Mittwoch, 10. Juli 2024

Erzbischof Cordileone hält an der traditionellen Messe fest....

Erzbischof Salvatore Cordileone kommentiert im National Catholic Register  die neue Petition zur Erhaltung der TLM. Hier geht´s zum Original:  klicken

"DIE OBJEKTIVE SCHÖNHEIT DER TRADITIONELLEN LATEINISCHEN MESSE EVANGELISIERT"

Als die Kathedrale von Notre Dame de Paris am 15. April 2019 in Flammen aufging, trauerte die ganze Welt um den Verlust von grosser, alter, heilige Schönheit, die die Herzen und Seele  nicht nur der Katholiken, die dort beten und der Katholiken weltweit bewegte. 

Ich war damals von diesem Phänomen bewegt und bin jetzt von einem ähnlichen Phänomen beeindruckt, die jetzt auf Gerüchte regieren, daß Rom plant, der Feier der Katholischen Messe gemäß dem Römischen Missale von 1962  (allgemein "Lateinische Messe" oder "Traditionelle Lateinische Messe" genannt)  weiter zu beschränken. 

Am3.Juli haben mehr als 40 prominente Briten einen Brief an Papst Franziskus unterschrieben, in dem sie ihn bitten, den Zugang zur Lateinischen Messe zu bewahren. Zu den Unterzeichnern gehören Katholiken und Nichtkatholiken, Gläubige wie Ungläubige.

Wie damals als die Unterzeichner der Petition von 1971, die die Lateinische Messe in England retteten, käme zusätzlich zu den spirituellen Sorgen auch eine Sorge um das kulturelle Erbe der Welt, sollte die Lateinische Messe schwerer erfahrbar werden. In ihrer eigenen Petition zitieren die Unterzeichner aus dem Text der Agatha-Petition von 1971, indem sie bekräftigen, daß der fragliche Ritus in seinem wunderbaren Lateinischen Text auch zu vielen unbezahlbaren Leistungen-von Dichtern, Philosophen, Musikern, Architekten, Malern und Bildhauern in allen Ländern und allen Epochen inspiriert hat. Also gehört sie zur universalen Kultur." 

Dieser Sorge fügen die derzeitigen Unterzeichner ihre eigene  Stimme hinzu: "Die traditionelle Liturgie  ist eine "Kathedrale" aus Text und Gesten, die sich entwickelt, wie diese ehrwürdigen Gebäude es über viele Jahrhunderte getan hat. Nicht jeder schätzt ihren Wert und das ist in Ordnung; aber sie zu zerstören, erscheint ein unnötiger und unsensibler Akt in einer Welt, in der Geschichte allzu schnell vergessen werden kann."

Sie unterstreichen: "dieser Appell ist wie sein  Vorgänger "völlig ökumenisch und unpolitisch" ...Wir flehen den Hl. Stuhl an, jede weitere Einschränkung des Zugangs zu diesem wunderbaren spirituellen und kulturellen  Erbe  zu überdenken." 

Daß einer der Unterzeichner die bekannte Menschenrechts-Aktivistin Bianca Jagger ist, unterstreicht die unpolitische und nicht-ideologische Natur der Bitte. Sicher kann "Rigidität" eine solche außerordentliche und vielfältige Liebeserklärung für diese liturgische Form nicht erklären.

Ich mache mir Sorgen, daß ein falscher Eindruck von den Liebhabern der Lateinischen Messe von einigen wenigen Extremisten im internet übernommen wurde.  Wie diese Petition und vorherige  Petitionen beweisen, hat die Lateinische Messe eine seltsam inklusive Anziehungskraft. 

Die meisten, die die Lateinische Messe besuchen, tun das auch beim Novus Ordo (allgemein bekannt  als Messe des II. Vaticanums). Sie wissen, daß katholisch sein, bedeutet, daß wir im Schiff Petri bleiben müssen- wie stürmisch das Meer auch ist. Sie argumentieren  nicht gegen die neue Messe sondern für die Form, die sie lieben, die sie nährt und inspiriert- in der Tat bis zu dem Punkt, daß  sie einen sichtbaren Anteil derer bilden, die fortfahren Schöpfer neuer Kunst und Schönheit zu werden, die die Welt teilt und feiert. Das ist es, wodurch die Lateinische Messe die Unterstützung von Nichtgläubigen gewonnen hat, die ihre wichtige Roll bei der Schaffung der westlichen Zivilisation verstehen.


Zu den Unterzeichnern der jüngsten Petition zählen viele große klassische Musiker – Sänger, Pianisten, Cellisten, Dirigenten und natürlich auch Sir James MacMillan, der diese Petition anführt. MacMillan ist der berühmteste und am häufigsten aufgeführte katholische Komponist klassischer Musik unserer Zeit. Sein Stabat Mater wurde vom Vatikan in Auftrag gegeben und in der Sixtinischen Kapelle aufgeführt.

Zu weiteren bedeutenden Künstlern zählen der gefeierte Romanautor, Drehbuchautor und Filmregisseur Julian Fellowes, der mit dem Oscar, dem Emmy Award und dem Tony Award ausgezeichnet wurde. Fellowes ist vielleicht am besten bekannt für seine Rolle als Schöpfer der langjährigen Fernsehserie Downton Abbey. Ein weiterer Unterzeichner, Andrew Lloyd-Webber, ist vielleicht der erfolgreichste Musicalschöpfer unserer Zeit (darunter Cats, Evita, Joseph and the Amazing Technicolor Dream Coat und das moderne Passionsspiel Jesus Christ Superstar).

Zu den Unterzeichnern der "Agatha Christie“-Petition von 1971 gehörten auch berühmte Künstler und Literaten wie die Dichter Robert Lowell, Robert Graves, David Jones und der englische Dichterpreisträger Cecil Day-Lewis; Romanautoren wie Graham Greene, Nancy Mitford, Djuna Barnes und Julian Green sowie der berühmteste argentinische Kurzgeschichtenautor Jorge Luis Borges, dessen literarisches Werk die Bewegung des "magischen Realismus“ des späten 20. Jahrhunderts unter den spanischen Schriftstellern in Amerika begründete. Darüber hinaus gehörten zu den Unterzeichnern sogar die anglikanischen Bischöfe Robert Cecil Mortimer aus Exeter und John Moorman vonRipon.

1966 gab es eine ähnliche Petition, die von Christine Campo, der Übersetzerin von Marcel Proust (ein weiteres Beispiel einer vom Glauben abgefallenen Katholikin, die den Wert der lateinischen Messe für die Bewahrung der Zivilisation auch in säkularem Sinne erkannte), organisiert und an Papst Paul VI. gerichtet wurde. Darin wurde darum gebeten, die lateinische Messe zumindest in Klostergemeinschaften beizubehalten. Sie wurde von 37 Schriftstellern und Künstlern unterzeichnet, darunter zwei Nobelpreisträger. Unter den Unterzeichnern befanden sich W. H. Auden, Evelyn Waugh, Jacques Maritain, der französische Nobelpreisträger Francois Mauriac, der Komponist Benjamin Britten und Gertrud von Le Fort, die Autorin des katholischen Klassikers Dialog der Karmeliter, der später die Grundlage für eine Oper von Francis Poulenc bildete.

Das Zweite Vatikanische Konzil lehrte uns, die Zeichen der Zeit zu deuten. Ein Zeichen, das uns gerade jetzt in großen Blockbuchstaben entgegenstarrt, lautet: Schönheit evangelisiert.

Wir leben in einer Zeit, in der wir die Macht der Schönheit nutzen müssen, um Geist, Herz und Seele zu berühren, denn Schönheit hat die Qualität einer unausweichlich realen Erfahrung, die nicht bestritten werden kann. Die aktuelle kulturelle Maxime "Du hast deine Wahrheit und ich habe meine Wahrheit“ führt dazu, daß man sich weigert, selbst offensichtliche physische und biologische Realitäten anzuerkennen, während Schönheit den kognitiven Prozess umgeht und direkt die Seele trifft. Heilige Schönheit erhebt uns aus der Welt der Zeit und gibt uns einen Einblick in das, was die Zeit übersteigt, in das, was letztlich Bestand hat, in das, was unser Ziel und unsere endgültige Heimat ist: die Realität Gottes.

Nehmen wir das Beispiel des Filmemachers Martin Scorsese. Trotz aller Kritik für seine kontroversen Darstellungen religiöser Themen und sogar unseres Herrn selbst ist Scorsese ein moderner Künstler, dessen Vorstellungskraft durch den Kontrast zwischen dem, was die lateinische Messe vermittelte, und der harten Kultur der Straßen New Yorks geprägt wurde. In einem Porträt in der New York Times hieß es 2016:

"Im Inneren der alten Kathedrale wurde deutlich, daß Scorsese nie etwas vergessen hat – weder die Pracht der Kirche noch die Gegenwart von Leid und Tod, Sünde und Erlösung in der Nähe. Der Pfarrer wies auf die Einzelheiten einer Renovierung hin: Die Heiligen wurden in ihren Originalfarben retuschiert, die Altarausstattung aus Marmor und Messing wieder in ihren Zustand vor den Modernisierungsmaßnahmen im Jahr 1970 versetzt. Scorsese, der das Viertel 1965 verlassen hatte, brauchte keinen Führer. Er kannte jeden Zentimeter des Ortes. ‚Stellen Sie sich einen 8-jährigen Jungen vor, der hier in einer weißen Soutane steht und ein Gebet auf Latein aufsagt‘, sinnierte er laut. ‚Das bin ich.‘ … Ich bat ihn, eine Verbindung zwischen [seinem Film von 2016] ‚Silence‘ und dem herzustellen, was er in der alten Kathedrale sah. Er tippte sich mit zwei Fingern an die Stirn. ‚Die Verbindung besteht darin, dass sie nie unterbrochen wurde. Sie besteht kontinuierlich. Ich bin nie weggegangen. In Gedanken bin ich jeden Tag hier.‘

In einem Zeitalter der Angst und Unvernunft ist Schönheit daher eine weitgehend ungenutzte Ressource, um Menschen, insbesondere junge Menschen, mit der Botschaft der Hoffnung des Evangeliums zu erreichen. Es gibt viel zu tun, aber die besondere Berufung der Künstler zu würdigen und zu fördern, ist ein wesentlicher Teil dieser Arbeit.

In einem entchristlichten Zeitalter, das jedem traditionellen Sinn von Religion gegenüber immer unwirtlicher wird, muss die Kirche auf Hochtouren laufen. Die traditionelle lateinische Messe und die Schönheit, die sie inspiriert, ist eine dieser Quellen. Dass selbst Nichtgläubige eine Anziehungskraft darin verspüren können, beweist dies in sich."

Quelle:Erzbischof S. Cordileone, NCR

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