Montag, 13. Februar 2023

Der 10. Jahrestag - oder warum Papst Benedikt XVI zu einer Inspiration geworden ist.

In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican setzt sich A. Gagliarducci  mit der Präsenz des verstorbenen Papa emeritus in der heutigen Kirche- 10 Jahre nach seinem Amtsverzicht- auseinander

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"BENEDIKT XVI UND SEIN ERBE"

Zum ersten mal fand der der Jahrestag des Rücktritts Benedikts XVI vom Pontifikat ohne Benedikt XVI statt. Und dennoch- war der Papst emeritus, seit er am 31. Januar starb, im Leben der Kirche nie so anwesend. So sehr, daß Papst Franziskus in der Pressekonferenz auf dem Rückflug von seiner Afrika-Reise- auf seine Weise- seine Beziehung zum Papa emeritus erklären mußte. 

Auf seine Weise, weil Papst Franziskus´ Worte nicht nur der Rekonstruktion einiger Geschehnisse widersprechen, die Erzbischof Georg Gänswein, Sekretär des emeritierten Papstes, betreffen. Sondern auch, weil die Art, wie Papst Franziskus auf Fragen über Benedikt XVI antwortete, ausweichend, hastig und defensiv erscheinen. Jedenfalls hat Papst Franziskus nie erklärt, warum er die Beerdigung so in den Hintergrund geschoben haben wollte und warum er nie am Sarg Benedikts XVI gebetet hat und warum dem Papa emeritus nicht die vollständige Ehre erwiesen wurde. 10 Jahre später, nachdem Benedikt XVI  schon tot ist, kann man sagen, daß seine Seele in der Kirche nie so präsent war. Natürlich denkt man in einer Situation der Ungewißheit sofort daran, was Benedikt XVI gesagt und was er getan haben würde. Aber der Papa emeritus wird nicht wie ein Schild benutzt. Im Gegenteil, er ist zu einer Inspiration geworden. 

Wenn man bedenkt, daß Benedikt XVI schüchtern war und niemals eine Theologische Schule gründen wollte, ist die Tatsache, daß er zur Inspiration werden konnte, ziemlich überraschend. Aber das ist trotz seiner Vorlieben passiert. 

Es ist genau deshalb passiert, weil Benedikt XVI niemals Macht für sich selbst angestrebt hat. Er hat weder viel über Strukturreformen gesprochen, noch pompöse Kommissionen eingesetzt, sondern versucht, die Kirchenreform mit einfachen Dingen zu beginnen, einen Schritt zur Zeit. 

Benedikt XVI sprach von der Umkehr der Herzen, tat es aber nicht, indem er das anordnete oder zum Leitspruch machte. Stattdessen verließ er sich auf die Menschen, versuchte ihnen zu vertrauen und niemandes Gefühle zu verletzen, wenn die Dinge nicht so liefen.  


Er mag wie ein Konservativer erschienen sein, aber in Wirklichkeit wußten wenige wie er, wie man die Kirche reformieren müßte. Sie war mehr als ein Rücktritt, die revolutionäre Geste, die jetzt zu einer Art Flagge geworden ist, die alle anderen Dinge verbirgt, die Benedikt XVI repräsentierten. 

Benedikt XVI hat den Grundstein für die Reform des Grundgesetzes des Vatican-Staates gelegt. Er ordnete den ersten Vatican-Prozess wegen des Dokumenten-Leaks an. Er wollte eine Finanzreform und ließ den Hl. Stuhl eine Evaluierung durch das MONEYVAL- Komitee des Europarates durchlaufen. 

Sein Brief an die Chinesischen Katholiken legten die Basis für einen Augenblick der Koexistenz mit Peking. Eine zerbrechliche Koexistenz, wie alle anderen, in denen die Kirche nicht anerkannt wird, die aber auf alle Fälle zur Ernennung von Bischöfen mit der doppelten Anerkennung durch Rom und Peking geführt hat.  

In seinem Brief an die Irischen Katholiken hat Benedikt XVI Mut bewiesen, als er das Mißbrauchs-Thema ansprach und sogar so weit ging, um Vergebung zu bitten.

Die Medien sind zum Image eines konservativem und deshalb spaltenden Papstes zurückgekehrt. Aber stattdessen strebte Benedikt XVI die Einheit der Kirche an und das waren auch seine Gedanken, als er den antiken Messe-Ritus freigab. 

Er war ein Mann des II. Vaticanischen Konzils, der sich bewußt war, daß die Kirche die Verantwortung für ihre Handlungen übernehmen, aber auch bemüht sein muß, zwischen Fehler und Zweifel, Sünde und Sünder, zwischen sündigen Menschen und den Strukturen zu unterscheiden. 

Benedikt XVI wußte auch, wie er die Kirche Buße tun lassen konnte, so wie er es in Fatima tat, wo er sagte, daß die Prophezeiung Unserer Lieben Frau noch nicht erfüllt wurde. 

Die Regierung Benedikts XVI war ein Bergauf-Pontifikat, das sich niemals irgendeiner a priori-Sympathie der Medien erfreute.  Dennoch war es in Pontifikat, das von den Menschen geschätzt wurde, die kamen, um einem Papst zuzuhören, der sie durch Einfachheit und Tiefe seiner Reden gewonnen hatte. 

10 Jahre später bleibt die Erinnerung an ein authentisches Papsttum. Vielleicht ist es wahr, das jeder es in den vergangenen Monaten gegen Papst Franziskus benutzt hat, wie Papst Franziskus selbst sagte. Aber Benedikt XVI wurde von seinen Mitarbeitern ausgenutzt, angegriffen und betrogen und hat dennoch immer die Angriffe ertragen. 

Die größte Revolution von Benedikt XVI. war die Anhebung der kulturellen Tiefe der Männer der Kirche. Wenn ein Glaube, der nicht von der Vernunft genährt wird, nicht ausreicht, ist es wichtig, die Vernunft zu stärken.

Benedikt XVI stärkte die Vernunft indem er daran erinnerte, daß das quaerere Deum bedeutete, Gott zu suchen und Christus immer ins Zentrum von allem zurückzubringen. Und diese Stärke erlaubte ihm, über die Skandale hinauszugehen, frei, der Kirche zu dienen, ohne sich durch die Öffentliche Meinung gebunden zu fühlen.

Sein Erbe liegt genau darin, keine Angst zu haben, in dieser Fähigkeit, die Kirche vor Gefahren zu schützen und sie auf seinen Schultern zu tragen. Er war 9 Jahre lang Papst emeritus und er war in der Lage das in Demut zu sein, für den Papst zu beten und aufrichtiges Glück zu zeigen.

Benedikt XVI war ein reiner Mensch. Und heute- wo er nicht länger unter uns ist, ist seine Reinheit für viele ein Leuchtfeuer der Ermutigung geworden, sich zu sprechen und sich mitzuteilen, was ihrer Meinung nach in der heutigen Kirche nicht funktioniert. Und genau aus diesem Grund macht Benedikt XVI heute Angst. Es ist unglaublich, daß seine Präsenz zehn Jahre nach seiner Entsagung immer noch so lebendig ist, trotz eines populären Pontifikats wie das von Papst Franziskus. Und doch blieb Benedikt XVI. gegenwärtig, geliebt, bedacht und erinnert. Das Vermächtnis von Benedikt XVI. ist letztendlich die Liebe: die Liebe, die er für Gott hatte, und die Liebe, die die Menschen ihm entgegenbrachten, als sie seine Leidenschaft für Gott erkannten."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican 

Übersetzungsergebnisse

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