Dienstag, 2. Januar 2024

Papst Franziskus, Tucho Fernandez und das nächste Konklave

In seiner gestrigen Kolumne für Monday at the Vatican kommentiert auch A. Gagliarducci die Erklärung "Fiducia Supplicans" und bedenkt ihre Auswirkung auf das nächste Konklave. 
Hier geht ´s zum Original: klicken

"PAPST FRANZISKUS UND DAS NÄCHSTE KONKLAVE" 

Der Knall am Ende des Kalenderjahre 2023 klingt noch nach und wird in 2024 weiterhin Erschütterungen auslösen. Ich spreche über das "frühe Weihnachtsgeschenk" von Papst Franziskus durch seine Haupt-Lehramts-Abteilung und ihren neuen Präfekten Kardinal Victor Manuel "Tucho" Fernandez. 

Die Erklärung Fiducia Supplicans des Dicasteriums für die Glaubenslehre bietet die Idee eines "nicht-rituellen" Segens für Paare in irregulären Verbindungen  an (d.h. Paare die aus Geschiedenen bestehen, die entweder in Kohabitation oder in zivilen Ehe leben) oder gleichgeschlechtliche Paare an. Das Dokument besteht darauf, daß die Ehe Mann und Frau vorbehalten bleibt und daß irregulären oder gleichgeschlechtlichen Paaren kein Segen erteilt werden kann. Der Autor von Fiducia Supplicans besteht weiter darauf, daß ein Segen auf kreative Weise gespendet werden kann, so daß denen, die die Gnade suchen, die pastorale Begleitung nicht verweigert wird.

Die Reaktionen auf das Dokument reichten von enthusiastisch - vom Vorsitzenden der österreichischen Bischofskonferenz, der im Prinzip sagte, dass Priester jetzt jedes Paar segnen müssen, die das fordern- bis zu lauwarm- siehe USA; Canada, Spanien und einige andere- bis zu eisig -in Polen an großen Teilen des globalen Südens -bis zu Ungläubigkeit und vollkommener Ablehnung aus mehreren Ländern Afrikas  und einer größeren Kirche sui iuris- der Ukrainisch-Griechisch-Katholischen Kirche. 

Das Dokument bleibt in seiner Sprache vage, unpräzise und lässt Raum für viele Interpretationen. Und  so haben verschiedene Bischofskonferenzen in Afrika, aber auch die Ukrainisch-Griechisch-Katholische Kirche und des Lateinischen Ritus in der Ukraine bis hin zu den Bischöfen Ungarns, hielten es für nötig, ihren Gläubigen zu erklären, dass die  Segnung homosexueller Verbindungen nicht erlaubt ist. 

Sie stellen fest, daß es möglich ist einzelne Personen zu segnen, aber das war immer so und wurde 2021 durch die Antwort der Doktrin-Abteilung des Vaticans bestätigt, die sich auf das 1986 veröffentlichte, von der Glaubenskongregation verfaßte Dokument zur pastoralen Versorgung homosexueller Personen  stützt.  

Kurz gesagt, es gab ein Problem mit der Klarheit.#


Jeder, der von der Spitze wirklich wirksame Bemühungen erwartete,, die Sache zu klären., sollte die Dinge im Licht der Realität der im Spiel befindlichen Kräfte neu überdenken:  Fernandez´ Job scheint es zu sein, Oberleutnant des Papstes dafür zu sein, Chaos anzurichten, hacer llio- gemäß dem Slogan des Papstes. Das wird weitgehende Folgen haben, die sehr wohl während der gerade begonnenen 12 Monate kommen können.

Vielleicht hat es noch kein Ereignis gegeben, das eine zerreißendere Wirkung auf das Pontifikat von Papst Franziskus hatte, als die Ernennung von Fernandez zum Präfekten des Glaubens-Dikasteriums. Als Freund und Vertrauter des Mannes, der 2013 Papst Franziskus wurde, ist Fernandez nicht nur Träger seines grundlegenden theologischen Denkens, sondern auch einer der Denker, die es inspiriert und geformt haben. Fernandez ist mit einer präzisen Aufgabe nach Rom  gekommen, mit einer die der Papst ihm in einem ungewöhnlichen Ernennungsbrief gab, der am selben Tag veröffentlichte wurde, an dem die Ernennung bekannt gegeben wurde: das Profil des Dicasteriums für die Glaubenslehre zu verändern, mit der Vergangenheit zu brechen, dem Dicasterium ein pastoraleres Gesicht zu geben.  

Und Tucho hat das nicht nur getan, sondern er tat es mit schwerer Hand, machte das Amt sichtbar und laut, präsent in den Medien (wenn auch nur in bestimmten Medien)und korrigierte einige Anordnungen der Vergangenheit.

Da ging es nicht nur darum, das Thema der Differenzierung ins Zentrum zu stellen- und während wir schon dabei sind, es ist wert das in Zusammenhang mit Segnungen zu erwähnen, dass Priester in pastoralen Einheiten in der ganzen Welt diese Differenzierung bereits von Fall zu Fall durchführten- aber eine Sichtweise aufzuerlegen und das ohne die Möglichkeit für andere, andere Ansichten kundzutun.

Viele Bischöfe sträubten sich dagegen, während Priester aus dem breiten Spektrum pastoraler Praxis und theologischer Meinungen verblüfft und Laien schockiert waren, über etwas, das sowohl doktrinäre als auch administrative Übertreibungen zu sein schien, die selbst für einen Papst und ein Pontifikat, die bereits beides kannten, erstaunlich waren.

Fernandez hat das nicht gut aufgenommen. 

Fernandez gewährte der Spanischen Zeitung ABC ein Interview und Diario ein weiteres,und beschwerte sich darüber, daß die, die von homosexuellem Segen sprechen, böswllig sind und den Geist des Dokuments nicht verstanden haben, Diese Worte sind am Ende ein Schlag ius Gesicht der theologisch hochgebildeten Bischöfe, eines hochrangigen Erzbischofs (praktisch ein Patriarch) und mindestens eines Kardinals, der die Lehre und das Dokument näher erklärt hat.

Synodalität - ein Triggerwort bei der Suche nach eine funktionierenden Definition- soll der Motor für das Pontifikat von Papst Franziskus sein. Wenn Bischöfe oder sogar ganze Bischofskonferenzen versuchen,  ihren Gesichtspunkt über manche Themen vorzubringen und mit einigen Anwendungen nicht überein zu stimmen, erklärt der Top-Synodale des Papstes, daß sie böswillig sind. 

In Wirklichkeit spiegelt Kardinal Fernandez verbale Entgleisung irgendwie Franziskus´ eigene Entscheidungen und seinen Regierungsstil während des gesamten Pontifikates wieder. Das gerade zu ende gegangene Jahr hat eine Multiplikation legislativer Entscheidungen durch diesen Papst gesehen, der die Entscheidungen und die Macht zunehmend zentralisiert und bei sich selbst konzentriert har. In diesem vergangenen Jahr gab es eine Reform des Vaticanischen Rechtssystems,  eine Reform des Grundgesetzes des Vatican-Staates und eine Reform der Päpstlichen Akademie für Theologie. 

In den 10 Jahren des Pontifikates hat Papst Franziskus 61 mal ein motu proprio gewählt, um das zu reformieren, was er reformieren wollte, während er im Fall der Umweltfrage der Enzyklika Laudato Si´  mit Laudate Deum  eine Apostolische Exhortation folgen ließ, sicher ein leichtgewichtigeres Dokument, das weniger strikte Befolgung verlangt und traditionell sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen weniger Regeln enthält.

Während des gesamten vergangenen Jahres wurde alles beschleunigt und erreichte mit der Ernennung von Fernandez eine halsbrecherische Geschwindigkeit. Papst Franziskus hat auf diese Weise Latein-Amerika - mit seiner Mentalität und Geschichte der angeblichen Marginalisierung ins Zentrum der Welt gebracht. Wie Fernandez Aktivismus einen Überblick über Franziskus´ Pontifikat liefern soll, ist deshalb die drängende Frage, nicht nur für Vaticanisti sondern auch für das Kardinals-Kollegium. 

Die zur Verfügung stehenden Antworten tragen nicht dazu bei, ein heiteres Klima zu erzeugen. Unter denen, die Fiducia Supplicans kritisiert haben, sind auch Kardinäle, die Papst Franziskus gewählt haben und deshalb von unbestreitbarer Loyalität zum Papst, trotzdem wird Kritik sofort als Böswilligkeit interpretiert. 

Manche haben beobachtet, daß das Pontifikat von Papst Franziskus - mit seinen Dokumenten und den in den Dokumenten schon gefundenen Widersprüchen ist wie ein Schwarzes Loch. Wir sind derzeit Zeugen einer Implosion des Pontifikates. Alles, was der Papst aufbaut, sind in Gefahr von innen zu und durch das Betragen der Leute, die er berufen hat, ihm zu helfen, zerstört zu werden. 

Fernandez´Interviews als Antwort auf die Kritiken an Fiducia Supplicans sagen den Kardinälen, die ins nächste Konklave einziehen werden, keinen Kandidaten mit einem Profil wie Bergoglio zu wählen. Es sagte ihnen, sie sollten stattdessen nach einem kompetenten Gesetzesgeber und Administrator Ausschau halten, der fähig ist, kleine Kurs-Korrekturmaßnahmen zu ergreifen und dabei einen Konflikt mit anderen Bischöfen und Kardinälen zu vermeiden. 

Papst Franziskus seinerseits wünscht sich vielleicht einen gewissen Einflussn auf das nächste Konklave auszuüben. Vielleicht gibt er uns 2024 eine Reform der Konklave-Regeln- das ist in Wahrheit etwasm, das seit einiger Zeit viel diskutiert worden ist -aber auf alle Fälle hat er alles getan, um seine Kirchen-Reformen so wie sie sind oder waren- zu sichern. 

Papst Franziskus hat getan, was er konnte, um der Kirche seine Form zu geben.

Zu Beginn dieses neuen Jahres weist alles auf eine lange Vorbereitung auf die kommende Papstwahl hin. Wenn es so ist, wird das eine kontroverse Wahl werden. Seien Sie auf Überraschungen gefaßt."

Quelle: A. Gagliarducci,  Monday-at-the-Vatican 


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