Luisella Scrosati stellt bei La Nuova Bussola Quotidianaa das Urteil des Jesuiten Giancarlo Pani zu den überlieferten Erzählungen über Luthers Thesenanschlag und den unbeabsichtigten (?) Folgen vor. Die Begeisterung der deutschen Fürsten zu Luthers Zeiten wird verständlich, die der Protestanten über die Befunde des Jesuiten dürfte sich in Grenzen halten. Hier geht´s zum Original: klicken
DIE 95 THESEN LUTHERS UND DER BRUCH MIT ROM
Im Zusammenhang mit einem dekadenten Papsttum tauchten die Thesen Luthers auf: aber wurden sie wirklich an der Tür der Kathedrale von Wittenberg angeschlagen? Sicher ist: 1520 veröffentlichte der deutsche Mönch drei Schriften in denen er der Welt seinen Bruch mit dem Hl. Stuhl anzeigte.
"Drei Dinge werden in Rom verkauft. Christus, das Priestertum und die Frauen. Drei Dinge werden in Rom gehaßt: ein Genertalkonzil, duie Reform der Kirche und das Neuerwachen Dewutschlands. Drei böse Dinge wünsche ich mir für Rom: die Pest, Hungersnot und Krieg. Und das ist meine Trinität". Der TExt, der aus dem Traktat " Trias Romana von Uörich von Hutten (1488-1523) 1520 geschrieben- drückt ohne Umschweife aus, wie in weiten Teilen der unzähligen Herzogtümer und Fürstentümer, die das geografische Gebiet des heutigen Deutschland prägten, die Kirche Roms wahrgenommen wurde. Eine Grenzlinie zwischen dem rein theologischen und moralischen Aspekt dieser Verachtung und dem rein politisch-strategischen Aspekt ist kaum zu erkennen, auch dank der Tatsache, dass das Papsttum, wie wir gesehen haben, zunehmend als politischer Konkurrent betrachtet wurde. wenn es nicht direkt zum Gegensprieler erklärt wird.
1520 war es auch, in dem der Augustiner-Mönch Martin Luther (1483-1546) der Welt seinen Bruch mit dem Apostlolischen Stuhl kundtat. Im Frühling dieses Jahres veröffentlichte er seine Antwort mit dem aussagekräftigen Titel Gegen die abscheuliche Bulle des Antichristen (der Antichrist war natürlich der Papst,), mit der Leo X. ihm befahl, seine Standpunkte unter Androhung der Exkommunikation aufzugeben; im Dezember verbrannte dieselbe Bulle auf einem öffentlichen Platz. Im selben Jahr erschienen die drei Werke, die die Leitlinien der Revolution nachzeichneten: der Brief an den christlichen Adel deutscher Nation, mit dem er den deutschen Adel zum Aufstand gegen die „drei Mauern“ der Römer aufstachelte, d. h. den Papst als letzte Instanz in der authentischen Interpretation der Offenbarung, den Papst als alleinige Autorität für die Einberufung ökumenischer Konzile und vor allem die Überlegenheit der geistlichen Macht über die weltliche Macht; Es war ganz klar, dass Luther mit diesem letzten Thema dem politischen Willen der deutschen Fürsten, die Kirche in ihre Hände zu bekommen, einen theologischen Deckmantel bieten wollte.
Die zweite Schrift war das Traktat " De captivitate babylonica ecclesiæ præludium,mit dem das sakramentale System abgeschafft werden sollte,, das seiner Meinung nach, die Kirche im Exil fixierte, weit entfernt von Glaubens-und Meinungsfrreiheit. Weihe, Ehe, Krankensalbung, Firmung wzrde aus den sieben Sakramenten gestrichen, weil sie keine biblische Grundlage hätten, für die übreigen drei lehtne er die Lehre vonexd operfe operate ab, während die sakramentale Wirksamkeit völlig auf den Glauben dessen begrenzt wird, der diese Sakramente empfängt - für die Taufe der Glaube dessen der sie empfängt ider dessen Eltern, für die Buße- Glauben an das Vergeben - ohne jede Absolution des Priersters, für die Eucharistie der Glaube dessen, der das "konsakreirte" Brot empfängt. Deie Anfühgrungszeichen sind notwendig, weil Luther in der Katholischen Lehre eine weitere dreifache Gefangenschaft sah, die die theologische Hypothese der Transsubstation als bindend aufzwingen wollten, um die Gläubigen von der KOmmunion in Gestalt des Weines fernzuhalten und zur Kommuniuon nur in Gestalt des Brotes zu zwingen. und die Eucharistie als Opfer zu betrachten.
Das letzte Traktat von 1520 war der Brief "Von der Freiheit eines Christenmenschen" mit dem die Freiheit des Christen durch die Werke- durch die Erlösung due aus dem Glauben kommt. Die Werke bleiben in Luthers Sicht Frucht des Christlichen- aber verlieren jeden erlösenden Wert.
Wir haben über 1520 gesprochen. Aber begann die sogenannte Reformatio nichgt am 31. Oktober 1517 - als Luther seine berphmten 95 Thesen an der Tür der Kathedrale von Wittenberg befestigte? Bei näherem Hinsehen scheint gar nichts befestigt zu haben. Die Rekonstruktion des Jesuiten Ginacarlo Patti in den Spalten von "La Civilta Cattolica" scheint überzeugend zu sein (mit einiger Zurückhaltung gegenüber einigen Pasagen des Artikels).
Es lohnt sich an den Kontext - den der exzessiven Predigt des- nicht ganz konformen.Ablaßhandels zu erinnern: den Geldbedarf Julius´ II, um die reisigen Schulden zu bezahlen, die durch den Bau der neuen Vaticanischen Basilika auf dem Vatican-Hügel angehäuft wurden,und der das christliche Volk durch die Bindung der Absolution an Bezahlung zu Hiilfe rief. Es wurdebn fast überall Prediger ausgesandt, um die Gläubigen zur Großzugügjgkeit auszurufen, und in einigen Fällen hielt man sich nicht allzu sehr an die lehramtliche Geneauigkeit , um Kasse zu machen. Nach Wittenberg wurde der Dominikaner Johann Tetzel (1465 - 1519) geschickt , um den eine ungerecgte schwarze Legende konstruiert wurde, der sich aber nicht allzu viel Mühe gegeben zu haben scheint, die Menschen zu lehren, daß zue Erlangung eines Ablassesnötig war un der Gnade Gottes zu stehen und jede Neigung zur Sünde abzulegen. Einige Preidger schienen eherBuchhalter zu sein, die sich um das Kasse-machen sorgten.
Die erste Überlegung Panis betrifft die für diese "Thesen" gewählte Sprache: das Lateinische scheint nicht den Wunsch auszudrücken,veröffentlicht zu werden, sondern eher für eine Diskussion mit einem begrenzten Kreis von Menschen gedacht zu sein,. Und tatsächlich -in einem Brief vom November 1518 an Frederick den Weisen (1463- 1525) entschuldigt sich Luther dafür, ihm so lange nicht persönlich die Thesen geschickt zu haben, die in der Welt die Runde machten- weil sie - so war sen Plan-. für Albert von Brandenburg.Hióhenzollern (14590-1545) den Erzbischof von Mainz und seinen eigenen Bischof Hieronymus Schulze (1460-1522) gedacht waren. Beweis wür den Wunsch nach Vertraulichkeit für diese Thesen gibt es auch Beweise für die "Vorwürfe" der Freunde Luthers, die sich genau darüber beklagten, nicht in seine Entscheidungen einbezogen worden zu sein. Ihnen hatte Luther - wie in einem Brief über den Pani berichtet wurde- so geantwortet "aus eure Überraschung warum ich zu eurer Überraschung euch diese Thesen nicht verteilt habe-antworte ich, es war nicht meine Absicht, mein Wunsch sie zu verbreiten [...] Aber jetzt -nachdem sie gedruckt wurden und weiter verbretiet wurden, als ich gehofft hatte, bedaure ich meine Kreation , nicht weil ich nicht möchtge, daß alle die Wahrheit kennen (was wirklkich meine Absicht war) sondern weil diese Art (Thesen zur Diskussion) nicht zur Belehruzng des Volkes geeignet ist. Bei einigen Punkten bin ich tatsächlich selbst nicht sicher, deshalb hätte ich- wenn ich auf einen solchen Erfolg gehofft hätte- einige Dinge ganz anders und genauer formuzliert -. oder fallen gelassen
Es handelt sich um Dokumente. die zu suggerieren scheinen, daß Luther während der Formuliereun diese Thesen nicht die Absicht hatte, einen Bruch herbeizuführen- weder mit dem eigenen Bischof und noch weniger mit dem Papst. Nachdem er die Verbreitung der Thesen und den Enthusiasmus, den sie ausgelöst hatten, erkannt hatte, versuchte Luther seine Gedanken in einer öffentlichen Predigt besser zu erklären und - für die "Techniker" - betont in den Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute; in einem Brief an den Papst seine Treue zur Autorität der Kirche und seinen Willen nicht nur der Offenbarung sondern auch den Vätern und den Dekreten der Päpste treu zu bleiben.
War das eine zynische Strategie? Oder war es eine ernste Kommunizierung des eigenen Willens? Schwer zu sagen. Pani hat Recht, zu bemerken, daß die "Verbreitung der Thesen, wenn sie nicht von Luther ausgelöst doch auch nicht wirkungsvoll bekämpft wurde: die Aufmerksamkeit für seine Person ließ, langsam seine Absicht zur inneren Sammlung und zum Überdenken schwinden. Anders gesagt: als er sich mit der Rolle des "Rettersn der Kirche" bekleidet sah, mißfile ihm das nicht. Jemand anderes hatte die Thesen Luthers verbreitet, aber sich im Zentrum einer so weit verbreiteten Übereintimmung zu finden und de facto an der Spitez einer Bewegung des Widerstands gegen die Richtung, in der die Kirche sich bewegte, wirklich besorgnuiserrende Bedinugnen- hat den Witenberger Mönch nicht wenig dazu bewogen, immer extremeren Standpunkten "
Quelle: L. Scrosati, LNBQ