Montag, 8. Juni 2015

Von Sarajewo nach Loreto: " Wer bin ich, mich zu beklagen?"

Christliche Zeugnisse, die den lamentierenden, nörgelnden, dauerfordernden Christen der besonderen Gruppierungen ( ZdK, Wisiki, etc)  aber auch dem einen oder anderen Würdenträger  in unserem Land die Schamesröte ins Gesischt treiben sollten. Und bevor Mißverständnisse entstehen:  das "wer bin ich" bezieht sich nicht auf das sattsam bekannte Papstzitat, sondern stammt aus der Aussage eines der verfolgten Priester.

Unter dem Titel: "Wer bin ich, mich zu beklagen?" kommentiert Riccardo Cascioli 
heute in La Nuova  Bussola Quotidiana  die Zeugnisse während des Balkankrieges und jetzt in Mittleren Osten verfolgter Christen.  Hier geht´s zum Original:   klicken

  "VON SARAJEWO NACH LORETO "WER BIN ICH, MICH ZU BEKLAGEN?"
"Es gibt einen Augenblick vom Besuch des Papstes in Sarajewo, den im Gedächtnis zu behalten, sich lohnt. Es sind die Zeugnisse eines Priesters, einer Nonne und eines Mönches, die von ihren eigenen entsetzlichen Erfahrungen während des Balkankrieges von 1992- 1995 berichteten.
Berichte, die jener auch anläßlich dieser Reise des Papstes wieder erhobenen Forderung "Nie wieder Krieg" ein anderes Gewicht gegeben haben. Ein anderes Gewicht für dieses Friedensengagement von Papst Franziskus.
                                         
                                     
"Am Palmsonntag, am 12. April 1992 nach der Messe haben die Soldaten mich gefangen genommen und in die Stadt Knin im nahen Kroatien gebracht. Sie haben mehrmals auf mich eingeprügelt,- bis ich wegen der Schmerzen fast das Bewußtsein verlor. Sie haben versucht, mich dazu zu bringen, öffentlich im Fernsehen zu sagen, daß ich ein Kriegsverbrecher sei, daß die Priester Kriminelle sind, die Kriminelle erziehen.Als sie begriffen, daß ich eher sterben wollte, als diese Lügen auszusprechen, haben sie mich zum Militärkommandanten gebracht. Der Weg dorthin war sehr anstrengend. Sie hatten meine Hände so eng gefesselt, daß ich heute noch Narben davon habe. Dem Kommandanten war klar, dass ich nicht mehr lange durchhalten würde. Deshalb haben sie mich zum Sterben ins Krankenhaus gebracht. Ich habe oft das Bewußtsein verloren (....) Auf Grund dieser Erfahrungen leide ich bis heute an vielfachen Versteifungen, das ist eine Sache für das ganze Leben.(...)
Aber ich verzeihe alle denen, die mir Schmerzen zugefügt haben von Herzen und bete für sie, daß der barmherzige Gott ihnen vergibt und sie sich zu einem guten Weg bekehren." ( Zvonimir Matijevic)


Am 14. Mai 1992 sind serbische Polizisten ins Pfarrhaus gekommen und haben mich zusammen mit vielen meiner Gemeindemitglieder, die nichts Böses getan hatten, ins Konzentrationslager gebracht. Die Pfarrgemeinde Bosanski Samac war nun ohne Einwohner und der größte Teil der Häuser zerstört. Mit 40 Jahren habe ich 4 Monate im Konzentrastionslager durchlebt. Die Zeit in einem Konzentrationslager zählt nicht nach Monaten sondern nach Tagen, Stunden und Sekunden.
Die Tage waren sehr lang- voller Ungewissheit und Angst, die 120 Tage waren wie 120 Jahre oder mehr. Wir lebten unter unmenschlichen Bedingungen. Während der gesamten Zeit haben wir Hunger und Durst gelitten, in allen diesen Tagen haben wir ohne jede auch nur minimale Hygiene gelebt, ohne uns waschen, rasieren, die Haare schneiden zu können. Wir wurden jeden Tag physisch mißhandelt, mit verschiedenen Objekten gefoltert, mit Häden und Füßen. Durch die Prügel haben sie mir u.a. 3 Rippen gebrochen"
(Frater Jozo Puskaric)

Als der Krieg sich ausweitete sind fremde Milizionäre aus arabischen Ländern des Mittlereren Ostens aufgetaucht. Die Milizionäre wollten Don Vinko zwingen, meinen Rosenkranz mit den Füßen zu zertreten. Er hat sich geweigert. Einer von ihnen hat seinen Dolch gezogen und dem Pfarrer gedroht, mich zu ermorden, wenn er den Rosenkranz nicht entweihte und zertrat. Da habe ich zum Pfarrer gesagt: "Don Vinko, und wenn sie mich töten-aber um der Liebe Gottes Willen, zertreten Sie nicht unser heiliges Objekt".  In diesem schwierigen Moment sagte Don Vinko zu mir" Fürchten Sie nichts, ich habe Ihnen die Absolution für alles erteilt. Jetzt sind wir bereit, in Frieden zu sterben."
In dieser Nacht haben sie uns alle vewrprügelt. Zu einem bestimmten Zeitpunkt habe ich einen Gewehrkolben an meiner Stirn gefühlt und eine Stimme gehört, die mir befahlt, mich zum Islam, als der einzigen wahren Religion, zu bekennen. Ich war erschrocken, aber ich blieb stumm und die selbe Stimme befahl mir, über alles das Schweigen zu bewahren, sonst würde mein Kopf in der Hölle enden. Ich dachte, jetzt sei meine Todesstunde gekommen.So sehr die Feinde gefühllos und bösartig waren, ich habe sie der Gnade Gottes mit uns anvertraut (Suor Ljubica Sekerija)

Diese Zeugnisse waren so wahr, so voller Würde und Hoffnung und sie haben den Papst dazu bewogen, seine vorbereitete Rede wegzulegen und eine Stegreifrede zu halten, in der er alle aufforderte "die Erinnerungen der Märtyrer", wie er es nannte, im Gedächntis zu behalten. Um Rache auszubrüten?
Nein, sich erinnern, um Frieden zu machen.Es mag absurd erscheinen, aber auch das ist das christliche Paradoxon.
Die Vergebung kommt nicht aus einem Vergessen der Verletzungen sondern daraus. sich ihrer zu erinnern.l
Der Weltfriede kann in Wirklichkeit nur Frucht des Kompromisses sein, man muß etwas von sich selbst geben, um mit anderen übereinstimmen zu können: das gilt für persönliche Beziehungen ebenso wie für die zwischen Staaten.

Aber der Friede, den diese Kirchenleute bezeugt haben, ist etwas anderes, das aus dem eigenen Leiden entstanden ist, den alltäglichen Leiden, dem Leiden Christi.
Das hat ein anderes Zeugnis sehr gut gezeigt, das praktisch zeitgleich von anderen 100.000 Pilgern auf der anderen Seite der Adria gehört wurde, von den Pilgern der Macerata-Loreto-Wallfahrt. Lesen!

Es handelt sich um einen anderen Priester, Pater Douglas Bazim, Pfarrer in Erbil im Irak, der Stadt in der Tausende Christen Zuflucht gefunden haben, die von ISIS gezwungen wurden, die Ebene von Ninive zu verlassen. Für Pater Douglas sind diese Gewalttaten noch nicht Erinnerung wohl aber tägliche Realität.

"Es ist eine Zeit des Krieges, eine Zeit der Krise und Verfolgung, die wir jetzt durchleben. Mich persönlich habe sie gejagt, sie haben meine Kirche gesprengt, sie haben mir ein Bein gebrochen, ich habe meine Gemeinde verloren, ich bin 9 Tage lang entführt worden, habe zwei Bombenangriffe und noch einen Angriff auf die Kirche während der Messe überlebt, dennoch : wer bin ich, mich zu beklagen? 
Legen wir unsere Hand in die Gottes. Und : wir müssen aufhören, uns zu beklagen, weil Jesus in seinem Opfer sein Leben für uns gegeben hat.
Wir gehören zu Gott, und sonst zu keinem anderen. Gott ist unser Modell. Wir müssen unserem Meister folgen, weil wir noch leben.
Brüder und Schwestern, warum gibt es noch Christen in meinem Land? Einfach, weil wir zu Christus gehören, nicht zu dieser Welt. 
Ich bin nicht überrascht, daß sie uns angreifen, ich bin überrascht daß mein Volk noch überlebt. Und wir überleben, weil wir zu Jesus gehören. Wir gehören nicht zu einer Sekte, oder zu Leuten, die uns irgendwohin bringen wollen. Jesus ist unser Ziel (....)
Wir sind zum Opfer bereit.
Aber erinnert euch auch, daß wir Teil des Körpers sind, dessen Haupt Christus ist,
Jetzt leben wir in Leiden und Verfolgung und ich will, daß ihr wißt, daß sie uns umbringen und nicht aufhören uns umzubringen.Vielleicht werde ich keine weitere Gelegenheit haben, mit Euch zu sprechen, aber ich bin sicher, daß wir unsere Überzeugung nicht ändern werden, weil unser Geist mit dem Herzen verbunden ist. Ich bitte euch, mit uns  im Gebet vereint zu bleiben, weil die Gläubigen mit ihrem Gebet jede verschlossene Tür aufbrechen können."

Es gibt nichts hinzuzufügen, nur die Erinnerungen dieser Märtyrer im Gedächntis zu behalten, weil sie uns den Auftrag gegen, dem Leben mit dem Bewußtsein gegenüber zu treten, daß der Friede und die Hoffnung nur aus der Zugehörigkeit zu Christus entsteht."

Quelle: La Nuova Bussola Quotidiana,Riccardo Cascioli



 

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