Montag, 17. Januar 2022

Päpstliche Geheimniskrämerei

In seiner heutigen Kolumne für "Monday in the Vatican"  kommentiert A. Gagliarducci den Stand des Reformprozesses und den modus operandi des regierenden Pontifex. 
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"PAPST FRANZISKUS, EINE KALKULIERTE UNGEWISSHEIT?"

Während sich die Gerüchte über das nächste Konsistorium, die Kirchenreform und die Neuernennungen im Vatican sich ausbreiten, hat Papst Franziskus einfach nur den Reformprozess verlangsamt hat und darauf wartet, daß alles entschieden wird. Der letzte Schritt war die Ernennung von Erzbischof Giacomo Morandi, Sekretär der Glaubenskongregation, zum Bischof von Reggio Emilia, der aktuell einen kurialen Domino-Effekt auslösteÜber alle weiteren Versetzungen ist jedoch noch nichts bekannt. 

Das ist eine Situation, die vermuten läßt, daß der Papst nicht nur an jedem einzelnen Schritt beteiligt sein will. Vor allem will er, daß nicht jeder seine Schritte versteht. Papst Franziskus´ Handlungen scheinen zu zeigen, daß er sich irgendwie belagert fühlt und daß er deshalb nicht will, daß jeder weiß, was er tut. 

Nicht daß das etwas Neues ist. Papst Franziskus hat immer versucht, seine Entscheidungen für sich zu behalten, sich von niemandem beeinflussen zu lassen sondern lieber alle ihm zur Verfügung stehenden Informationen zu nutzen und dann frei zu entscheiden. Selbst die Ernennung von Kardinälen wurde nie diskutiert und daher kaum erraten. Papst Franziskus hat vor dem Angelus dem Zeremonienmeister einfach nur den zusammengefalteten, verschlossenen Zettel mit der Liste der neuen Kardinäle gegeben und ihn gebeten, ihn ihm am Ende des Gebets zurückzugeben. 

Das ist das Paradoxon der synodalen Kirche, die Papst Franziskus sich wünscht. Eine Kirche, in der sich der Prozess des Zuhörens vervielfacht, aber in der wichtige Entscheidungen nur vom Papst getroffen werden. Es ist das Vorrecht des Papstes, das zu tun und niemand bestreitet das, aber man kann nicht umhin, den leichten Widerspruch zwischen dem, was verkündet und dem was stattdessen passiert, zu bemerken. 

Bis jetzt war es Papst Franziskus´ modus operandi, seine Entscheidungen "zu vertuschen", indem er eine Reihe von Kommissionen ernannte und sie zur Meinung dieser Kommissionen in Bezug zu setzen.  Zu Beginn des Pontifikates betrafen die Kontroversen hauptsächlich die Finanzen des Hl. Stuhls. Der Papst hatte zwei beratende Kommissionen für das IOR und das Wirtschaftsmanagement des Hl. Stuhls eingerichtet und diesen Kommissionen alle Entscheidungen übertragen. Die Entscheidung, das IOR nicht zu schließen, wie es von vielen gefordert wurde, wurde auch als Entscheidung der Kommissionen weitergegeben. 

Dann richtete der Papst eine Kommission zum Studium der Möglichkeit des Frauendiakonats. Das war die Art zu bestimmten Forderungen nicht nein zu sagen, sie gleichzeitig nicht weiter zu verfolgen, was durch die Tatsache gezeigt wurde, daß diese Kommission vorwiegend aus Konservativen bestand. Die Frage kehrte dann zum Papst zurück, der angesichts des neuen Drucks (einschließlich von der Öffentlichen Meinung) einfach nur eine neue Kommission gründete.


Deshalb stellt sich die berühmte Frage zur Antwort der Glaubenskongregation, in der betont wird, daß es nicht möglich sei, homosexuelle Paare zu segnen. Dennoch hatte der Papst dem Text sein o.k. gegeben, der u.a. ein sehr pastorales Profil hat. Nach seiner Veröffentlichung gab es einige Kritik und der Papst nahm beim Angelus am Sonntag, der dem Zusammenarbeits-Sonntag folgte, eine "gemäßigtere" Position ein und sprach von Mitgefühl und Akzeptanz. 

Die Worte des Papstes ermöglichten es so den Medien, die am meisten das Bild des "schwulen-freundlichen" Papstes fördern wollen, ihn als Opfer konservativer Tendenzen in der Glaubenskongregation zu präsentieren. 

Ein Narrativ, das in den vergangenen Tagen zurück kehrte, als Papst Franziskus beschloss, dem Sekretär der Glaubenskongregation eine neue Aufgabe zu geben. Aber es ist wahrscheinlich falsch, hinter den Entscheidungen von Papst Franziskus eine Ideologie zu suchen. 

Der Papst ist kein Mann der Ideologien. Er ist ein Machtmensch. Die Geschichte der verschiedenen Kommissionen  ist ein Beispiel dafür, wie der Papst am Ende verbirgt, was er denkt und vermeidet, klar Position zu beziehen. Wenn er es tut, dann nur bei Themen, die ihm wichtig sind. Das sind aber nur seltene Gelegenheiten.

Aus diesem Grund, sollte die Versetzung Morandis wahrscheinlich als Entscheidung des Papstes betrachtet werden, einen Generationswechsel zu starten, der alle Schlüssel-Dicasterien betreffen wird. Morandi war der erste auf der Liste, weil seine Amtszeit zuende geht und eine Diözese bereit war, die von Reggio Emilia. Bald wird Kardinal Ladaria, der Präfekt der das Pensionsalter (er wird im April 78) überschritten hat. 

Während der ersten sechs Monate dieses Jahres wird die Leitung der Kongregationen für die Katholische Erziehung (zu der auch der Päpstliche Kulturrat gehört), für die Bischöfe und für die Orientalischen Kirchen folgen.  Aufmerksamkeit verdient auch, ob es Veränderungen in der Leitung der Kongregation für die Institute des Geweihten Lebens geben wird. Kardinal Braz de Aviz hat 10 Jahre an ihrer Spitze überschritten (zwei 5-Jahres-Amtszeiten) und wird nächstes Jahr 75. 

Es ist sogar möglich, da0 wenn einmal alle Zusammenlegungen beschlossen sind, der Papst alle Führungen nach der neuen Apostolischen Konstitution erneuern wird.  Das ist z.B. bereits beim Dicasterium für die ganzheitliche menschliche Entwicklung passiert:  Kardinal Peter Turkson wurde am Ende seines ersten 5-Jahres-Mandats nicht bestätigt. Mit ihm wurden auch zwei Mitglieder seines Teams, wie er ebenfalls mit auslaufenden Mandaten, weggeschickt.  Und so ging die Leitung des Dicasteriums ad interim an Kardinal Michael Czerny über, der bereits Untersekretär für  Migranten und Flüchtlinge war und der dort die selbe Art der Leitung anwenden wird. 

Es überrascht, wie diese Entscheidungen getroffen wurden. Kardinal Turkson, dessen Amtszeit gerade zuende gegangen war, hat nicht einmal am Welttag des Friedens mit dem Papst konzelebriert, obwohl er der Präfekt war, der die letzte Botschaft präsentiert hat. Die beiden anderen Sekretäre der Abteilung wurden -ohne Begründung- nicht bestätigt. Dann gehen andere kleine interne Schritte in die selbe Richtung. Eine dieser Entscheidungen ist es, Erzbischof Patron Wong, Delegat für doe Seminare der Klerus-Kongregation, in eine mexikanische Diözese zu schicken. 

Diese Entscheidungen wurden auch nach den Visitationen oder Kommissionen getroffen: der Papst hat Inspektionen in die Klerus-Kongregation, die Liturgie-Kongregation und das Dicasterium für Intergrale Menschliche Entwicklung geschickt. 

Das sind alles Zeichen für Veränderungen, deren Realisierung verborgen bleibt. Der Papst will nicht, daß seine nächsten Schritte bekannt werden. Aber jeder erwartet sie. 

 

  

 

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