Dienstag, 13. September 2022

Zum Synkretistischen Kongress in Kasachstan

Stefano Fontana setzt sich in La Nuova Bussola Quotidiana mit dem Weltkongress der Religionsführer, seiner Entstehung und seinen eher nichtreligiösen Zielen auseinander.
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"WELTKONGRESS DER RELIGIONSFÜHRER. EIN ATHEISTISCHES PROJEKT" 

Die persönliche Teilnahme des Papstes am Kongress der Führer der Welt- und traditionellen Religionen, der ab heute in Kasachstan stattfindet, wirft Fragen  auf und schafft Verwirrung. Der Vorwand ist, für den Frieden in der Welt zu arbeiten, aber auf diese Weise nimmt die Kirche an der neuen synkretistischen Zivilmoral teil, die notwendigerweise die Wahrheit oder Nicht-Wahrheit der Religionen in  Anführungszeichen setzt.

Über die Reise von Franziskus nach Kasachstan vom heutigen 13. bis zum 17. September wurde in den Medien ausführlich berichtet. Das detaillierte Programm, das vom Heiligen Stuhl veröffentlicht wurde, ist bekannt, es ist bekannt, daß er Patriarch Kyrill nicht treffen wird, wie zuvor vermutet worden war, stattdessen wurde jetzt bekannt, daß es die Möglichkeit geben könnte, um den chinesischen Präsidenten Xi Jinping zu sehen. Vor allem wurde erklärt, daß Franziskus am VII. Kongress der Führer der Welt- und traditionellen Religionen, der gerade in Astana, dem heutigen Nur Sultan, stattfindet, "als Bote des Friedens" teilnehmen wird- in einer Zeit, in der die Welt ihn dringend braucht. 
Die Nachrichten haben die Bedeutung dieser religiösen Treffen für Frieden und Harmonie betont. All dies ist bekannt, aber die Bedeutung des Treffens religiöser Führer eignet sich auch für andere Bewertungen, von denen die offiziellen Medien –und das sind jetzt fast alle – nicht sprechen.

Beginnen wir damit, zu untersuchen, was dieser Kongress der Führer der Welt und der traditionellen Religionen ist. Er entstand 2003 auf Initiative des damaligen Präsidenten Kasachstans und zielt darauf ab, "gemeinsame menschliche Bezugspunkte in der Welt und bei den traditionellen Religionen" zu suchen und eine "ständige internationale interreligiöse Institution für den Dialog der Religionen und die Annahme vereinbarter Entscheidungen" zu betreiben. Das ist die sogenannte "UNO der Religionen".

Der Kongress funktioniert über ein Sekretariat, das, wie wir auf der offiziellen Website erfahren, das die Entscheidungen umsetzt, Materialien vorbereitet, Dokumente entwirft, sich auf Schlüsselfragen einigt und vor allem "die Interaktion mit internationalen Strukturen zu den Fragen des interreligiösen und interzivilisierten Dialogs" koordiniert. Bis heute gab es 19 Sekretariate . Im aktuellen sitzen 10 Vertreter des Islam, 5 des Christentums einschließlich eines katholischen, 4 Vertreter des Buddhismus, 1 des Taoismus, 1 des Shinto, 1 des Hinduismus, 3 der internationalen Institutionen und 5 Vertreter der Republik Kasachstan. Wie man sehen kann, bietet die Zusammensetzung des Sekretariats keine großen Garantien für ein Gleichgewicht, Katholiken sind fast völlig abwesend, und es scheint mehr als alles andere für Kontakte mit Institutionen zu dienen. Die UNO der Religionen kann sich sicherlich nicht von den Foren internationaler Organisationen lösen, mit denen gemeinsam sie sich auf die Probleme des Friedens und der Harmonie einstellen muss.


Die katholische Kirche hatte zu früheren Kongressen Kardinäle wie Tomko, Etchegaray oder Tauran geschickt, aber der Papst war nie anwesend. Johannes Paul II. hatte Kasachstan im Jahr 2001 besucht, aber während einer pastoralen Reise, die keine Verbindung zum Kongress der Führer der Welt- und traditionellen Religionen hatte. Statt dessen fährt genau aus diesem Grund jetzt Franziskus zum  Kongress der Weltreligionen nach Kasachstan.
Seine Reise steht sicherlich im Einklang mit der Enzyklika Fratelli tutti, mit der Abu Dahbis Erklärung und mit ihrem Konzept des interreligiösen Dialogs. Aber das kann die Ratlosigkeiten und Fragen über eine so wichtige Investition in das Image einer fragilen Versammlung wie gerade dieses Kongresses und eines UNO-Projekts der Religionen, das mehr an die Projekte des aufklärerischen Internationalismus als an die Absichten des katholischen Universalismus erinnert, nicht beseitigen, sondern nährt sie vielmehr.

Der berühmteste Denker, der die Grundlage für ein Projekt lieferte, wie es auf den Kongressen in Kasachstan  verwirklicht wird, war sicherlich Immanuel Kant. Zu diesem Zweck schrieb er seine beiden Abhandlungen über den Ewigen Frieden (1795) und über Religion innerhalb der Grenzen der Vernunft allein (1793). Als guter "Pietist" reduziert Kant Religion auf Vernunft und Glauben auf Moral. Das einzige, was der Gläubige tun muss, ist, sich "gut zu benehmen", alles andere ist Aberglaube. Und er muss das tun, weil es das Einzige ist, was er tun kann. Die kantische Religion ist daher eine universelle Religion, weil Vernunft und Moral universal sind. Sie ist auch eine Religion ohne Dogmen, weil ihre Prinzipien die Prinzipien der Moral sind, die einzigen, die die Vernunft im Gewissen festmachen kann.

Aufklärung und freimaurerischer Universalismus haben sich immer an diese Prämissen gehalten. Aber mit ihm sagen Antonio Rosmini und Sofia Vanni Rovighi, daß Kant philosophisch ein Atheist sei. Denn diese Moral, auf die die Religion reduziert werden musste, war die Moral "der Welt", die vorherrschende Moral, wir können sagen, der Humanismus der UNO. Die natürliche Moral, die sogar der Kongress, über den wir sprechen, anstrebt, ist keine natürliche Moral, sondern sie ist die gegenwärtige Moral, der kleinste gemeinsame Nenner dessen, was Menschen (und internationale Institutionen) heute als gut und böse betrachten. Wenn sie eine natürliche Moral wäre, dann würde sie den wahren Gott als Erfüllung ihrer Forderungen verlangen und nicht den Synkretismus der verschiedenen Götter.

Wir werden wieder sehen, wie der Papst mit Shintoisten und Taoisten betet. Wer weiß, ob das wirklich dem Frieden dient, die Wege des Herrn sind geheimnisvoll und nicht in unserer Reichweite. Aber ernsthafte und radikale Fragen über die Beteiligung der katholischen Kirche an dieser neuen synkretistischen bürgerlichen Moral zu stellen, die sich nur aus dem Einreihen der Wahrheit oder Nichtwahrheit der Religionen in Anführungszeichen und ihrer Reduktion auf die konventionelle Moral internationaler Institutionen ergeben kann, scheint mir wirklich eine moralische und religiöse Pflicht zu sein."

Quelle: S. Fontana, LNBQ

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