Weihbischof Marian Eleganti hat folgenden Kommentar zum Abschluss der Synode und zu ihrem Schlußdokument verfaßt.
DER GROSSE DURCHBRUCH IST ES NICHT
Solange der Damm, den die Bremser (die «Indietristen») zu verteidigen suchen, weiterhin rinnt (die sogenannten unumkehrbaren Prozesse) bleibt die Hoffnung der Reformer erhalten. Zu dieser Hoffnung gehören der Frauendiakonat, vielleicht einmal verheiratete Priester, jetzt schon die Mitbestimmung in neuen gemischten Gremien (und entsprechende kirchenrechtliche Anpassungen). Sie sollen die Hierarchie an Mehrheitsvoten binden. Im Weiteren hofft man auf eine kulturelle Regionalisierung von Lehre und Disziplin (z.B. im Hinblick auf die Umsetzung der LGBT-Agenda, die es in Afrika schwer hat, aber nicht bei uns), weil die entsprechenden Postulate universalkirchlich nicht durchzusetzen sind. Dafür bildet eine lehramtliche Aufwertung der Bischofskonferenzen (Gott bewahre uns!) eine Voraussetzung. Das wäre dann das Ende der Katholizität der Kirche, wenn in Polen anderes gilt als in Deutschland oder Afrika. Die Anglikaner machen es uns ja bereits vor.
Mindestens, was das geweihte Amt für die Frau angeht, bleibt es ein Warten auf Godot. Mehr als eine Benediktion wird es für sie nicht geben, so meine Einschätzung. Wenigstens hat man im Schlussdokument die Erklärung erreicht, dass die Frage angeblich offenbleibt und durch entsprechende Äusserungen von Franziskus nicht bereits (negativ) entschieden ist. Ich persönlich glaube es nicht. In Wirklichkeit ist diese Tür von Johannes Paul II. schon längst ins Schloss gefallen. Auch das hat Franziskus einmal klargestellt. Aber man kann eben rechts blinken und links abbiegen.
Die sogenannten Diakonissen der Väterzeit waren jedenfalls keine Diakone im sakramentalen Sinn und auch keine Gemeindeleiterinnen. Auch hier kratzt man alles zusammen, um den Teig immer wieder neu auszurollen. Pastoralassistentinnen machen in unseren Breitengraden heute sowieso schon mehr als die Diakonissen von damals, die als historisch bedingtes Phänomen mit den gesellschaftlichen Veränderungen von damals wieder verschwunden bzw. überflüssig geworden sind. Neue Frauenämter in der Verwaltung der Kirche (die «Bürokratisierung» der Frau), in der Katechese oder in der «hörenden» Seelsorge (vgl. die postsynodalen Anregungen der vorletzten Synode, deren Nichtumsetzung Kardinal Fernández beklagt und angemahnt hat) sind auch nicht das, was die Reformer im Grunde wollen, aber als sogenannte Teilhabe an der Macht oder als Pseudoinnovation sind es für sie dennoch kleine Schritte in die richtige Richtung, Trostpflästerchen für die Wunden, welche die Nichterhörung ihrer Maximalforderung (auch auf der letzten Synode nicht) ihnen geschlagen hat.
Jetzt beginnt das Suchen (das durch Kardinal Timothy Radcliff despektierlich bezeichnete Abklappern des Textes) im Synodendokument nach jedem semantischen Spalt, um zu Hause mit den heissen Eisen wie bisher weitermachen zu können. Überhaupt ist der synodale Ertrag der bisherigen Synoden dürftig. Die Jugendsynode hat sich buchstäblich vaporisiert. Der grosse Aufwand in ihrem Vorfeld war für die Katze, genauso das postsynodale Schreiben. Ich habe niemals mehr etwas davon gehört oder gelesen. Die Amazonassynode war auch eine Enttäuschung für die Reformer, was einzelne Bischöfe in Amazonien nicht daran hindert, ihre eigene Vision zu implementieren, egal, wie weit die Universalkirche mit ihren Synoden damit ist. Wen stört es?
Entgegen den Prinzipien der Synodalität wurden die heissen Eisen vom Papst der Hauptversammlung entzogen und zum x-ten Mal einer Kommission (es sind mindestens zehn) zum weiteren Studium überlassen. Aber Godot wird nicht kommen. Die Ergebnisse werden für Sommer 2025 erwartet, immer noch als Teil des synodalen Prozesses, der offiziell im Oktober 2024 als Synode über Synodalität abgeschlossen wurde. Die Synode ist in diesem Sinn vorbei, nicht aber der synodale Prozess, heisst es. Jetzt fange er erst richtig an, denn die Umsetzung vor Ort sei nun entscheidend, sagt man.
Der Korridor des klerikalen Mindsets der Reformer ist sehr eng. Immer noch haben sie das Gefühl, es fehle an Mitbestimmung. Aber in wie vielen Gremien, Kommissionen, Arbeitsgruppen und Fachstellen, Vereinigungen und Räten sitzen sie bereits? In den meisten dieser Gremien werden die gleichen Tagesgeschäfte bzw. Fragen besprochen, wenigstens bei uns in der Schweiz.
Um wenigstens einen Fortschritt bzw. ein handfestes Ergebnis des synodalen Prozesses dokumentieren zu können, sollen synodale Räte eingerichtet werden. Die Erarbeitung von Satzungen und die Berufung von Leuten in diese Räte laufen auf Hochtouren. Bei uns sind es wieder fast dieselben Leute, denen wir sonst schon auf allen Ebenen begegnen. Auch wissen wir zur Genüge, was sie wollen.
Man muss in die mit Sitzungen prall gefüllten Agenden der Bischöfe und hauptamtlichen Laien schauen, um zu verstehen, wie sehr wir uns im Kreise drehen und immer wieder von vorn beginnen. Das Volk Gottes bleibt jedenfalls mehrheitlich aussen vor und nicht ohne Grund am synodalen Prozess nicht interessiert. Das gilt schon für seine bisherige Partizipation im Prozess, den vor allem kirchlich sozialisierte Professionelle vorangetrieben haben. Wir kommen auf kaum ein Prozent der Beteiligung des Gottesvolkes. Und da, wo es sich in einer Online-Befragung zum Thema Synodalität wirklich geäussert hat, wurde sein mehrheitlich negatives Votum postwendend und innerhalb von 24 Stunden (ich habe sie nicht gezählt) wieder vom Netz genommen.
Wenn man doch nur begreifen würde, was gemäss den Konzilstexten die prophetische Aufgabe der Laien wäre, wo immer sie als Getaufte und überwältigende Mehrheit von Gott hingestellt und ausgesandt wurden! Aber nein, es zählt die Rolle, die sie im Gottesdienst oder in einem Gremium spielen – als Demokratie von unten im Gegensatz zur sakramentalen Hierarchie von oben. So viel wenigstens liess die letzte Synode durchblicken, dass die sakramentale Hierarchie nicht zur Disposition steht. Weltliche Parameter wie Gewaltenteilung und Machtkontrolle würden sie zerstören. Das ist auch der Grund, warum der Papst jeglichem synodalen Parlamentarismus mehrmals eine Absage erteilt hat. Das Gespräch im Geist ist eben etwas anderes.
Wie gesagt, trösten sich die Reformer damit, dass es jetzt vor allem auf die Umsetzung vor Ort ankomme. Die Enttäuschung über die vagen Impulse, die das Abschlussdokument über die vielen schönen Worte und Betrachtungen hinaus diesbezüglich gibt, werden mit guter Miene einigermassen überspielt. Denn das Prinzip der Synodalität und die Synode über sie im Besonderen sollen nicht schlecht geredet werden. Das würde ihrer Sache schaden. Sie investieren also wie bisher in regionale Lösungen und fühlen sich darin sogar durch die Synode bestärkt. That’s it. Wer in diesem Prozess bzw. am Ende der Decision Maker oder der Decision Taker sein wird – und das ist die Frage aller Fragen – scheint für sie jedenfalls postsynodal offen zu bleiben. Es stehen in dieser Hinsicht kanonische Anpassungen im Raum, die in Aussicht gestellt werden. Niemand weiss, wie sie aussehen werden. Bischof Oster meinte zwar, die Synode hätte klar gemacht, dass die Bischöfe die Decision Taker sind aufgrund ihrer Einsetzung durch Christus als mit der Leitung bevollmächtigte Hirten und Gesandte an Christi statt. Damit hätte der synodale Prozess auch in Zukunft nur beratende Funktion. Aber das ist nicht das, was die Reformer wollen.
Der Papst ist sowieso souverän, kann überall eingreifen und von niemandem gerichtet werden. Das hat er bisher auch reichlich getan. Im Hintergrund haben er und seine Getreuen offensichtlich den synodalen Prozess gelenkt. Das sieht man vom Schiff aus. Deshalb wird man wohl auch über seine Rolle in der neuen Synodalität «nachdenken» müssen, heisst es. «Fiducia supplicans» war jedenfalls auch ein (synodaler) Sündenfall, weil es ein synodales Mandat dafür nicht gab. Kardinal Fernández ist nach der vorletzten Teilsynode selbst vorgeprescht, und Franziskus hat ihm den Rücken gedeckt. Man verhält sich, wie man sieht, in der Hierarchie dem synodalen Prozess gegenüber doch wieder ziemlich frei.
Am Schluss sind jene entscheidend, die die Texte machen und vorlegen bzw. den Prozess «moderieren», um nicht «lenken» zu sagen. Die Berufung auf den Heiligen Geist wirkt dabei angestrengt. Sie und allen voran der Papst entscheiden, was am Ende verbindlich herauskommt. Die breit angelegten Befragungen im Vorfeld ändern nichts daran. Für die Konservativen war das Eingreifen des Papstes in bestimmten Fragen willkommen, für die Reformer war es offensichtlich eine Frustration. Deshalb versuchte man im Oktober die in die Kommissionen ausgelagerten Themen doch noch irgendwie zur Sprache und in die Medien zu bringen. Kardinal Fernández liess sich zuerst vertreten, als darüber in einer Begegnung ausserhalb der Hauptversammlung geredet wurde, war dann aber doch noch zu einem Austausch über den Frauendiakonat bereit, um die wegen seiner Abwesenheit erregten Gemüter wieder zu beruhigen. In der Frage ist man also in einer weiteren Runde, die bis Sommer 2025 dauern wird.
Klarheit ist unter diesem Pontifikat eine rare Angelegenheit. Wann wird das Trauerspiel wiederholten Aufschnürens bereits geschnürter Pakete aufhören? Gott allein weiss es. Ich rechne in absehbarer Zeit nicht damit.
Quelle:Bischof M. Eleganti
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