sehr ernsten Vergehen, das auch die Exkommunizierung "latae sententiae" nach sich zog, verurteilt. Unmittelbar danach, im selben Mai, wurde die Exkommunizierung aufgehoben, nachdem Rupnik "die Tat zugegeben und um Vergebung gebeten hatte".

Das zweite Verfahren begann im Juni 2021 und endete im Oktober 2022 auf Grund dessen, daß die Beschuldigungen gegen Rupnik, obwohl die Beschuldigungen untermauert worden waren, um sie als off-limits zu betrachten, weil sie über die Grenzen hinausgingen.

Und es war genau im Januar 2022 als Rupnik vom Papst in Audienz empfangen wurde, als die Glaubenskongregation Beweise für die Gültigkeit der Anschuldigungen wegen psychologischen und sexuellen Mißbrauchs gegen ihn durch einige geweihte Frauen seiner Gemeinschaft erhielt und den Prozess gegen ihn begann.

Überdies blieb auch nachdem der Fall eingestellt war "die vorsorglichen Einschränkungen seines Dienstes für Rupnik bestehen, vom Beichtverbot bis zum Verbot spirituelle Exerzitien zu predigen.

PAUSE
 
Über diese beiden Prozesse wurde in der Öffentlichkeit bis Anfang Dezember 2022 nichts bekannt, bis die ersten Berichte über das Fehlverhalten Rupniks auf zwei in Rom basierten Katholischen Blogs "Silere non possum" und "Messa in Latino" ans Licht kamen. 

Es folgten die ersten vagen Eingeständnisse der Gesellschaft Jesu bzgl. Verfahren gegen Rupnik "wegen seiner Art der Amtsausübung“ und gegen ihn verhängten restriktiven Maßnahmen. Dann ausführlichere Eingeständnisse des Generaloberen der Gesellschaft, Arturo Sosa. Und dann wieder eine zusammenfassende Chronologie der Fakten, herausgegeben von der jesuitischen Generalkurie. Während in verschiedenen nicht-katholischen italienischen Zeitschriften, zuerst in der Zeitschrift „Left“ und dann systematischer in der Zeitung „Domani“, ein stetiger Strom schockierender Zeugenaussagen und Anklagen von einer wachsenden Zahl von Frauen erschien, die von Rupnik im Laufe der Zeit über viele Jahre missbraucht wurden, die sich alle der von ihm geleiteten Frauengemeinschaft anschlossen. Auf der Grundlage dieser neuen Anklagen hat die Gesellschaft Jesu Rupnik kürzlich gebeten, bereit zu sein, sich möglichen weiteren Ermittlungen und einem dritten Prozess zu stellen.

DRITTE SZENE

Die Enthüllung dieses oben enthüllten Falles, haben so viele ungelöste Fragen aufgeworfen, bis dahin den Papst zu betreffen.

Größtenteils hat Rupnik die restriktiven Maßnahmen, die ihm ohne jegliche Überwachung oder Sanktion auferlegt wurden, ignoriert, als ob er sich eines unbesiegbaren "Schutz-Status“ erfreue.

Die sofortige Aufhebung von Rupniks Urteil und Exkommunikation im Mai 2020 kann nicht einfach das automatische Ergebnis seiner Reue gewesen sein. Sie hätte auch nicht isoliert vom Kardinalpräfekten der Kongregation für die Glaubenslehre entschieden werden können. Ein Widerruf von solcher Wucht und Schnelligkeit konnte nach Ansicht vieler nur vom Papst angeordnet werden.

Die Einstellung des Prozesses 2022 mit der Begründung, daß der sexuelle Missbrauch, der Rupnik vorgeworfen worden war, auf die 1980er und 1990er Jahre zurückgehe, war keineswegs zwingend. Die im Sommer 2020 auf Geheiß von Papst Franziskus selbst an die Bischöfe der ganzen Welt gerichteten Weisungen bezüglich des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen und "schutzbedürftigen Erwachsenen“ warnen davor, daß das Ausser- Kraftsetzen der Beschränkungen in ähnlichen Fällen wegen der Schwere der Taten und ihrer Auswirkungen auf die tatsächlichen und potenziellen Opfer in den folgenden Jahren, ausgesetzt werden kann.

Es ist verblüffend, wie nachlässig Kirchenautoritäten mit den Frauen umgegangen sind, an denen Rupnik seinen psychologischen und physischen Mißbrauch begangen hatte. Zahlreiche Beschwerdebriefe sind- wie jetzt bekannt wurde- von den Autoritäten, an die sie gerichtet waren, unbeantwortet geblieben.

Der Mantel des Schweigens der bis in den letzten Dezember Rupniks Justizprozess verbarg, ist mit dem "rescriptum ex audientia” von 2019, mit dem Papst Franziskus in Fällen sexuellen Mißbrauchs das Papstgeheimnis abschaffte nicht vereinbar. 

Aber noch auffälliger ist die Unberührbarkeit, die Rupnik immer genoss, während er seine Ausflüchte zum Schaden von Dutzenden von Frauen in der von ihm geleiteten Gemeinschaft vorbrachte, die im Namen abweichender theologischer Rechtfertigungen, die er ständig mit seinen Taten in Verbindung brachte, systematisch an Geist und Körper verletzt wurden.

Schließlich scheint es keine Möglichkeit zu geben, die Äußerungen des Kardinalvikars von Rom, Angelo De Donatis, vom vergangenen 23. Dezember zu rechtfertigen, der – nachdem er sagte, er habe keine hierarchische Verantwortung für Rupnik – alles auf eine böswillige Medienkampagne reduzierte, die als Verdrehung der Anklage zu Straftaten angesehen wurde,- unter Verstoß gegen jeden Grundsatz des ordnungsgemäßen Verfahrens. Während in Wirklichkeit nicht nur ein, sondern zwei Prozesse gegen den Jesuiten im Vatikan angesetzt und ein Urteil verhängt wurde, sogar eine Exkommunikation.

Nebenbei- wessen Vikar ist De Donatis, wenn nicht der des Papstes, in einer Diözese wie Rom, die Franziskus vor kurzem von Kopf bis Fuß unter sein völliges Kommando neu organisiert hat, in der kein Blatt ohne die Anordnung des Papstes fällt. Es ist undenkbar, daß der Kardinal-Vikar derlei Statements aus eigener Initiative geäußert hätte.

SZENE VIER

Das bringt uns zum Interview mit Associated Press vom 24. Januar. In dem Franziskus sagt, daß er mit dem Fall nichts zu tun hat, aber mit gezogenem Dolch die Entscheidung der Glaubens-Kongregation verteidigt, die Anklage gegen Rupnik fallen zu lassen, auch wenn sie gut begründet war, weil es um Taten von vor langer Zeit geht. "Die Begrenzung ist eine Garantie," sagte der Papst im Interview. "Wenn es um einen Minderjährigen geht, oder einen verletzbaren Erwachsenen geht, werde ich das immer aufheben, aber in diesem Fall- nein,"

Waren also die Frauen, die Rupnik in seiner Eigenschaft als ihr spiritueller Direktor mißbrauchte, nicht "verletzlich"? Liest man seine erschütternden Zeugnisse, ist das genau das Urteil, das man fällt.

Im Interview sagt Franziskus auch, daß er seine Meinung über Rupnik geändert hat, der sich jetzt als "eine sehr limitierte, wenn auch machtvolle Person erwiesen hat." Und er weist darauf hin, daß "einige den Priesterstand verlassen müssen, weil sie nicht länger in einer pastoralen Situation dieser Art bleiben können." Aber ob diesen vagen und überfälligen Vorwürfe Handlungen folgen werden, bleibt abzuwarten.

Und schließlich ist da diese geheimnisvolle Bezugnahme des Papstes auf eine Barzahlung zur Bereinigung des Falles: "Ich weiß nicht, wie der Fall gelöst wurde, im Sinne einer allgemeinen Übereinkunft. Ich glaube, daß eine Kompensation bezahlt wurde, aber mir ist diese Übereinkunft ncht klar; in jedem Fall hat es eine Übereinkunft gegeben."

Kompensation für wen? Für eine der verletzten Frauen? Wer waren in der Realität die Dutzenden, die täglich immer offenbarer werden. Und was war die Übereinkunft?

Kardinal Pell hatte Recht. Der Papst spricht, die Verwirrung nimmt zu."

Quelle: S. Magister, Settimo Cielo

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