Francis X Maier bespricht bei firstthings das Buch "Adam und Eva nach der Pille, überarbeitet" von Mary Eberstadt - mit einem Vorwort von Kardinal George Pell- über das Verschwinden der Toleranz. Hier geht´s zum Original: klicken
"ADAM UND EVA NACH DER PILLE, ÜBERARBEITET"
Sehr früh in ihrem neuen Buch stellt Mary Eberstadt fest, daß eine neue Art der Intoleranz "eine offene Diskussion im Westen" stranguliert. Und wie sie in ihrem Text argumentiert, ist diese neue Art der Intoleranz eng mit der sexuellen Revolution verbunden. Das klingt jetzt beim ersten Hören nicht plausibel. Bei der sexuellen Revolution ging es darum, ein repressives Moralisierung zu beenden. Es ging um eine größere Toleranz für die individuelle sexuelle Freiheit. Es ging um eine gesündere, entspanntere, weniger scham-behaftete Haltung gegenüber der Sexualität im Allgemeinen. Und ich weiß, worüber ich spreche. Ich war dabei in den späten 1960-ern und ich habe die ersten Stufen gründlich genossen.
Aber hier ist der Haken, den die Autorin in Kapitel 3 so überzeugend untersucht. Die neue Intoleranz gegenüber der Sexualität ist kein Unfall oder ein "vorübergehendes Ärgernis, sondern ein ausgewachsener, quasi-religiöser Ersatzglaube für das Christentum. Sein Dogma leitet sich sowohl von der sexuellen Revolution ab und soll sie auch schützen. . . [und es ist] in einer Ablehnung des christlichen Moralkodex verwurzelt.“ So wird eine Tugend wie Bescheidenheit nicht nur belächelt, sondern als Unkraut im Garten der sexuellen Ekstase verabscheut. Zölibat ist entweder unverständlich oder wird als emotional lähmend angesehen. Normative Heterosexualität hat den unangenehmen Geruch einer stabilen menschlichen Natur; eine Natur, die eine Form des Sexualverhaltens als normal und andere als falsch, ungesund und destruktiv einstuft. Wohin führt das also; oder eher, wohin hat es geführt? Ich will zum Punkt der Autorin zurückgehen, über die neue Intoleranz, "die die offene Diskussion im Westen erstickt". Das Wort "Ersticken" hat meine Aufmerksamkeit besonders erregt. Der Grund dafür ist einfach. Der Sozialwissenschaftler der Universität von Virginia Bradford Wilcox stelle vor kurzem fest, daß drei Kolleginnen jetzt berichte, während ihrer letzten sexuellen Begegnung gewürgt worden zu sein. Untersuchungen aus den USA, dem UK und Deutschland zeigt, daß Würgen jetzt vor allem bei jungen Erwachsenen bei einvernehmlichem Sex vorwiegt und daß Frauen das überwiegende Ziel sind. Vielleicht bin ich ein Dinosaurier, aber das Würgen des Sexualpartners erscheint mir nicht als besonders hilfreich für viel Intimität- oder auch nur als ein besonderes Vergnügen.
Aber es ergibt eine perverse Art von Sinn. Schöne Dinge, die von ihrem beabsichtigten Ziel abweichen und mißbraucht werden, werden zuerst langweilig, dann häßlich und dann giftig. Der Marquis de Sade mag ein moralischer Kretin und eine zutiefst verabscheuungswürdige Kreatur gewesen sein, aber in seinem Appetit für sexuelle Abweichung und Gewalt, war er das logische Endresultat einer menschlichen Sexualität ohne Grenzen. Sex hat besonders für Männer eine starke Unterströmung von Aggression. Im biblischen Vokabular ist diese Aggression ein Nebenprodukt des Sündenfalls. Ein reifer, erwachsener Mann zu werden, statt einer Drohne, oder Gewalttäters oder Peter Pans, bedeutet, diese Aggression zu überwinden und sie in die Fähigkeit umzumodeln, zu beschützen und zu versorgen; Intimität innerhalb der Beschränkungen einer Langzeit, zweckgebundenen Beziehung zu geben und zu empfangen.
In der Geschichte von C.S. Lewis schlägt Screwtape einen Toast vor, die Dämonen konsumieren die verlorenen Seelen wie eine Art Cognac oder Elexier; tatsächlich nährt die Hölle sich von den Verdammten, um ihre dominierend Libido zu befriedigen, ihren verzwergten Appetit darauf, zu herrschen. Und etwas Ähnliches passiert bei einem Großteil der heutigen Sexualität. Bei Sex geht es um das Selbst, bekommen und verdauen, was das Selbst will; Befriedigung vom anderen, sexuell beteiligten aber völlig Fremden zu bekommen und zu konsumieren. Das biblische Ideal von zwei "die ein Fleisch werden" ist alles andere als ein flüchtiger Augenblick und definitiv nicht der Plan. Aber das wirklich Merkwürdige an der Sexuellen Revolution - 60 Jahre später- ist, das, was ich nie geglaubt hätte, als ich 20 war, daß die Häufigkeit von Sex zwischen jungen Leuten kollabiert ist. Das kommt aus einer Ermüdung, Langeweile, Angst vor dem Kraftaufwand, Angst vor Krankheit....und aus pandemischee Pornographie.
Ich verfolge die Arbeit der Autorin seit viele Jahren und es ist einfach eine Freude, sie zu lesen. Man kann "Adam und Eva nach der Pille- überarbeitet" einfach nicht lesen, ohne zu einem gründlichen Verständnis zu gelangen, wie und warum wir uns in unsere aktuelle Teergrube manövriert haben, und welches die Konsequenzen sind, so wie die Folgen für die Zukunft. Ihre Kapitel über den Niedergang der Familie und ihre Auswirkung auf die Westliche Freiheit- zusammen mit dem Zusammenbruch des christlichen Lebens als eine Lösung unserer Probleme sind besonders stark.
Aber zwei Kapitel haben mich persönlich besonders beeindruckt.
Das erste ist Kapitel 7 "Die Wut der Vaterlosen" -ursprünglich bei FirstThings veröffentlicht. Ich bin eines von vier Kindern und wurde geboren, als meine Eltern schon älter waren. Ich war meinem Vater nie wirklich nah. Wir hatten sehr unterschiedliche Interessen. Aber er war immer da; hat immer für uns gesorgt. Wir hatten schöne Familien-Ferien und er liebte und unterstützte meine Mutter immer ganz klar. Ich wußte, daß er früher in ihrer Ehe mit Alkoholismus gekämpft hat .Bis in meine zwanziger Jahre wußte ich nicht, daß er ihr Jahre vor meiner Geburt untreu geworden war. Ich habe oft darüber nachgedacht, weil es in unserem Familien-Alltag keinen Hinweis auf diese Untreue gab. Und ich habe daraus einige Lektionen gelernt: mein Vater besaß die Demut und den Mut zu bereuen und meine Mutter hatte die Barmherzigkeit und den Mut, zu verzeihen und ihn zurück zu nehmen. Und beide besaßen die Liebe, die unvermeidlichen Narben zu überwinden, diese Wunden zu heilen und sich ihren Kindern aus vollem Herzen hinzugeben.
In meinem Leben liebte der Vater mich trotz unserer Differenzen; er modellierte die Verantwortung für seine Familie; und er liebte die Frau, die er geheiratet hatte- meine Mutter. Was immer in ihrer Vergangenheit passiert war, ich habe ein Beispiel für Tag für Tag gelebte eheliche Liebe gesehen. Und dieses Zeugnis eines Ehemannes und Vaters, der sein Bestes gab, hat die Richtung meines Lebens bestimmt. Die Abwesenheit von Vätern und Vaterfiguren in unserer aktuellen Kultur ist einer der schlimmsten Kosten der sexuellen Revolution. Und wie Eberstadt sehr machtvoll zeigt, sind die sozialen Nachwirkungen katastrophal.
Das andere Kapitel, das ich erwähnen muß ist Kapitel 10 "Die prophetische Macht von Humanae Vitae" - ebenfalls zuerst bei Firstthings veröffentlicht. Fr. Joseph Fessio, der Gründer von Ignatius Press, war mehr als 40 Jahre ein Freund der Familie,. Er ist auch der Taufpate unserer Tochter Molly. Während unserer Jahre des Kinderkriegens haben meine Frau und ich routinemäßig über natürliche Familienplanung (NFP) gezankt, ich verlor, und ging dann und suchte jemanden, bei dem ich mich beklagen konnte.
Das tat ich auch einmal bei Fr. Joe und seine Antwort war einfach: "Ich kenne jede Menge Paare, die überhaupt keine Probleme mit NFP haben". Das war also ein Fehler. Für mich war NFP jedenfalls nie ein Vergnügen und war jahrelang - naja- ein wirkliches Ärgernis.
Warum ich so viele persönliche Informationen mitteile? Weil ich Unrecht und die Kirche Recht hatte. Darüber bin ich unendlich glücklich. Humanae Vitae zwingt ein Paar dazu, miteinander zu sprechen, wieder und wieder,- über die intimste Dinge ihre geteilten Lebens. Mit der Zeit werden diese Gespräche zu einem sehr starken Band der Freundschaft und das Tor zu einer sich stetig vertiefenden Intimität. Leute, die denken, daß die eheliche Romantik in ihren 50-ern austrocknet, sollten ihren Kopf untersuchen lassen. Es kann passieren, aber nicht, wenn man nie aufhört, die Liebe zu kultivieren. Nachdem ich dabei war, glauben Sie mir: die 50-er und 60-er waren großartig. Die 70-ger waren auch nicht schäbig. Aber wenn ich versuche, das was ich gerade gesagt habe, 30 oder 40 Jahre Jüngeren zu vermitteln, ist es, als ob man durch 3 Inches kugelsicheren Glasesy flüstert. Mary Eberstadt zeigt auf wunderbare Weise, warum Humanae Vitae am Ende keine Last ist. Wenn sie mit Ausdauer und Liebe gelebt wird, ist sie eine Gabe für sexuelle Gesundheit und eine tiefe intime Bedriedigung."
Quelle: F. X. Maier, FirstThings
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