Montag, 9. April 2018

Papst Franziskus & die Ostkirchen

A.Gagliarducci befaßt sich in seiner heutigen Kolumne in Monday in the Vatican mit dem Verhältnis von Papst Franziskus zu den Ostkirchen und der neuen "Ostpolitik" des Vaticans.
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"PAPST FRANZISKUS, WARUM SIND DIE OSTKIRCHEN WICHTIG?"

"Während der Woche vor Ostern gab es ein Ereignis, das es nicht in die Schlagzeilen geschafft hat: Papst Franziskus empfing die drei Bände "Christlicher Orient", ein Who is Who der Katholischen Kirchen des Östlichen Ritus.
Das Buch präsentiert das Phantombild und die gesamte Geschichte der Ostkirchen, die noch in Kommunion mit Rom sind. Es handelt sich um die 5. Ausgabe-die vorhergehende wurde 1974 verfaßt- ein Werk, an dem die Ostkirchen-Kongregation seit Jahren gearbeitet hat. Die Kongregation, die im vergangenen Jahr ihren 100. Geburtstag gefeiert hat.

Die Nachricht von der Veröffentlichung und Präsentation von "Oriente Cristiano" hat es weder in die Schlagzeilen der Mainstream-Medien noch in die der Spezialmedien geschafft. Das ist merkwürdig, weil das Pontifikat von Papst Franziskus den Ostkirchen Raum dafür läßt, eine besondere Rolle zu spielen.  Man könnte sogar sagen, daß Papst Franziskus´ Pontifikat von Anfang an den Blick auf den Osten gerichtet hat, seit er sich zum ersten mal als Papst über die Mittelloggia des Petersdoms beugte und die Römische Kirche als die Kirche beschrieb, die "den anderen Kirchen vorsteht in der Barmherzigkeit vorsteht".

Wie schaut Papst Franziskus´ Pontifikat auf den Osten?

Von Anfang an hat Papst Franziskus das gefördert, was er die "Kultur der Begegnung" nennt. Der ökumenische Dialog bekam sofort Priorität in der Kultur der Begegnung.
Papst Franziskus hat eine Leitlinie: wir sollten eher auf die konkrete Möglichkeit der Begegnung achten als auf theologische Richtlinien- und erst danach auf theologische Themen schauen.
Er hat oft gescherzt und an Paul VI erinnert, daß "wenn alle Theologen auf einer verlassenen, abgelegenen Insel versammelt wären, Ökumene in einem einzigen Augenblick erreicht werden könnte".

Papst Franziskus hat diese Leitlinie auf den Dialog mit den Lutheranern angewandt- Beispiel dafür ist die gemeinsame Erklärung zwischen Caritas Internationalis und ihrem Protestantischen Gegenstück- aber vor allem hat er es auf den ökumenischen Dialog mit den Orthodoxen Kirchen angewandt.

Auf diese Weise hat Papst Franziskus wichtige Beziehungen mit dem Ökumenischen Patriarchat in Konstantinopel hergestellt- auch Dank des Willens des Patriarchen, die Beziehungen zu stärken:
Patriarch Bartholomäus war der erste ökumenische Patriarch, der an einer Inaugurationsmesse eines Papstes teilnahm, und später waren der Papst und der Patriarch zusammen in Jerusalem, in Istanbul, auf Lesbos und in Kairo bei der Internationalen Friedenskonferenz in Al Azhar. 




Was das Verhältnis mit dem Moskauer Patriarchat angeht -vor und nach dem historischen Treffen des Papstes mit Patriarch Kyrill in Kuba - hat es mehrere Initiativen zur Annäherung gegeben - beruhend auf dem gemeinsamen und konkreten Ziel der Säkularisierung entgegenzutreten und den Frieden zu fördern.
Papst Franziskus hat dem Osten auch mehrere Reisen gewidmet, besonders die nach Armenien und Georgien. Während dieser Reisen hat er die Beziehungen zur Armenisch-Apostolischen und zur Orthodoxen Kirche Georgiens gestärkt. 
Beweis für die gestärkten Beziehungen ist die lange Umarmung von Papst Franziskus mit dem Katholikos Karekin II. Der Katholikos kam am 5. April in den Vatican, um den Papst zu besuchen und an der Enthüllung der Statue des Hl. Gregors von Narek im Vatican teilzunehmen. Und ein weiterer Beweis ist, daß Papst Franziskus vom Georgisch-Orthodoxen Patriarchen Ilia II als "Mann Gottes" spricht.

Am Ende darf man Papst Franziskus´ Schauen auf den Osten nicht unterschätzen. Und die Ostkirchen, die in voller Kommunion mit Rom stehen, sind -Dank ihrer Anwesenheit im Lande und der außerordentlichen Frömmigkeit ihrer Gläubigen-eine wunderbare Brücke zwischen Osten und Westen.

Wie ist das Verhältnis von Papst Franziskus und den Ostkirchen?

Mit der Ukrainisch-Griechisch-Katholischen Kirche hat er eine sehr gute Beziehung und hat auch schon die griechisch-katholische St. Sophien-Kathedrale in Rom besucht. Es gibt ein fortdauerndes Gespräch mit dem Großerzbischof Sviatoslaw Sewchuk, sowie die Möglichkeit eines Besuches, der aber aus "ökumenischen Gründen" noch nicht geplant ist-wie der Apostolische Nuntius in der Ukraine, Claudio Gugerotti, kürzlich in einerm Interview andeutete.

Es gibt viele Ostkirchen im Nahen Osten und Papst Franziskus hat sich sehr auf den Nahen Osten fokussiert. Besonders intensiv hat der Papst sich auf den Nahen Osten eingelassen, er hatte dorthin während des ISIS-Aufstands 2014 einen Sondergesandten geschickt und während des Ad-Limina-Besuchs am 5. Oktober 2017 die chaldäischen Bischöfe dazu befragt.

Es gibt viele Ostkirchen im Nahen Osten, und Papst Franziskus hat sich sehr auf den Nahen Osten eingelassen. Insbesondere hat der Papst aufmerksam auf die Situation im Irak geschaut, er hatte dort während des ISIS-Ausbruchs im Jahr 2014 einen Sondergesandten entsandt und im Ad-limina-Besuch am 5. Oktober 2017 die chaldäischen Bischöfe darüber befragt.

Im erneuerten Dialog von Papst Franziskus mit der Orthodoxen Welt wird die Koptisch-Katholische Welt bevorzugtso sehr, daß der Jahrestag des Treffens zwischen Papst Franziskus und Papst Tawdros II im Vatican in Ägypten ein nationaler Feiertag wurde.

Am Ende hat jede Kirche sui generis eine Geschichte, die entdeckt werden muß. Es ist jedoch verblüffend, daß ihre Geschichte heute irgendwie sehr geläufig ist.7
Als Benedikt XV vor 100 Jahren die Kongregation für die Ostkirchen zusammen mit dem Päpstlichen Orient-Institut gründete, tat er das im Vertrauen auf die Zukunft. Das Reich der Zaren hatte sich aufgelöst und der Papst wollte den Osten evangelisieren und  die Kirchen dort stärken, die etwas isoliert waren.

Die Träume Benedikts XV wurden durch das Entstehen des Sowjet-Regimes zerstört. Aber das Sowjet-Regime machte aus der Kongregation für die Ostkirchen und die damit verbundenen Institutionen ein Werkzeug der Vorsehung. Es ermöglichte die Unterstützung der Ostkirchen und die Einheit konnte gefördert werden. Außerdem war es der Weg, wie Kirchen sui iuris, wie die Ukrainisch-Griechisch-Katholische Kirche auch in der Diapora unterstützt werden konnte,besoners während der Kalten Krieges, weil sie die ideale Brücke zwischen Osten und Westen waren.

Heute gibt es das Sowjet-Regime nicht mehr, aber es gibt einen neuen Feind: die Säkularisierung.
Die Ost-Kirchen sind der Außenposten gegen die Säkularisierung, ausgestreckt wie sie zwischen den früheren sowjetischen Ländern und atheistischer Propaganda, Volkstradition und Europäischer Säkularisierung sind.

Die Ostkirchen zu kennen, bedeutet am Ende nicht, nur die Vielfältigkeit der Katholischen Kirche kennenzulernen. Es bedeutet: hinzugehen und die Kirche in ihrer Peripherie zu sehen, wie Papst Franziskus gern sagt.

Das ist der Grund, warum die Präsentation von "Oriente Cristiano" ein Zeichen ist, das man nicht übersehen sollte. Dahinter stehen 100 Jahre Geschichte, die Vielfalt der Kirche und die Gegenwart von Kirchen, die Außenposten der Geschichte sind.

Die Ostkirchen sind nicht nur einfache Außenposten für den von Papst Franziskus angestoßenen pragmatischen Ökumenismus. Sie sind auch eine Brücke zwischen Osten und Westen, ein Werkzeug zur Evangelisierung und ein Zeichen für den Reichtum der Kirche. Ihre Erfahrung in Grenzgebieten, kann der Kirche dabei helfen, neue Gesichtspunkte und neue Perspektiven zu finden.

Wahrscheinlich wird eine besserer Kenntnis der Ostkirchen helfen, die Ökumene mit der Östlichen Orthodoxie zu fördern. Und auch dabei, über die Slogans der "Ostpolitik" hinauszugehen- der Vatican wurde dazu gebracht, auf diplomatischer Ebene in einer erneuerten "Ostpolitik" zu agieren-insbesondere in den Beziehungen zum Moskauer Patriarchat- und eine wirklich spirituelle Ostpolitik zu schaffen.

Am Ende hat die Präsentation von "Oriente Cristiano" für den Papst viel Grund zum Nachdenken gegeben. Und es überrascht, daß die Vatican-Medien, die so sehr mit der Neustrukturierung ihrer Kommunikation  und der Abfassung einer überzeugenderen Botschaft beschäftigt sind. diese Gelegenheit, das zu tun, nicht ergriffen haben."

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci

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